Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Perfekte Manner gibt es nicht

Perfekte Manner gibt es nicht

Titel: Perfekte Manner gibt es nicht
Autoren: Cabot Meg
Vom Netzwerk:
»Jack«, flüsterte sie. Oder vielleicht schrie sie seinen Namen auch. »Jack?« Als sie ihn erreichte, berührte sie sein Gesicht. Es war so kalt … »Jack?«
    Er bewegte sich noch immer nicht. Mit wachsender Angst beobachtete sie seine Brust, die sich hob und senkte. Aber langsam – ganz langsam. Er starb. Das wusste sie. Nachdem sie sich eben erst gefunden hatten, würde er sie nun wieder verlassen.
    Plötzlich beugte sich Tim Lord über ihn, der mörderische, verlogene Bastard. »Jack, ich bin’s!«, rief er verzweifelt.
»Tim! Komm schon, Kumpel, du darfst nicht sterben!«
    Jack hob einen Arm, der schlaff neben ihm im Schnee gelegen hatte. Atemlos sah Lou, wie er das Nächstbeste in seiner Reichweite packte – nämlich Tims Lederjacke. Dann öffnete er die Augen, leuchtend blaue Augen mitten im schwarzen Ruß, dann die Lippen, und er krächzte: »Natürlich habe ich nicht vor zu sterben, du egomanischer Scheißkerl!«
    Beim letzten Wort schwang er auch den zweiten Arm empor, schmetterte seine Faust in Tim Lords Gesicht und sprang auf.
    Erschrocken wich Lou zurück, ebenso wie alle anderen, die fürchteten, versehentlich von einem Schlag getroffen zu werden. Tim Lord wehrte sich tapfer. Manchmal gelang ihm sogar ein halbwegs gezielter Fausthieb. Aber nicht einmal das beste Fitnesstraining konnte einen Mann für einen Kampf gegen einen Action-Star wappnen, der sich monatelang auf seine Rolle vorbereitet hatte.
    Gebannt schaute das Publikum zu, während Jack den Kopf, die Rippen und den Magen des Regisseurs attackierte. Lou kam diese Keilerei fast vor wie ein Boxkampf, bei dem einer der Gegner schon nach dem ersten Gong resigniert hatte. Hätte ihr Vater nicht eingegriffen und Jack an den Schultern zurückgezerrt, müssten sie heute zweifellos einen Oscar-Preisträger beerdigen.
    Tim brach zusammen und fiel in den Schnee, der von seinem Blut befleckt wurde und sich mit dem verbrannten Schutt des Mount McKinley vermischte. »Warum bist du nicht tot, Townsend?«, schrie er hysterisch.
»Du solltest längst unter der Erde sein! Schon vor vier Tagen hättest du sterben müssen! Was stimmt denn nicht mit dir? Warum bist du nicht tot? «
    »Weil ich gute Gründe habe, am Leben zu bleiben.« Jack schüttelte Franks Hände ab. Dann wandte er sich erschöpft zu Lou. »Bist du okay?«
    Obwohl sie immer noch am Boden kniete, spürte sie den gefrorenen Schnee kaum, denn der Glanz in Jacks Augen wärmte ihr Herz. »Ja«, sagte sie leise – unfähig, ihren Blick von dem geliebten Gesicht loszurei ßen. »Aber … wieso wusstest du es? Woher bist du gekommen?«
    Jack zuckte die Schultern unter seiner verrußten Wildlederjacke. »Ich merkte, dass er irgendwas im Schilde führte.« Verächtlich wies er mit dem Kinn in Tims Richtung. »Ihm war es so verdammt wichtig, dass ich in die Mine ging. Und je länger ich darüber nachdachte, desto klarer wurde es mir. Wer außer ihm konnte der Anrufer am Flughafen gewesen sein, der Vicky daran hindern wollte, nach Myra zu fliegen? Und dann war da noch etwas, das er über mich sagte – dass ich nie auf die Gefühle anderer Leute achten würde …«
    Nun schweifte sein Blick von Lou zu Vicky hinüber, die ihren Mann so entgeistert anstarrte, als hätte sie ihn noch nie zuvor gesehen.
    Unter dem schwarzen Ruß wirkte Jacks Gesicht unnatürlich blass. »Wie auch immer, auf einmal war mir alles klar. Es musste Tim sein. Und bevor ich in die Mine ging, sah ich den Stolperdraht – ich hatte es nicht anders erwartet. Ich lief also in einen Seitenschacht. Zum Glück ist dieser Teil des Berges von solchen
Schächten durchlöchert. Ich wollte sehen, ob Tim heraufkommen und mich suchen würde, wenn ich nicht auf den Action-Ruf reagierte. Wäre er über den Draht gestiegen, hätte ich endgültig gewusst, dass er mich töten wollte.« Mit einem aufgeschürften Finger berührte er Lous Wange. »Dass du hier aufkreuzen würdest, war das Letzte, was ich erwartet hatte. Was hast du dir denn dabei gedacht?«
    Lou hatte gar nicht gemerkt, dass sie weinte. Sie nahm es erst wahr, als Jack seine Hand zurückzog und sie die saubere, nasse Stelle an seinem geschwärzten Finger sah. Verlegen wischte sie ihre Wangen ab. »Heute Morgen hat Vicky mir alles erzählt. Da kam ich so schnell wie möglich zum Set.
    Ich habe versucht, dich anzurufen …«
    »Unglücklicherweise gibt es hier kein Netz«, unterbrach er sie wehmütig.
    »Genau.« Mit Augen voller Tränen und Liebe schaute sie zu ihm auf. »Oh, ich hatte
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher