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Pinguine lieben nur einmal

Pinguine lieben nur einmal

Titel: Pinguine lieben nur einmal
Autoren: Kyra Groh
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um bei Gelegenheit aufgeschlagen und angelesen zu werden.
    Außerdem sammele ich CD s und DVD s. Im Gegensatz zu den Büchern sind die Hüllen der Film- und Musiksammlung fein säuberlich nebeneinander in Schuhkartons alphabetisch sortiert. Nichts hasse ich mehr, als wenn das System durcheinander oder gar eine CD in die falsche Hülle gerät. Das ist ein guter Grund für mich, einen Wutanfall zu bekommen, in dem ich Mütter und Ideologien beleidige.
    Außerdem schreibe ich oft und viel. Tagebuch und andere Textchen– alles, was mir so einfällt, möchte ich immer und überall aufschreiben, was dazu führt, dass mein Zimmer mit Post-its beklebt und mit Papierfetzen gepflastert ist. Ich räume diese Wörtersammlungen nicht gerne weg, weil ich Angst habe, sie dann nicht wiederzufinden.
    Ordnung macht mir Angst. Meine gut sortierte Bücher- und CD -Sammlung ist dabei die regelbestätigende Ausnahme. Deren Ordnung ist ungemein wichtig für meine Lebensqualität!
    Wenn ich etwas mag, will ich davon so viel haben, dass es mir fast zum Hals raushängt.
    Seien es Kissen oder Pflanzen oder Bilderrahmen. Ich kaufe, kaufe, kaufe, und wenn etwas kaputtgeht, dann kaufe ich neu, ohne mir darüber Gedanken zu machen. Ich neige dazu, meine Wohnaccessoireskaufsucht und meine Pflanzenmordlust wegzuignorieren.
    Ich habe keinen Freund. Nicht mehr. Ich wurde schon zweimal verlassen, aber verlassen habe ich bisher nie. Mein erster Freund wartete bei der Trennung mit dem schlagkräftigen Argument auf, dass ich ihm zu kompliziert sei. Auch dem zweiten wurde ich nach drei Jahren zu anstrengend. Um sich von mir zu erholen, flüchtete er nach dem Abitur nach Kanada, um Französisch zu lernen und Holz zu hacken.
    Letztlich brauche ich einen Partner, der die Kompromissbereitschaft besitzt, meine Kompromissunfähigkeit kompromisslos zu akzeptieren, und mir alles durchgehen lässt. Ich weiß, dass das egoistisch ist und natürlich nicht geht. Deshalb bin ich ja auch mein eigenes Ganzes und nicht Teil eines Doppels.
    Dass Cem es mit mir aushält, ist bestimmt sein beeindruckendster Charakterzug.
    Cem habe ich kennengelernt, als ich letztes Jahr kurz nach der Einschreibung zu meinem ersten Semester ein WG -Zimmer besichtigte. Damals sah ich mir ein Zehn-Quadratmeter-Pupsi-Zimmer an, war frisch getrennt von meinem flüchtigen Kanada-Exfreund, und Cem war einer der drei weiteren Interessenten. Die Anbieter nahmen uns in eine Art Kreuzverhör, das Cem und mir das Genick brach. Seitdem hegen wir Verschwörungstheorien, warum wir für die rein männliche Sportstudenten- WG nicht gut genug waren.
    Meine Theorie: Ich bin nicht schön genug.
    Cems Theorie: Er ist ein schwuler Türke.
    Cem meckerte vor der Haustür fürchterlich über Rassismus und sexuelle Diskriminierung, ich stimmte ein und schimpfte wie der sprichwörtliche Rohrspatz. So fanden wir uns und kurz darauf eine Zweizimmerwohnung in einem von Studenten bevölkerten Mehrparteienhaus, in dem sich alle sehr lieb haben.
    Mein Mitbewohner ist dreiundzwanzig und studiert Medizin, was ich abgefahren finde. Mediziner sind tolle Menschen, die machen alles heil. Noch macht Cem nicht so viel heil, weil er erst ins fünfte Semester kommt. Er möchte sich auf Gynäkologie spezialisieren. Ja. Ich habe das anfangs auch für einen dummen Mediziner-Insider gehalten, aber es ist ihm todernst. Man verzeiht es ihm, weil er es ja nicht tut, um ein bisschen zu gucken und zu grabschen, sondern weil er (Zitat) Leben nicht nur retten, sondern auch schenken möchte. Das finde ich wunderbar und wunderschön, und es macht ihn noch liebenswerter.
    Cem Demirel ist ein sehr gutaussehender schwuler Türke. Mein Typ ist er nicht, ich stehe nicht so auf Südländer, doch er könnte locker der männliche Hauptdarsteller in einer Verwechslungskomödie sein, in der sich eine süße Modedesignstudentin in ihn verliebt, um dann rauszufinden, dass er sie nicht will, weil sie eine Frau ist. Er ist ungefähr so groß wie ich, also knapp einen Meter siebzig, mit einer schlanken Normalo-Figur und einem an Spießigkeit grenzenden schicken Klamotten- und Frisurenstil (einer Mischung aus korrekter Seitenscheitel-Gel-Frisur und gezügeltem Durcheinander). Seine Lippen sind voll, die Augen von einem leckeren Schokobraun, Wimpern und Augenbrauen dicht und die Gesichtskonturen zart, wie bei einem Sechzehnjährigen. Deshalb sieht es auch komisch aus, wenn er sich mal nicht rasiert. Die Bartstoppeln wollen so gar nicht dazu passen.
    Ich für
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