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Phobia: Thriller (German Edition)

Phobia: Thriller (German Edition)

Titel: Phobia: Thriller (German Edition)
Autoren: Wulf Dorn
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weiße Umschlag hatte zuunterst in dem Karton gelegen.
    Wenn Du Deinen Mann und Deinen Sohn liebst, wirst Du ihm den Brief geben.
    Diesmal war es, als würde sie die Worte des Unbekannten tatsächlich hören. Als stünde er wieder neben ihr.
    Unser gemeinsamer Weg wird noch eine letzte Gabelung erreichen, ehe ich Dich wieder Dir selbst überlasse. Du wirst eine Entscheidung zu treffen haben, die Dein weiteres Leben bestimmen wird.
    Zitternd drückte sie ihren Sohn fester an sich.
    80.
    Eine Woche später stand Sarah vor dem Haupteingang des King’s Hospital. Sie stampfte auf der Fußmatte den Schnee von den Stiefeln, während Harvey vor- und zurückhüpfte, sodass sich die Glasschiebetüren immer wieder öffneten und schlossen. Sein Bild mit der Eisenbahn hatte er aufgerollt und mit einer breiten roten Geschenkschleife zusammengebunden. Nun fuchtelte er damit aufgeregt herum.
    »Komm schon, Mummy, komm schon!«
    Er konnte es nicht mehr erwarten, seinen Vater wiederzusehen. Im Gegensatz zu Sarah, die diesen Augenblick so lange wie möglich hinausgezögert hatte. Bisher hatte sie nur mit den behandelnden Ärzten gesprochen und mit dem Stationspersonal, um sich nach dem Befinden ihres Mannes zu erkundigen. Zu mehr hatte sie sich nicht in der Lage gefühlt.
    Als sie jetzt Stephen in der Sitzgruppe nahe des Informationsschalters entdeckte, spürte sie einen Stich in der Brust. Sie hätte ihn fast nicht wiedererkannt. Der Mann, der dort zusammengesunken saß und geistesabwesend in einer Broschüre blätterte, war nur noch der Schatten seiner selbst. Er war dünn geworden, geradezu ausgemergelt.
    Und doch war es Stephen. Daran gab es keinen Zweifel.
    Es war ihr Mann.
    Und er hatte sich verändert.
    Nun hatte auch Harvey seinen Vater inmitten der vielen Menschen ausgemacht, und er stieß ein freudiges »Daddy!« aus.
    Stephen hob den Kopf und legte die Broschüre beiseite, dann stand er von seinem Platz auf und schloss Harvey in die Arme.
    Sarah ging zögernd auf die beiden zu. Stephens Kleider, die Jeans und der warme Norwegerpullover, den sie ihm vor zwei Jahren zu Weihnachten geschenkt hatte, hingen an ihm herab wie an einem Kleiderbügel. Als Stephen Harvey anlächelte, war sein Gesicht faltig, seine Züge waren eingesunken, und die helle Deckenbeleuchtung warf Schatten in seinen hohlen Wangen.
    Doch es waren die Augen, in denen die größte Veränderung vor sich gegangen war. Als Stephen sie schließlich ansah, dachte Sarah: Dieser Blick, er wirkt so …
    Sie musste einen Moment nach dem richtigen Wort suchen, und als es ihr einfiel, fuhr sie innerlich zusammen.
    Gebrochen.
    »Hallo«, sagte er leise, und seine Stimme klang rau und unsicher.
    Sie brachte nur ein ebenso scheues »Hallo« heraus.
    Harvey drückte sich aus der Umarmung seines Vaters und hielt ihm sein Geschenk entgegen.
    »Daddy, Daddy, schau, was ich für dich gemalt habe!«
    Stephen nahm die Papierrolle, streifte behutsam die Schleife ab und entrollte die Zeichnung.
    »Wow, nun sieh sich das einer an! Das ist ja ein richtiges Kunstwerk. Hast du das wirklich ganz allein gemalt?«
    Für einen Augenblick klang er wie früher, dachte Sarah. Wie zu jener Zeit, als sie noch eine richtige Familie gewesen waren.
    Wie an jenem Tag im Brockwell-Park.
    Sie wischte sich eine Träne aus dem Augenwinkel. »Stephen? Können wir uns unterhalten?«
    Er nickte und beugte sich zu Harvey hinab. Dabei sah Sarah, wie zittrig er war.
    »Sag mal, Kumpel, siehst du den Zeitschriftenstand da drüben?«
    »Na klar, ich bin doch nicht blind.«
    »Was hältst du davon, wenn du mal rüberläufst und dir einen Comic aussuchst. Mummy und ich würden uns gern ein bisschen unterhalten. Ich komme dann rüber und kauf dir einen, okay?«
    »Au ja, okay«, sagte Harvey und machte sich hüpfend auf den Weg zu den Comics, von denen er nie genug bekommen konnte, auch wenn Sarah es lieber sah, wenn er in richtigen Büchern blätterte, wie sie es nannte.
    »Stephen … ich … ich weiß nicht, was ich tun soll …«, sagte sie und sah ihn ernst an.
    »Das kann ich verstehen. Wenn du möchtest, hole ich von zu Hause ein paar Sachen und gehe für die nächsten Tage in ein Hotel. Bis … bis wir uns im Klaren sind, wie es weitergehen soll ….«
    »Das … ist es nicht allein.«
    »Nicht?«
    »Nein.«
    Sarah schlug die Augen nieder und fasste in ihre Handtasche. Es kostete sie große Überwindung, den Brief herauszuholen. Doch was blieb ihr auch für eine andere Wahl?
    Dies war der Moment, von dem
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