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Phönix

Titel: Phönix
Autoren: Unbekannter Autor
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Bevor er sie erreichte, wurde sie von der anderen Seite geöffnet. Er trat rasch zur Seite, damit er nicht im Weg war.
    Ich erhob mich langsam, als Mickey zur Tür hereinkam. Chris starrte an ihr vorbei in das angrenzende Büro. Sein Gesicht zeigte einen Ausdruck, den ich bei ihm noch nie gesehen hatte.
    Dann kam sie herein, und ich wußte, was der Ausdruck auf seinem Gesicht bedeutete. Schließlich flossen keine Dollarscheine durch seine Adern.
    Meine Miene muß wahrhaftig den Preis des Eingeständnisses wert gewesen sein, denn Mickey lachte, als sie die Tür hinter sich und Chris schloß. Ich merkte, wie ich unsicher um meinen Schreibtisch herum und auf sie zuging. »Mrs. Schuyler«, sagte ich und streckte ihr meine Hand entgegen, »ich bin Brad Rowan.«
    Sie lächelte zurück und ergriff meine Hand. »Ich freue mich. Sie kennenzulernen, Mr. Rowan«, antwortete sie leise. »Edith hat mir schon so viel von Ihnen erzählt.« Ihre Stimme klang, als ob im Büro plötzlich Glocken läuteten.
    Ich schaute sie an. Ich hatte schon früher Frauen gesehen. Viele. Als ich damals für die Filmgesellschaft arbeitete, hatte ich die schönsten Frauen der Welt um mich. Das war mein Beruf. Sie beunruhigten mich nicht. Aber diese hier war etwas Besonderes. Sie war Klasse: wie die Königin auf dem Schachbrett, das goldene Vorbild, die weiße Orchidee im Fenster eines Blumenladens, Musik von Rodgers und Hammerstein, die träge Sonne an einem Sommermorgen, die grüne, freundliche Erde, Ruby-Portwein nach dem Essen, ein Liebeslied von Billy Eckstine.
    Ihr Haar hatte einen vollen, warmen braunen Ton. Vorn war es kurz geschnitten, hinten reichte es ihr fast bis auf die Schultern. Ihre Augen waren dunkelblau, beinahe lila, mit so großen schwarzen Pupillen, daß man fast hineintauchen konnte. Ihr Gesicht war nicht ganz rund, mit hohen Backenknochen, ihr Mund war weich und voll. Ihr Kinn war nicht ganz gerade, ihre Nase kaum gebogen. Ihre Zähne strahlten weiß und ebenmäßig, kein Verdienst des Zahnarztes, sondern der Natur.
    Ich holte tief Luft und zog meinen Bauch ein. Plötzlich wünschte ich, ich hätte im letzten Sommer ein bißchen eifriger Tennis oder Golf gespielt, so daß mich der leichte Bauch, den ich in letzter Zeit angesetzt hatte, jetzt nicht irritieren würde.
    »Sagen Sie Brad«, lächelte ich und holte einen Stuhl für sie herbei. »Bitte, nehmen Sie Platz.«
    Sie setzte sich, und ich ging, noch immer halb benommen, an meinen Schreibtisch zurück, um mein Gleichgewicht wiederzufinden. Ich blickte zu ihr hinüber. Sie zog ihre Handschuhe aus. Ich sah ihre weißen, schlanken, schmalgliedrigen Hände. Ihre Fingernägel waren korallenrot lackiert. An ihrer linken Hand trug sie einen großen hellen Diamantring, das war ihr ganzer Schmuck.
    »Paul hat Sie bereits angekündigt«, begann ich unbeholfen. »Aber ich hatte Sie noch nicht so bald erwartet. Was kann ich für Sie tun, Mrs. Schuyler?«
    Sie lächelte wieder. Es schien, als ob kein anderes Licht mehr im Raum vorhanden wäre. »Sagen Sie Elaine«, entgegnete sie.
    »Elaine«, sprach ich ihr nach, genauso wie sie es betont hatte.
    »Hortense konnte ich nie leiden«, lachte sie. Ihre Stimme klang leicht vertraulich. »Das habe ich meiner Mutter nie verziehen.«
    Ich grinste. »Ich weiß genau, was Sie meinen. Ich wurde von meinen Eltern Bernhard getauft. Alle Welt nannte mich Bernie.«
    Sie nahm eine Zigarette aus ihrem goldenen Etui. Ich brach mir fast das Genick bei dem Versuch, möglichst rasch um den Schreibtisch herumzukommen und ihr Feuer zu geben. Sie machte einen kräftigen Zug und stieß den Rauch langsam wieder aus.
    Ich ging zu meinem Stuhl zurück und setzte mich. Ich stritt immer noch mit mir selbst herum. Ich konnte es nicht begreifen. Mit großen Augen schaute sie mich an. »Edith riet mir, Sie aufzusuchen, weil« - sie lachte freundlich - »Sie der einzige Mensch auf der Welt wären, der mir helfen könnte.«
    Ich lachte mit ihr. Allmählich fühlte ich mich wohler. Ich hatte mich wieder unter Kontrolle. Ich hatte wieder Grund unter den Füßen. Die alte Form. Ich sah sie wieder an. Ich glaube, es hatte mich deshalb so erwischt, weil ich jemand völlig anderen erwartet hatte. Ich hätte nie geglaubt, daß Ediths >Mädchen< etwas anderes als der Abklatsch ihrer selbst sein könnten.
    »Wie?« erkundigte ich mich.
    »Man hat mich zur Präsidentin unserer örtlichen Kommission für die Kinderlähmungskampagne gewählt. Ich dachte, Sie könnten mir bei der
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