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Perry und das unheimliche Haus von Hackston

Perry und das unheimliche Haus von Hackston

Titel: Perry und das unheimliche Haus von Hackston
Autoren: Wolfgang Ecke
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schon etwas betagt, schienen sie intakt. Rechts neben der Theke standen eine Musikbox neueren Datums und ein Flipper. Über allem aber lag der undefinierbare Geruch, den gemütliche Kneipen mitunter über Besitzer-Generationen hin bewahren und der sich, trotz eifrigsten Lüftens, nicht hinauswehen läßt.
    Perry Clifton fühlte eine ganz eigenartige Behaglichkeit, als er die völlig leere Gaststube durchquerte und seine Tasche neben dem Tresen abstellte.
    Er sah sich nach einer Klingel um. Da er nichts fand, ergriff er einen Löffel, um damit ein leeres Bierglas zu bearbeiten. Die Hand schon erhoben, stutzte er plötzlich. Ganz deutlich hatte er hinter sich ein leises Geräusch gehört.
    Behend wirbelte er herum.
    „Hallo, Mister!“
    Der Detektiv entspannte sich, und ein breites Grinsen überzog sein Gesicht. Die Ursache seiner Heiterkeit war ungefähr 80 Zentimeter groß, etwa fünf Jahre alt und stand in Strümpfen vor ihm. An der linken Seite hing ein schön geflochtener Zopf. Das Gegenüber allerdings war ein verwuscheltes Durcheinander von blonden Haaren. Der größte Teil des sommersprossigen Gesichts war mit Schokolade verschmiert. Die Kleine trug ein hellbraunes Kleidchen mit einer weißen Schürze, die ebenfalls schon verdächtig viele braune Spuren aufwies. Mit gefalteten Händen vor dem Bauch und auf den Zehenspitzen wippend, sah sie ihn aus verschmitzten Augen neugierig an.
    „Hallo!“ erwiderte Perry. „Wer bist denn du?“
    „Ich bin Angy — und du?“
    „Ich heiße...“, er zögerte kurz, „Arling.“ Er streckte Angy die Hand hin und fühlte, wie fünf winzige, fürchterlich klebrige Finger einen Händedruck versuchten.
    „Ich hab’ dich noch nie gesehen!“ stellte sie fest und zog dabei die Nase kraus.
    „Ich bin auch zum ersten Mal hier.“
    Angy musterte ihn von allen Seiten ungeniert. Dann sagte sie: „Papa ist auf dem Hof.“
    „Aha“, sagte Clifton, „dann wird er ja bald kommen!“
    Angy wendete sich rasch um, wie jemand, der nach einem Verfolger Ausschau hält. Doch die Luft schien rein zu sein. Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und fragte leise: „Hast du Geld, Mister?“
    Perry Clifton nickte und gab ebenso leise zurück: „Natürlich, Angy, sonst müßte ich ja verhungern.“ Angy zeigte zwei Reihen blitzender kleiner Perlzähne. Die Auskunft schien sie über alle Maßen zu befriedigen, denn wie sonst wäre sie bereit gewesen, ein Geheimnis preiszugeben: „Soll ich dir was verraten, Mister?“
    Perry nickte.
    Angy zeigte auf die Musikbox. „Wenn du dort Geld reinwirfst, kommt ganz tolle Musik raus!“
    „Nicht möglich“, staunte Perry, und Angy, zufrieden, Wissen weitergeben zu können, packte ihn mit ihren fünf klebrigen Fingern und zog ihn in Richtung Musikbox. „Du kannst es probieren!“
    Obwohl Perry wußte, daß das Repertoire der Musikbox gewiß keine Kinderlieder enthielt, erkundigte er sich: „Hast du einen besonderen Wunsch, Angy?“
    „Tom Jones! Auf den steh’ ich!“ Es kam wie aus der Pistole geschossen. „Tom Jones?“ wiederholte Clifton. Die Verblüffung stand ihm ins Gesicht geschrieben. Da deutete Angy nach oben und rief: „Du mußt erst auf B und dann auf 19 drücken.“ Da ihr jedoch plötzlich Zweifel an den Fähigkeiten ihres neuen Bekannten kamen, erkundigte sie sich: „Kannst du das?“ Und weil Perry nicht gleich antwortete, kniff sie irritiert und mißtrauisch die Augen zusammen. „Ich will’s versuchen!“ sagte da Perry. Doch Angy hatte bereits einen Entschluß gefaßt: „Ich helfe dir!“
    Während Perry in seinen Taschen nach einem geeigneten Geldstück suchte, schob Angy mit viel Getöse einen Stuhl heran und erkletterte ihn. Fordernd streckte sie ihre kleine Hand aus, und Perry Clifton legte die gewünschte Münze hinein. Alles andere ging ziemlich schnell.
    Angy drückte die bewußten Tasten, sprang vom Stuhl, streckte ihren dünnen Arm hinter die Musikbox und rief: „Jetzt kommt’s!“ Ihre Augen leuchteten voller Zufriedenheit.
    Und — dann kam es wirklich — mit unvorstellbaren Phonzahlen schrie Tom Jones aus dem Lautsprecher. Selbst Schwerhörige hätten sich auf der Stelle in Sicherheit gebracht. „Das ist zu laut!“ brüllte Perry Clifton mitten hinein in die strahlenden Augen der kleinen Angy. Angy nickte und schrie zurück: „Tom Jones!“ Dabei begann sie an ihrem Zopf zu spielen. Perry Clifton ließ sich auf einen Stuhl fallen und preßte sich provozierend die Handballen gegen die Ohren. Eine Geste,
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