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Pfefferkuchenhaus - Kriminalroman

Pfefferkuchenhaus - Kriminalroman

Titel: Pfefferkuchenhaus - Kriminalroman
Autoren: Carin Gerhardsen
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Tür zu seiner Seele einen Spalt geöffnet und ihnen einen Blick hinein gewährt hatte. Sjöberg wollte nicht, dass sie wieder zuklappte. Ihm war gleichzeitig warm und eiskalt, denn ihm war auch bewusst, dass er einen Serienmörder jagte. Angenommen, dieser schüchterne Mann mit dem zerschlagenen Gesicht, der ihm gegenübersaß und die Schultern hochgezogen hatte, um sich vor den bösen Blicken und den harten Worten seiner Umwelt zu schützen, sagte tatsächlich die Wahrheit. Angenommen, es gab wirklich noch einen Menschen, der dieselben Qualen erlitten hatte wie er, aber anders darauf reagiert hatte. Könnte es sein, dass irgendetwas bei zwei verschiedenen Menschen, die vor so vielen Jahren dieselben Erfahrungen in derselben Vorschule gemacht hatten, gleichzeitig dieselben Erinnerungen zum Leben erweckte? Dieselben Erinnerungen, aber unterschiedliche Gefühle. Konnte so etwas tatsächlich passiert sein?
    Sjöberg spürte instinktiv, dass der Mann die Wahrheit gesagt hatte. Gleichzeitig sprachen die Fußspuren in Ingrid Johanssons Garten und all seine kriminalistische Erfahrung eine deutliche Sprache. War es nur ein seltsames Zusammentreffen? Die Fingerabdrücke aber stammten nachweislich nicht von Thomas Karlsson, und ihm wurde bewusst, dass dies auch ein überzeugendes Argument in dieser Sprache war.
    Plötzlich flackerte ein Satz, den Thomas Karlsson viele Stunden zuvor gesagt hatte, in seiner Erinnerung wieder auf: »Ich hatte Angst, dass ihr etwas zustoßen könnte.« Und was hatte Lennart Josefsson, Ingrid Johanssons Nachbar, gesagt? Irgendetwas von einer unbekannten Frau, die durch die Gartentür der alten Dame gegangen sei.
    Sjöberg sprang von seinem Stuhl auf, der nach hinten wegkippte und mit einem Knall auf den Fußboden schlug. Die drei anderen Männer starrten ihn verdattert an, aber er hatte jetzt keine Zeit für Erklärungen.
    »Sorg dafür, dass er in seine Zelle zurückgebracht wird, und dann kommst du zu mir nach oben. Beeil dich!«
    Sjöberg rief Sandén die Anweisungen zu, während er schon aus dem Raum stürmte. Sandén handelte sofort. Er rief in der Rezeption an und bat Lotten, sofort einen Streifenpolizisten zum Vernehmungsraum zu schicken. In weniger als einer Minute erschien eine Beamtin, und Sandén bat sie, Thomas Karlsson ins Gefängnis zurückzubringen, bevor er ebenfalls davonstürmte und die Treppen bis zu dem Flur hinauflief, auf dem sein Zimmer und die seiner nächsten Kollegen lagen. Und dort sah er Sjöberg, der Eriksson und Hamad Anweisungen gab und sie aufforderte, ihre Dienstwaffen anzulegen.

    Weniger als fünf Minuten später saßen die vier Polizisten in einem Auto und fuhren mit heulenden Sirenen über die Skanstull-Brücke. Sjöberg hatte noch mehr Verstärkung angefordert, sodass weitere Autos in dieselbe Richtung unterwegs waren. Hamad saß am Steuer des zivilen Polizeiautos, Sjöberg hatte auf dem Beifahrersitz Platz genommen und Eriksson und Sandén auf der Rückbank.
    »Was ist denn bei der Vernehmung passiert?«, fragte Hamad.
    »Er sagte bereits ganz zu Anfang der Vernehmung, dass er Angst um Ingrid Johansson hätte, aber wir haben ihm nicht geglaubt«, antwortete Sjöberg düster. »Anschließend hat er konsequent alle Anschuldigungen zurückgewiesen, und obwohl Lennart Josefsson uns gesagt hat, dass eine unbekannte Frau Ingrid Johanssons Grundstück betreten hätte, haben wir nichts unternommen. Das könnte uns jetzt teuer zu stehen kommen.«
    »Aber es war alles so sonnenklar«, beharrte Hamad. »Er musste es gewesen sein!«
    »Durchaus möglich, aber mein Gefühl sagt mir, dass Thomas Karlsson die Wahrheit sagt. So oder so, wir können dieses Risiko nicht eingehen, und wir hätten schon vorher daran denken müssen. Jetzt ist es vielleicht schon zu spät.«
    »Aber warum ist er hinter Ingrid Johansson her?«, hakte Hamad nach, der immer noch nicht ganz verstanden hatte, worum es ging.
    »Sie«, sagte Sjöberg. »Ich glaube, dass es eine Frau ist. Und dass Ingrid Johansson eine Todsünde begangen hat.«
    *
    Man konnte von der Polizeiwache aus zu Fuß zu Hadar Roséns Büro gehen. Es lag auf der anderen Seite des Hammarby-Kanals. Doch Petra Westman fuhr heute mit dem Auto hinüber, da sie nach dem Treffen mit dem Staatsanwalt direkt nach Hause wollte.
    Im Grunde schätzte sie Hadar Rosén sehr. Er war ein vernünftiger Mann, der sich nicht aufs hohe Ross zu setzen pflegte, obwohl er für viele ihrer Ermittlungen die eigentliche Verantwortung trug. Während ihrer
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