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Piratenblut

Piratenblut

Titel: Piratenblut
Autoren: Bernst Guben
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Tochter bist, dann kannst du weder eine Mitgift noch eine Erbschaft von mir erwarten. Also überleg dir's, Kind. Ich bin jetzt vielleicht doch ein ganz begehrenswerter Vater.«
    Zwei Tage später hatte sich Jessie entschlossen, doch die Tochter ihres Papas zu bleiben. René — gewiß, es war traurig, daß es nun keinen René de Musset mehr gab; aber da waren so viele Jans, Fransens, Dircks und Heins und wie sie alle hießen, Jungen, die nicht nur alle vier Wochen mal auf Besuch kamen, Jungen, die immer da waren und keine großen Probleme aufgaben. Ein halbes Jahr verstrich, da hatte sie sich für einen Dirck entschieden; dieser Dirck hatte das Zeug dazu, ein großer Pflanzer zu werden. Man brauchte nur ein wenig Anfangskapital. Dirck ließ sich heiraten. Mit Jessies Geld war er nach weniger als fünf Jahren einer der größten Plantagenbesitzer auf Celebes. Aber die Umstände zwangen ihn doch, ab und zu nachzudenken, ob Geld wirklich das A und O des Lebes war. Manchmal, wenn er in einsamen Nächten über seine Felder ging, beneidete er den, der so früh dahingegangen und deshalb nicht dazu gekommen war, Jessies Mann zu werden. Glücklicher René, dachte er, glücklicher, toter René...

    73

    Drei Wochen waren die Schiffe unterwegs. Sie durchkreuzten die ganze weite Flores-See, bis eines Tages die ersten Riffe der Kei-Inseln am östlichen Horizont auftauchten.
    Die Seekarten, die Señor Virgen über dieses Gebiet besaß, waren schlechte, kartographisch unzulängliche Zeichnungen. Korallenriffe waren überhaupt nicht eingetragen, und doch wimmelte gerade dieser Teil des Ozeans von solchen verhängnisvollen Unterwasserfallen. Damals, als die holländischen Soldaten die Eingeborenen der Banda-Inseln ausgerottet hatten, konnten einigevon ihnen vor dem grausamen Coen fliehen und siedelten sich auf den Kei-Inseln an.
    Die Nachkömmlinge dieser Bandanesen bildeten zur Zeit, da unsere Freunde zu den Inseln kamen, den Hauptbestandteil der Bevölkerung. Es gab auch schon einige Weiße und einige Araber dort; aber diese lebten nur auf der Hauptinsel. Die ganze Inselgruppe erstreckte sich fast hundert Meilen lang und war den größeren Arus vorgelagert.
    Bis zu dieser Zeit wußte kein Weißer zu sagen, wie viele Kei-Inseln es in diesem Raum gab. Die einzelnen, kleineren Inseln waren vielfach durch Korallenriffe und scharfe Brandungen für jedes Boot unzugänglich.
    Die Sonne ging unter, als »Trueno«, »Mapeika« und »Dimanche« vor einer der Inseln die Anker warfen.
    Es war eine kleine, wild überwucherte Insel, deren ungewöhnlich hoher Bergkegel einem Vulkan glich, der seine Tätigkeit seit langem eingestellt hatte; denn bis zur Spitze des Berges stand dichter Wald.
    »Ein schönes Plätzchen«, sagte Marina spöttisch. »Habt Ihr eine Vorstellung, Señor Virgen, wie wir da herankommen sollen, ohne uns den Rumpf an den Riffen aufzureißen?«
    Virgen beugte sich wieder und wieder über die Seekarte. Dann warf er unmutig den Zirkel auf den Tisch und meinte:
    »So geht es nicht. Die Karte kann uns nicht helfen. Vielleicht weiß Mutatulli Rat. Schließlich sind wir auf seine Veranlassung hierher gefahren.«
    Mutatulli stand neben Michel an der Reling und starrte auf die Insel hinüber.
    »Irgendwo müssen wir eine Einfahrt in den Archipel finden. Das ganze Wasser zwischen den Hunderten von
    Inseln und Inselchen wird ja nicht von Korallen durchzogen sein«, meinte Michel. Aber seine Worte klangen nicht sehr zuversichtlich.
    Mutatulli verwünschte sich innerlich, daß er seine Retter hierher geführt hatte. Von der Vielzahl der Kei-Inseln hatte er bis zu diesem Augenblick keine Vorstellung gehabt. Wie sollte man in diesem Gewirr ausgerechnet jene finden, auf der Muskatnußbäume wuchsen und die noch keines Europäers Fuß betreten hatte? Die Aufgabe schien unlösbar.
    »Ich glaube, ich habe einen Fehler gemacht, als ich Euch hierher führte«, sagte der Häuptling zögernd. »Ich schäme mich, daß ich nicht einmal meinen besten Freunden behilflich sein kann.« »Unsinn«, sagte der Pfeifer, »Ihr habt keine Veranlassung, Euch irgendwelche Vorwürfe zu machen. Jeder an Bord weiß, daß Ihr es gut gemeint habt. Und zudem soll man nicht gleich am ersten Abend die Hoffnung sinken lassen.«
    Karo, der zu Füßen der beiden saß, streckte seinen Kopf hoch und rieb ihn an Mutatullis Beinen, als wollte er sein Verstehen für den von Skrupeln und Zweifeln geplagten Herrn kundtun. Mutatulli fuhr ihm mit der Hand über den Kopf und
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