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Pinguine lieben nur einmal

Pinguine lieben nur einmal

Titel: Pinguine lieben nur einmal
Autoren: Kyra Groh
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gegessen und getrunken, als gäbe es kein Morgen. Er hat mir dabei zugesehen und sich fremdgeschämt.
    »Okay, Cem, warum machst du überhaupt beim Ramadan mit? Kann doch eh kein kontrollieren. Du gehst ja nicht mal in die Moschee, warum quälst du dich dann so?«
    »Es ist eine religiöse Pflicht für alle Muslime. Und ich bin Moslem, Feli.«
    »Na und? Ich bin katholisch und mache auch keinen Katholikenquatsch mit.«
    »Du feierst doch Ostern, oder?«
    » JA «, sage ich mit Nachdruck, »Ostern ist auch total super.«
    »Ist aber eine christliche Tradition, und du machst sie mit, obwohl du das letzte Mal in der Kirche warst, als du behauptet hast, dass du dich traust, einen Becher voll Weihwasser zu stehlen.«
    »Das hab ich auch gemacht!«, betone ich meinen Heldenmut. Allerdings hat mich eine sehr gläubig aussehende Omi kritisch dabei beobachtet, weshalb ich mich damit gerechtfertigt habe, dass ich gerne einen kleinen Vorrat daheim habe. Schließlich wisse man nie, wann man mal eine Nottaufe durchführen müsse. »Außerdem ist das was ganz anderes. An Ostern gibt es hasenweise Schokolade.« Ein triftiger Grund, dieses Fest gebührend zu feiern!
    Cem verzieht die südländerbraune Stirn. »Ja, weil ihr Christen eure Feste immer sehr frei interpretiert.«
    »Dann interpretiere deinen Ramadan auch frei und iss den Burger. Ist doch sowieso egal. Allah hat dich längst auf dem Kieker.«
    »Allah? Mich auf dem Kieker? Warum?«
    »Ich weiß auch nicht so recht, aber ich glaube, mit Sex vor der Ehe hat der Gute es eher nicht, oder?«
    »Das gilt nur für Frauen.«
    Ich hebe die Augenbrauen und spare mir einen Kommentar zum Thema Emanzipation.
    »Aber Homosexualität ist voll sein Ding, oder wie?«
    »Ich… äh… nein. Sei still. Meine Sexualität und meine Religion sind zwei verschiedene Dinge. Ich ziehe den Ramadan durch, ob dir das passt oder nicht.«
    »Es passt mir super. Nur wage es, dich noch ein Mal an meinem Saft zu vergreifen. Dann gnade dir Gott. Ich meine Allah.«
    Ich lasse ihn mit dem verführerisch duftenden Chickenburger in der Küche alleine und gehe in mein Zimmer. »Ich finde es ja auch doof«, höre ich Cem noch sagen, ehe ich die Tür hinter mir zuziehe.
    ICH BIN KOMPLIZIERT
    Das bin ich wirklich.
    Ich bin bestimmt der einzige Mensch, bei dem zwanghaftes Verhalten mit einem unglaublichen Hang zum Chaos kollidiert.
    Es ist ein kleines Waterloo, wenn Cem meinen Saft leertrinkt, bevor ich neuen besorgen kann, weil es meine Routine unterbricht. Ich bin ein Gewohnheitstier, deshalb gehe ich jeden Samstag in den Supermarkt und kaufe immer nur den Saft, von dem ich weiß, dass er mir schmeckt. Ich möchte kein Geld für ein anderes Produkt ausgeben, bei dem die Gefahr besteht, dass es meinem Geschmack nur halb oder gar überhaupt nicht entspricht.
    Nicht, dass ich Finanzpläne oder so hätte, nein. Ich plane nicht mit meinem Geld. Am Ende meines BA föGs ist meistens noch erschreckend viel Monat übrig, und das beunruhigt mich dann doch hin und wieder.
    Anfang Juli– es war schrecklich– war plötzlich überhaupt kein Geld mehr da. Mein Konto war bis auf dreizehn Euro und vierundzwanzig Cent leergefegt. Ich habe mich nicht getraut, meine Eltern anzupumpen, weil das zu einer Grundsatzdiskussion geführt hätte, der ich nur ein Ende hätte setzen können, wenn ich mir mein Versagen eingestanden hätte. Der Grund für die Ebbe war, dass ich vergessen hatte, beim BA föG-Amt eine Verlängerung zu beantragen. Dessen war ich mir allerdings gar nicht bewusst, also rief ich dort an und regte mich auf. Am Apparat hatte ich den unsympathischsten Menschen dieses Sonnensystems. Der hielt es in keiner Weise für nötig, mich freundlich über mein Säumnis aufzuklären, sondern hackte so lange auf mir herum, bis ich in Tränen ausbrach. Mein Heulanfall brachte ihn derart aus dem Konzept, dass er ganz vergaß, unfreundlich zu sein, und mich prompt zu einem persönlichen Gespräch einlud, bei dem er den Verlängerungsantrag mit mir gemeinsam auszufüllen versprach.
    Ich bin extrem unordentlich. Nicht auf die Art unordentlich wie andere Mädchen, die behaupten, es zu sein, sondern wirklich extrem. Ich bin einfach ziemlich faul und bequem, was Sauberkeit betrifft. Ich räume bloß auf, wenn hoher Besuch kommt.
    Ich habe sehr viele Bücher, aber nur sehr wenige stehen in Regalen. Sie türmen sich, nach persönlicher Präferenz und Themen sortiert, in meinem ganzen Zimmer, die vielen Favoriten schlafen mit in meinem Bett,
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