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Perth

Perth

Titel: Perth
Autoren: Peter Martin
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gespielt hatte, wurde sie für eine Weile zur Dorfheldin.
    Das war ein ermutigender Zwischenfall. Aber insgesamt wurde Perth immer schwächer, als der Frühling kam. Sie ging nicht einmal mehr auf ihre morgendlichen Expeditionen. Sie konnte nur noch hoppeln. Ihre Augen sahen noch müder aus, und ihr Fell war noch grauer geworden.
    Darm geschah das Unvorstellbare. Die Kinder waren entsetzt, als ich es ihnen erzählte. Und Barbara war es ebenfalls.
    »Barbara«, begann ich zitternd, »Sie werden mich sicher für verrückt halten, und wahrscheinlich bin ich das auch, aber man hat mich gebeten, ein Buch über die Geschichte Virginias zu schreiben, und ich muss noch einmal für neun Monate dorthin .« Ich stand schutzlos auf dem Hof ihrer Farm. Sie starrte mich nur an. »Ich muss es tun, Barbara, und ich kann Cindy und die Kinder nicht hier lassen. Cindy und ich waren nie länger als drei Wochen voneinander getrennt .«
    »Aber von Perth getrennt zu sein, ist schon in Ordnung, oder wie? Und das in ihrem Alter und in ihrem Zustand? Wenn Sie sie nochmal alleine lassen, wird sie das umbringen. Da bin ich mir sicher. Himmel nochmal , sie ist achtzehn !«
    Das Gefühl, dass wir falsch handelten, machte Cindy und mir schwer zu schaffen, als wir versuchten, uns dazu durchzuringen, nach Virginia zu gehen. Perth abermals zu verlassen war so, als ob man seine alte Mutter ins Altersheim steckte und selbst einen tollen Urlaub in einem anderen Land verbrachte. Aber wie oft wurde ich gebeten, ein Buch zu schreiben? Ich ging nicht aus Spaß nach Virginia. Ich würde hart arbeiten müssen. Unsere Freunde im Dorf beneideten uns um unsere Reise, aber konnte wirklich jemand ernsthaft glauben, dass wir unser Fleckchen in England gerne verließen, um wieder in die Neue Welt zu fahren?
    Nach wochenlangem Hin und Her beschlossen wir, dass wir dorthin mussten. Aber was sollte mit Perth geschehen? Wenn wir sie in ihrem Zustand in Barbaras Hundepension brachten, würde sie das sicher umbringen. Das Bedrückende war, dass sie wahrscheinlich ohnehin nicht mehr lange zu leben hatte. Es wäre so grausam. Und wenn sie das Jahr tatsächlich überlebte, in welcher Verfassung würde sie sein, wenn wir zurückkamen? Wie lange würde sie dann noch leben? Wahrscheinlich nicht sehr lange. Mit Fragen wie diesen näherten wir uns jeden Tag langsam immer mehr dem unausweichlichen, quälenden Schluss, dass wir sie vom Tierarzt einschläfern lassen mussten. An dem Abend, als wir uns dazu entschlossen, kroch ich in mein Arbeitszimmer unter dem Dach und weinte.
    Aber ich konnte es nicht ertragen, dass die Kinder es mitbekamen. Vielleicht war ich auch nur feige und hatte nicht die Stärke, mich selbst darum zu kümmern? Was immer auch der Grund war, wir gingen mit dem Problem zu Barbara. Ich erklärte ihr, wie wir fühlten, und fragte sie, ob sie mit Perth zum Tierarzt gehen würde, sobald wir weg waren.
    »Nein, Peter, das kann ich nicht tim. Ich verstehe natürlich, warum Sie denken, dass es besser für Perth wäre, sie einschläfern zu lassen, aber das ist etwas, das Sie selbst erledigen müssen .« Ich wiederholte, dass wir es wegen der Kinder erst machen lassen wollten, wenn sie weit weg waren. Allmählich und sehr widerwillig fand sie sich mit dem Vorschlag ab. »Das würde ich für niemanden sonst tun, aber ich kenne Perth so gut, dass ich es machen werde. Ich werde sie etwas waschen und ordentlich bürsten und dann bringe ich sie zum Tierarzt .«
    Frühling und Sommer vergingen auf eine traurige Weise. Auf unseren Herzen lastete eine Schwere. Wir hatten das Gefühl, dass es das Ende war, der letzte strahlende Herbst in unserem gemeinsamen Leben mit Perth. Wir hatten noch nie so einen schönen englischen Sommer erlebt. Nachts regnete es, und tagsüber schien hell die Sonne. Alles war üppig und fruchtbar, und die langen Abende waren mit dem unvergleichlichen leuchtenden, rosafarbenen Licht der Dämmerung gefärbt, das man häufig in Großbritannien sieht. Cindy und ich machten mit Perth lange, langsame Abendspaziergänge am Fluss, in den Hügeln und an den Gerste- und Weizenfeldern entlang. Einen Großteil des Wegs trug ich sie.
    Darm kam der Tag, an dem wir Abschied nehmen mussten. Die Felder waren vor kurzem abgeerntet worden, so dass nur noch die Stoppeln übrig geblieben waren. Viele wurden von den Farmern abgebrannt, damit sie fruchtbarer wurden. Die dunkle Nacktheit, wo vorher das wogende gelbe Korn gestanden hatte, passte zu unserer düsteren inneren
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