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Perth

Perth

Titel: Perth
Autoren: Peter Martin
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ausgeprägte Intelligenz und sah in ihr ein rastloses Tier mit einer dreifachen Portion Mut. Sie wusste, dass Perth viel Raum benötigte, und hatte nicht viel Geduld mit Leuten, die der Meinung waren, dass der Hund angebunden werden sollte. Aber sie erkannte bei Perth auch eine Nervosität, eine wilde Ungeduld, die ihr zufolge daher rührten, dass wir sie im Laufe der Jahre wegen unserer Reisen einige Male alleine gelassen hatten.
    »Wenn Perth ein durchschnittlicher und gehorsamer Hund wäre«, sagte sie einmal zu uns, »hätten Sie mit ihr keine Probleme gehabt. Aber so wie sie aufgewachsen ist, mit dem Gefühl, dass sie ein Anrecht auf grenzenlose Freiheit hat, wurde sie nicht nur eine Überlebenskünstlerin, sondern es ist auch schwer, sie zu kontrollieren. Außerdem hat sie größtes Vertrauen zu Ihnen. Darin liegt ein weiteres Problem. Ich glaube, sie denkt, dass Sie sie manchmal im Stich gelassen haben .«
    Anfang August, der in diesem Jahr ziemlich kalt war, kurz vor der Weizen- und Gersteernte und nur zwei Wochen, bevor wir fortgerissen werden würden, geschah etwas, das zugleich komisch und herzergreifend war und uns noch deutlicher machte, dass wir Perth auf keinen Fall bei einer Familie lassen konnten, egal, wie wohlgesonnen sie ihr waren oder wie gut sie auch mit ihr zurechtkommen mochten. Neben ihrem schlechten Gehör und ihrem grauen Fell war dieser Vorfall auch ein Zeichen, dass sie älter wurde. Barbara Stapeley spielte die komische Rolle dabei, Perth die herzergreifende.
    Es war wieder einmal mitten in der Nacht, als wir vom klingelnden Telefon geweckt wurden. Es war Barbara.
    »Um Himmels willen, hören Sie denn nicht, wie Perth draußen im Weizen heult? Sie hat sich verirrt. Schnappen Sie sich eine Taschenlampe und holen Sie sie! Das arme Tier.«
    »Barbara«, antwortete ich heiser und ungläubig, »wenn es etwas gibt, das Perth nie passieren kann, dann ist es, sich im Weizen zu verirren. Sie muss eine Maus in die Enge getrieben haben oder so was. Es wird in einer Minute vorbei sein. Wir sollten weiterschlafen .« Ich konnte Perth jetzt auch hören, sie machte tatsächlich einen Heidenlärm.
    »Peter, Sie nehmen jetzt eine Taschenlampe und gehen da raus«, sagte sie ungeduldig. »Ich kenne Ihren Beagle und ich weiß, wie es klingt, wenn ein Hund vor Verzweiflung heult. Wenn Sie zu faul sind aufzustehen, bitten Sie Ihre bessere Hälfte. Können Sie Perth denn nicht hören? Sie ist außer sich vor Angst .«
    »Ich glaube, wir haben keine Taschenlampe«, antwortete ich ehrlich.
    »Dann kommen Sie her und borgen sich meine !« Sie legte den Hörer auf.
    Wenn Barbara etwas befahl, gehorchte man. Also zog Cindy sich an und eilte durch die stockdunkle Senke zu den Zwingern, ging um Barbaras Haus herum und klopfte an die Küchentür. Sie machte sofort auf. Sie war in einen langen, zerschlissenen Pelzmantel gehüllt.
    »Das hat aber lange gedauert. Beeilen Sie sich, hier ist die Taschenlampe. Los, los, machen Sie schon. Diese Kälte wird mich noch umbringen. Ich habe überhaupt nichts unter diesem Mantel an. Und wenn Sie sie finden, nehmen Sie sie hoch und tragen Sie sie durch den Weizen. Irgendetwas stimmt nicht mit ihr .«
    Ohne Barbara in ihrem Mantel genauer anzusehen, lief Cindy rasch durch die Senke wieder hinauf. Ich hatte mich mittlerweile auch angezogen, und gemeinsam betraten wir durch ein Loch in der Hecke das Feld. Perth heulte immer noch. Im nächsten Moment stolperten wir beinahe. Genau vor uns war der Weizen in einem kleinen Kreis niedergedrückt worden, in dessen Mitte eine Igelfamilie lag — Mutter, Vater und vier Babys. Sie blickten alle mit großen glänzenden Knopfaugen in das helle Licht der Taschenlampe. Wir hatten ihr gemütliches Nest aufgestöbert.
    »Wie süß !« , flüsterte Cindy. »Vorsicht, erschreck sie nicht !« In der Dunkelheit gingen wir weiter in einer Traktorspur durch den hohen Weizen in Richtung des Lärms. Es war nicht schwer, Perth zu finden. Innerhalb von fünf Minuten waren wir bei ihr. Sie stand heulend da und hatte völlig die Orientierung verloren. Ihre Sinne hatten sie im Stich gelassen. Sie hörte sofort auf zu heulen, als sie uns sah, und kam in unsere Arme geflogen. Ich hob sie hoch, und während Cindy uns mit der Taschenlampe leuchtete, machten wir uns auf den Rückweg zum Garten. Als ich sie auf den Rasen setzte, war bei ihr wieder alles in Ordnung. Wir gingen schnell zu Bett, und Perth nahm ihren gewohnten Platz zwischen den Laken ein. Die Kinder
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