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Lichtbringer - Lichtbringer

Titel: Lichtbringer - Lichtbringer
Autoren: Alexander Lohmann
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    Der Tag der Scherben - Im 8. Jahr vor Gründung der Union eröffnete die Allianz der Freien Völker die Offensive gegen das Reich von Falinga mit einem folgenschweren Angriff Gulbert, der Führer der Allianz, befahl den Einsatz der neu entwickelten Nukleonenwaffe gegen den stark befestigten Scherbenpass.
    Zunächst sprach alles für einen Erfolg. Die Bomben vernichteten nicht nur die Festungen der »Finstervölker«, sie zerschmetterten sogar die Berge rings um den Pass. Doch die Strahlung war so stark, so schwer die Verwüstung, dass die bereits in Opponua aufmarschierten Truppen die entstandene Bresche nicht wie geplant für ihren Vormarsch nutzen konnten.
    Der Feldzug wurde erst im nächsten Jahr wieder aufgenommen und entwickelte sich zu einem zermürbenden Stellungskrieg, wie er entlang von Leuchmadans Zinnen von jeher üblich gewesen war. Der Einsatz der Bombe schien keinen Unterschied zu machen. Erste Anzeichen rings um den Pass, Veränderungen in der Vegetation, schrieb man der Strahlung zu.
    Es sollte Jahre dauern, bis man erkannte, dass die Schäden sich immer weiter ausbreiteten. Als man bemerkte, dass mehr dahintersteckte als die Auswirkungen der Nukleonenbombe, hatte das verseuchte Land sich schon bis weit nach Bitan hinein ausgebreitet.
     
    Aus: »G ESCHICHTE DER U NION «, VON T ENDOR I STARIOS ,
    P ROF . E M. DER POLITISCHEN A KADEMIE ZU O PPONUA
     
    1. Tag des Lichtmonds, im 282. Jahr
    nach Gründung der Union
 
    Der Zug rollte den Scherbenpass hinab, und vor den Fenstern des Abteils erstreckte sich, so weit das Auge reichte, eine wüste Landschaft aus gebrochenem Fels und grobem Geröll. Die hohen Berge in der Ferne gerieten immer wieder außer Sicht, verborgen hinter Hügeln von zertrümmertem Gestein, das an diesem Ort bis tief ins Mark der Erde geborsten war.
    Frafa die Nachtalbe blickte hinaus, betäubt vom gleichförmigen Auf und Ab der grauen Steinhalden und dem Schlagen der eisernen Räder auf den Gleisen. Es schlug ihr bei jeder Reise aufs Gemüt, wie leblos diese Landschaft war. Der Scherbenpass trug seinen Namen zu Recht, befand sie, obwohl sie sich noch an die scharfzackigen Grate erinnerte, die einst als »die Scherben« bekannt gewesen waren.
    Bei der Abfahrt in Opponua hatte sie ein Buch gekauft, zeitgenössische bitanische Lyrik, aber sie hatte keinen Zugang gefunden, und der Band lag nun schon seit Stunden aufgeschlagen auf ihrem Schoß. So ging es ihr seit Jahren mit jedem Buch, das sie in die Hand nahm: Irgendwann legte sie es ermüdet fort und nahm es nicht wieder auf.
    In Vordermark, dem ersten Ort hinter dem Pass, betrat ein weiterer Fahrgast das Abteil: ein Bitaner mit vorgewölbtem Bauch, in einer dunklen Weste über dem weißen Hemd und in spitzen Stiefeln. Seine ganze Kleidung war silbern verziert, auch die Stiefel und der breitkrempige Hut. Nach einem flüchtigen Blick wandte Frafa sich wieder zum Fenster hin. In der Scheibe konnte sie das Spiegelbild des Mannes betrachten, ohne den Blick auf ihn zu richten.
    Der Mensch blieb in der Türe stehen, zog umständlich sein Billett aus der Tasche, schaute zu Frafa, runzelte die Stirn, schaute auf seine Fahrkarte und dann wieder zu Frafa. Schließlich stieß er einen grunzenden Laut aus, der wohl eine Begrüßung gewesen sein mochte, und wuchtete seinen kleinen Koffer auf das Gepäcknetz ihr gegenüber. Er ließ sich auf den mittleren Platz fallen und streckte ächzend die Beine aus.
    »Eine Unverschämtheit«, knurrte er, an niemand Bestimmten gewandt, »dass sie die Strecke durch den Scherbenpass gelegt haben. Die Eisenbahn hat dabei ordentlich Geld gespart, aber ich muss zweihundert Kilometer Umweg im Kolbenbus fahren, wenn ich mich nicht vergiften lassen will.«
    »Es ist fast dreihundert Jahre her, seit die Bomben fielen«, antwortete Frafa. »Die Strahlung war bereits harmlos, als die Schienen verlegt wurden.«
    Der Bitaner musterte sie, bis Frafa seinen Blick erwiderte. Dann sagte er: »Harmlos für finsteres Gelichter vielleicht. Darum habt ihr den Pass wohl gesprengt: damit die anständigen Menschen vergiftet werden, wenn sie über die Berge kommen.«
    Frafa schenkte dem Bitaner ein feines Lächeln. »Wenn ich mich recht erinnere«, sagte sie, »haben die Bitaner diese Nukleonenwaffen gebaut und eingesetzt. Weil sie eine Bresche schlagen und in unser Land einfallen wollten.«
    Der Mensch machte eine wegwerfende Handbewegung. »Augenwischerei. Ihr Finstervölker habt uns dazu gebracht. Wenn man wissen will, wer
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