Phantom des Alexander Wolf

de Triomphe von Erich Maria Remarque vergegenwärtigt.
    Für Gasdanow sind nicht die Ereignisse wichtig, sondern der Blick aus dem menschlichen Inneren, die Sicht des Erzählers auf das Geschehen. Wie das nächste Buch des Autors, Die Rückkehr des Buddha , gibt der Roman vor, ein Krimi zu sein, aber der Verfasser wäre nicht Gasdanow, folgte er getreulich den Gesetzen dieses Genres. Statt stürmischer Aktion erlebt der Leser einen nachdenklichen Seelenkrimi, der ohne alle Sentimentalität die Brüche und Verwerfungen eines Emigranten-Daseins ins Existentielle überführt.
    Es ist ein kunstvolles Spiegelkabinett, das Gasdanow da geschaffen hat. Jede Szene und jede Figurenkonstellation findet ein Pendant, das die vorherige in neuem Licht erscheinen lässt. Wie auch in anderen Werken Gasdanows, hält der Gedanke des Todes alles in seinem Bann. Kampf und Zerstörung hat die Seelenwelten beschädigt, hat Schicksale und Persönlichkeiten gespalten und den Menschen die innere Harmonie genommen. Nur die Liebe, die Einheit von geistiger Verbindung und Sinnlichkeit, kann dem kalten Fatalismus dieses Weltempfindens widerstehen.
    Über Gasdanows Roman gebeugt, konnte die Übersetzerin gar nicht anders, als stets erneut seine meisterhafte Komposition zu bewundern. Schon den Zeitgenossen fiel von Anfang an Gasdanows ungewöhnliche Stilistik auf. Der Magie seiner meditativen, weit schwingenden Satzbögen im Phantom des Alexander Wolf kann man sich kaum entziehen. Aber als wollte der Autor allzuviel Schönheit vermeiden oder allzuviel Seelenentblößung verhindern, wird der Leser durch spröde, frostig bürokratische Einsprengsel immer wieder dem Sog der Syntax entrissen. Selbst die Sprache ist geprägt von der Disharmonie dieser Welt.
    Höchste Zeit, dass auch für den deutschen Leser das Phantom des Gaito Gasdanow endlich reale Gestalt annimmt.
    Rosemarie Tietze