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Pedro Juan Gutiérrez

Pedro Juan Gutiérrez

Titel: Pedro Juan Gutiérrez
Autoren: Schmutzige Havanna Trilogie
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Rum und Tabak verpulverte. Seine Frau Danais war eine zwanzigjährige, sehr hübsche Mulattin. Sie war Santico rettungslos verfallen. Als er starb, drehte sie fast durch. Dreizehn Leute lebten im selben Zimmer, Schwarze, Mulatten und Mestizen. Sie hatten jetzt etwas mehr Ruhe, denn Santico war immer irgendwann im Morgengrauen betrunken heimge-kommen und hatte Danais erst verprügelt, dann gevögelt. Es gefiel ihm, sie weinen zu sehen. Zu allen war er brutal. Fast jede Nacht dasselbe: Prügel, Tränen, Schreie, anschließend Sex und Stöhnen. Die anderen Brüder, Cousins und Neffen taten, als ob sie schliefen, und ließen die beiden in der Dunkelheit gewähren.
    Dreizehn Menschen wohnten in dem feuchten, baufälligen Zimmer von fünf mal sechs Metern, das nach Schweiß und Schmutz roch. Außen gab es Küche und Bad, die sie mit ungefähr fünfzig weiteren Nachbarn teilten. Bei dieser Art von Leben war es unmöglich, ein Geheimnis zu hüten oder ein Privatleben zu führen. Und das regte niemanden auf. So war's halt.
    Santico war immer ein Scheißkerl gewesen. Er liebte Blut und Messerstechereien, war streitsüchtig und furchtlos. Sein Santo war Oggún. In einer Zimmerecke verwahrte er in einem Kessel für ihn die Eisen, Soldatenfigürchen, Gläschen mit Schnaps, Zigarren, Teller mit Avocados, Yucca, Paprika und Knoblauch, Feuersteine und Stäbe aus Eisenholz, Camagua, Jagúey und Gemüseeintopf, eine Kette, eine Machete, einen Amboss und ein Messer.
    Santico starb vorzeitig. So jung, stark und männlich, wie er war, hatte er noch nicht abtreten wollen. Das Ende kam rasch, aber er musste doch sehr leiden, spuckte eitriges Blut, starb einen elenden, widerlichen Tod. Danais blieb mit den Eisen und grünschwarzen Halsbändern zurück. Als sie vom Friedhof kam, weinte sie zwei Tage lang ununterbrochen, bis es Santicos Mutter gelang, sie zu trösten. Die alte Frau hatte neun Kinder - jetzt nur noch acht - und sieben Enkel. Sie kannte das Leben ein wenig. Als sich Danais wieder etwas gefangen hatte, ging sie auf den Markt. Sie kehrte mit einem lebendigen Huhn, einer Taube und einem Hund zurück und band die Tiere in einer Zimmerecke an. Jede Woche, montags oder freitags, schlachtete sie ein Huhn, sprenkelte das Blut über den Kessel und fügte etwas Honig hinzu, um es zu versüßen. Danais war immer noch sehr traurig und sprach mit niemandem. Die Komplimente der Männer machten sie wütend, und jeder Versuch, sich ihr zu nähern, wenn auch in bester Absicht, wurde barsch von ihr abgeschmettert. Eines Nachts erschien Santico ihr im Traum und flüsterte ihr leise ins Ohr:
    »Komm mit mir, Danais. Ich bin hier, um dich zu holen.« Sie sah, wie er lachend auf sie zukam. Vor Angst zitternd erwachte sie und schlug die Augen auf. Über ihr in der Dunkelheit des Zimmers tanzte ein rosa dunstiges Licht. Schaudernd bekreuzigte sich Danais und betete. »Erbarme dich meiner, o Herr, mach, dass seine Seele aufsteigt. Herr, erbarme dich meiner.«
    Aber seine Seele konnte gar nicht aufsteigen, denn, was keiner wusste, Santiago hatte bei spätnächtlichen Schlägereien in dunklen Gassen drei Männer umgebracht und viele andere verletzt. Er hatte zu viel Schaden angerichtet und musste jetzt dafür büßen.
    Danais sagte zu niemandem ein Sterbenswörtchen, aber die nächtlichen Besuche Santicos wurden immer häufiger. Jeden Tag war sie mehr von ihm besessen. Sie stellte ihm Blumen hin, ein Glas Wasser, Kerzen, betete für seine Seele, aber Santico setzte ihr sogar über den Tod hinaus weiter zu. Er wollte Danais bei sich haben.
    Santicos Mutter versuchte sie dazu zu bewegen, zu ihren Eltern zurückzukehren. Danais stammte aus Guantánamo. Aber sie weigerte sich, wollte noch eine Zeit lang bleiben.
    »Lass mich ihm helfen, damit seine Seele aufsteigt. Ich muss ihm helfen, ich liebe ihn so sehr.«
    Die Alte verstand sie und ließ sie gewähren. Langsam verlor Danais die Angst und fand Gefallen daran, dass er in der Nacht zu ihr kam, wenn alle schliefen. Er erschien, zog sich Hemd und Hose aus und drang mit seinem bereits stocksteifen Schwanz in sie ein. Sie kam mehrere Male hintereinander, und er löste sich in Luft auf. Danais wachte nicht mehr auf, sie war völlig erschöpft.
    Am darauffolgenden Morgen war sie feucht, was bewies, dass sie nicht geträumt hatte. Im Schlaf hatte sie viele Orgasmen gehabt. Das gefiel ihr. Santico sprach bei seinen Besuchen wenig oder gar nicht.
    Sie stellte ihm ein Glas Schnaps und eine Zigarre neben den Kessel.
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