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Pedro Juan Gutiérrez

Pedro Juan Gutiérrez

Titel: Pedro Juan Gutiérrez
Autoren: Schmutzige Havanna Trilogie
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hatte sie in den häuslichen vier Wänden zu bleiben. Er legte ihr eine Hand auf die Augen und ließ sie nicht los. Sie nahm es widerspruchslos hin. Im Grunde genommen gefiel ihr dieses Leben sogar, diese Liebe, die sie versklavte. Es war mehr oder weniger das, was sie immer um sich herum gesehen hatte. Von Romulos Wohnung aus fuhren sie direkt ins Krankenhaus. Die Alte war skeptisch. Die Ärzte diagnostizierten bei Danais eine fortgeschrittene Venenent-zündung und lieferten sie ein, um sie mit Antibiotika zu behandeln. Sie waren nicht unbedingt die Richtigen für ein derart fortgeschrittenes Stadium, aber es gab im Krankenhaus nichts anderes, also blieb ihnen keine Wahl. In der Nacht wurde Danais' Entzündung immer schlimmer, verbreitete sich über die Hände, die Arme, den gesamten Oberkörper. Am nächsten Morgen wurde sie auf die Intensivstation verlegt. Über die genaue Art der Krankheit ihrer Patientin hüllten sich die Ärzte in Schweigen und wichen den Fragen der Alten aus. »Ein schwieriger Fall. Wir behalten ihn im Auge.« Die Antibiotika wurden Danais intravenös verabreicht. Nach einer Stunde fiel sie in ein Koma, und man gab ihr Sauerstoff. Lachend erschien ihr Santico und kam näher. Als sie ihn erblickte, lachte auch sie und zog sich aus. Ein Krankenpfleger, der an ihrem Bett saß, begriff nicht, warum sie lachte, und versuchte sie davon abzuhalten, sich nackt auszuziehen. Wie konnte sie diese Bewegungen machen, wenn sie wirklich bewusstlos war? Die beiden waren hoch in den Bergen, im Schatten eines riesigen, alten Maulbeerbaums. Santico zog sich nackt aus und legte sich und Danais jeweils eine Kette aus grünen und schwarzen Perlen um den Hals. Sein Phallus war das Gemächt eines Stiers, groß und hart. Santico war fröhlich, aber unruhig, wie immer. Nie konnte er ruhen, weder am Tag noch in der Nacht. Aus den Büschen ganz in der Nähe beobachtete sie Orisha, der Gott der Straße und der Bosheiten, mit seinen Schnecken-augen. Er ist ein Freund von Oggún. Sie ziehen stets gemeinsam herum, tun, was ihnen gefällt, schänden Frauen, die ihre Wege kreuzen, und brechen Streit vom Zaum, wo immer sie können. Santico vergrub einen blutigen Nagel in der Erde. Er war tapfer, betrunken, stürmisch. Viel Blut hatte er verströmt, viel Schaden angerichtet. Misstrauisch befürchtete er, man könne ihn zur Rechenschaft ziehen. Stets bot er die Stirn und hielt sich den Rücken frei. Er fürchtete und wurde gefürchtet, lebte im Zorn. Nie war er glücklich, dieser ewige, großartige Krieger. Als er Danais berührte, spürte sie seine harte, kalte Hand mit dem eisernen Griff des Todes. Er roch nach wütendem Stahl, war Herr über Metall, geschmiedetes Eisen und Feuer. Ohne Vorwarnung oder Zärtlichkeiten drang er in sie ein, und sie ergab sich ihm in Liebe wie eine unberührte Jungfrau und ließ es genussvoll geschehen. Kaum hatte er sie mit der Spitze seiner Rute berührt, kam sie zum ersten Orgasmus, dem noch viele weitere folgten. Sie wälzten sich am Boden über das feuchte Gras. Oggún brauchte die Säfte dieser wunderschönen, unschuldigen jungen Frau, die sich ganz der Liebe hingab. Sie erschauderte.
    Der Krankenpfleger versuchte sie im Bett zu halten, aber die junge Frau entwickelte übernatürliche Kräfte. Sie bockte und bewegte ihren Unterleib wie beim Sex, stöhnte, biss und schrie, fiel polternd zu Boden.
    Der Tod umfing sie, und alles endete. Sie schnaubte und seufzte, das Gesicht verzerrt, durchdrungen von einem Wind, der plötzlich durch den üppigen Wald wehte. Mit immer noch hoch aufgerichtetem Geschlecht wich Santico etwas zurück, ließ sie auf der Erde liegen und versetzte ihr ein paar Ohrfeigen. Dann ging er, verschwand zwischen Ceiba-, Jocuma- und Camaguabäumen. Ein Hund, ein Hahn und eine Taube liefen und flatterten ihm hinterher, bellend und kreischend. Er ließ sie hilflos und missbraucht zurück, untröstlich weinend, leidend und allein in diesem schrecklichen Wald, vom Sturm ergriffen, unter Regen, Donner und Blitz. Sie verstand nicht, was da vor sich ging, und würde es nie erfahren.

 
     
Das Ende der Capitana
     
    Chicha macht sich die ganze Nacht lang fast vor Angst in die Hosen, als sie eine fette Ratte zwischen ihren Kochtöpfen rumoren hörte. Die Ratte war ziemlich dreist, fühlte sich ganz zu Hause. Sie war durch ein altes, vergammeltes Rohr aus dem Keller heraufgeklettert, acht Stockwerke durch Finsternis hinauf ans Licht. Dann war sie aufs Dach gesprungen, um sich ganz dem
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