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Paul Flemming 03 - Hausers Bruder

Titel: Paul Flemming 03 - Hausers Bruder
Autoren: Jan Beinßen
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wieder frei. Baumelten kraftlos neben seinem Körper.
    Jemand riss ihn nach oben, stieß ihn vorwärts. Es war so verdammt heiß hier drinnen, und er konnte doch nichts sehen!
    Plötzlich fiel ihm die Aktentasche wieder ein. Das Hauser-Hemd! Die Tasche lehnte doch noch neben dem Abfalleimer. Er musste sie bergen, vor dem Feuer retten! Doch es war zu spät dafür, viel zu spät. . .
    Seine Beine fühlten sich an wie Gummi. Hände stützten ihn. Schoben ihn vorwärts. Immer weiter. Nur raus hier!
    »Oh Gott!« Hannah stöhnte. Sie saß auf der Böschung, die hinab zur Pegnitz führte. Ihre Kleidung, ihre Hände, ihr ganzes Gesicht waren rußgeschwärzt. Paul hatte den Eindruck, dass sogar ihre Locken dampften.
    Daneben kauerte Blohfeld. Er hatte die Beine angewinkelt und den Kopf auf die Knie gelegt. Sein Atem rasselte in seinen Lungen.
    Ein paar Meter neben ihnen war immer noch die Hölle los. In den rötlichen Schein der Abenddämmerung mischte sich das rotierende Blaulicht von mehreren Feuerwehrwagen. Ein heilloses Stimmengewirr untermalte das Ganze, aber das Feuer war unter Kontrolle und hatte nicht auf die anderen Wohnungen übergegriffen.
    Paul lag im grünen Gras der Böschung. Mittlerweile konnte er seine Hände wieder spüren. Und noch viel besser: Er hatte erfahren, dass die Polizei Frau Henlein am nächstmöglichen Bahnhof auf dem Weg nach Regensburg abfangen würde.
    Der Mörder würde also schon bald gefasst sein: Frau Henlein – welch eine Überraschung! Paul konnte es noch immer kaum glauben.
    »Wie bist du eigentlich darauf gekommen, mich hier zu suchen?«, fragte er, ohne sich aufzurichten. »Warum seid ihr bei der Henlein aufgekreuzt?«
    »Weil. . .«
    Paul konnte sich nicht erinnern, sich jemals so gefreut zu haben, Hannahs Stimme zu hören.
    »Weil ich doch heute in der Mensa Mittag essen wollte. Das wissen Sie ja«, sagte sie. »Aber weil ich mich nach der Vorlesung mit einer Freundin verquatscht hatte, hab ich das dann doch nicht mehr geschafft und bin erst später auf einen Kaffee und ein Stück Käsekuchen hingegangen. Auf dem Rückweg kam ich hier vorbei – die Mensa liegt ja keinen Steinwurf entfernt und da sah ich Ihr auffälliges Fahrrad. Mir kam das irgendwie seltsam vor. Was hatten Sie dort noch zu suchen? War ja schon irgendwie spät. Also habe ich mir gedacht, dass es nichts schaden könnte, wenn ich Sie mal auf dem Handy anrufe. Als sich keiner meldete, kam mir das noch seltsamer vor. Deshalb habe ich ihn hier angerufen: den Reporter.«
    »Blohfeld ist der werte Name«, meldete der sich zu Wort.
    »Jedenfalls kamen wir wohl gerade noch rechtzeitig, was?«, fragte Hannah. »Aber jetzt sollten Sie sich allmählich aufrappeln. Der Notarzt würde Sie gern sehen.«
    »Der Arzt? Er soll warten«, antwortete Paul und blickte in den Himmel, weit weg war er – und das war gut so.
    40
    Paul akzeptierte, dass er Blohfeld jetzt nicht stören durfte, also blieb er hinter dem Reporter stehen und verhielt sich still.
    Blohfeld hatte seine Hände auf die Schultern eines Mannes mit braunen, an den Schläfen ergrauten Haaren und dickglasiger Brille gelegt. Wie gebannt sahen die beiden Männer auf einen großen Flachbildschirm, auf dem eine Zeitungsseite dargestellt war. Die Seite war bisher nur zur Hälfte fertig gestellt. Zwar war bereits ein Artikel in der Seitenmitte platziert worden, doch die Fotos fehlten noch.
    »Also los, Hans«, spornte Blohfeld seinen Layouter an, »zieh mal die stärksten Fotos von der Verhaftung aus dem Bildsystem. Das Wichtigste: Die Henlein muss darauf gut zu erkennen sein. Ich will ihr Gesicht sehen, ihren Ausdruck, in dem sich die Enttäuschung über die Niederlage, die Reue und vielleicht ein Funken Trotz widerspiegelt.«
    Layouter Hans ließ jedes Bild auf einem zweiten Bildschirm erscheinen. Blohfeld schüttelte jedes Mal nach Sekundenbruchteilen den Kopf. »Weiter«, sagte er, »weiter, das Nächste, weiter.«
    Die Fotos waren allesamt nicht übel, dachte Paul anerkennend, dem es nicht vergönnt gewesen war, diese Aufnahmen zu machen. Ein ihm unbekannter Kollege aus Regensburg hatte das übernommen. Frau Henlein war auf den meisten Bildern in ihrer ganzen, fast schon selbstparodierenden Aufgesetztheit gut getroffen: eine kleine, dickliche, unglaublich frustriert wirkende Frau, die das Schicksal selber in die Hand nehmen wollte und dabei Schiffbruch erlitten hatte.
    »Wie wäre es mit dem?«, schlug Hans gerade vor.
    Blohfeld nickte und stieß einen zufriedenen
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