Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Patty Janes Frisörsalon

Patty Janes Frisörsalon

Titel: Patty Janes Frisörsalon
Autoren: Lorna Landvik
Vom Netzwerk:
paßte Thor; er studierte im Rahmen des G.I.-Programms (er hatte während des Koreakriegs in Fort Ord die Jeeps instandgehalten) Architektur an der Universität von Minnesota und lernte gern noch ein Weilchen, ehe um acht Uhr sein Unterricht in technischem Zeichnen begann. Er braute sich nach Iones Rezept (ein Ei und ein Teelöffel Zimt pro Kanne) eine Kanne Kaffee, setzte sich an den kleinen Küchentisch und sah seine Aufgaben durch.
    Manchmal wickelte sich Patty Jane, die ebenso gern lang schlief wie sie lang aufblieb, in die Steppdecke und ging, vom Licht geblendet, blinzelnd in die Küche hinaus, um ihrem Mann guten Morgen zu wünschen. Sie war so stolz auf ihn; sie hatte nie im Leben erwartet, daß sie einmal einen Mann heiraten würde, der studierte und Blaupausen mit nach Hause brachte, auf denen Bemerkungen wie »gefällige Linienführung« oder »kühne Raumaufteilung« standen. Patty Jane ließ seine Papiere immer auf dem Couchtisch liegen, wie Zeitschriften ausgelegt, doch Thor, dem das peinlich war, nahm sie wieder weg.
    An den Tagen, an denen sie sich morgens aufraffen konnte, pflegte sie leise hinter Thors Stuhl zu treten; sie schlang ihre Arme um seinen Hals und schob ihre Hände seine Brust hinunter. Er begann dann immer zu stöhnen (Patty Jane kannte seine erogenen Zonen Jahre bevor sie überhaupt wußte, was erogene Zonen waren), schlug sein Heft zu und sagte etwas wie: »Aber ich muß heute vormittag eine Arbeit in Elektrotechnik schreiben.«
    Doch seine Ausflüchte hielten dem Ansturm der Leidenschaft nicht stand. Unweigerlich landeten die beiden auf dem Küchenboden oder an die Spüle gepreßt. Wenn sich der Sturm gelegt hatte, fiel Thor dann plötzlich ein, was er an diesem Tag noch alles tun mußte, und er stieg eilig in seine Kleider, packte seine Bücher, küßte seine Frau und rannte mit fliegenden Hemdzipfeln zur Tür hinaus.
    Patty Jane kletterte, tonlos vor sich hin summend, wieder in ihr Bett und genoß den Geruch ihres Mannes – eben noch ein Aphrodisiakum, jetzt ein Mittel zu sanftem Schlummer – an ihrem Körper.
    Gegen neun pflegte sie aufzustehen, sich ein Bad einlaufen zu lassen und Kaffee für Harriet zu machen, die gewöhnlich auf ihrem Weg zur Arbeit in Donaldsons Warenhaus auf einen Sprung hereinschaute.
    Eines Tages brachte Harriet, die einen kleinen Flirt mit dem alten Mr. Vogstad, dem Bäcker, unterhielt, eine Tüte warme Karamelschnecken mit.
    Â»Oh! Gib her!« sagte Patty Jane und riß die weiße Tüte auf.
    Â»Ein halbes Dutzend für fünf Cents«, sagte Harriet. »Ich glaube, der alte Knabe mag mich.«
    Patty Jane goß den Satz von Thors Kaffee weg. Ihre Mutter hatte, um Geld zu sparen, immer wieder denselben Kaffeesatz verwendet, bis das Gebräu, das in der Maschine blubberte, wie Spülwasser aussah. Jetzt waren die Schwestern in ihren Kaffeegewohnheiten verschwenderisch; Aufwärmen oder Wiederverwendung von Kaffeesatz waren verboten.
    Sie setzten sich zusammen an den Tisch und gaben sich in der Augustsonne, deren Licht in Blockmustern auf den Boden fiel, den Wohlgerüchen der Bäckerei und des frischen Kaffees hin.
    Â»Gottverdammich – ich meine, dingeling, sind die gut«, sagte Patty Jane nach dem ersten Biß in eine dick glasierte Schnecke.
    Â»Dingeling?« fragte Harriet lachend. Sie riß eine Schnecke auseinander und bestrich sie mit Butter. »Gehört das zu deiner Kampagne für saubere Sprache?«
    Ein paar Abende zuvor hatte Patty Jane Ione zu Nudelsalat eingeladen und war mitten im Erzählen einer Geschichte gewesen, die sie sehr komisch fand.
    Â»... Da schaut der Busfahrer den Bauern an und sagt: ›Und deine verdammten Hühner schaffst du gefälligst aus meinem Bus.‹ Worauf der Bauer sagt –«
    Ione legte Messer und Gabel neben ihrem Teller nieder und entschuldigte sich.
    Â»Was ist denn los?« fragte Patty Jane, als sie sah, daß ihre Schwiegermutter zielstrebigen Schritts durch den Flur zum Badezimmer ging. Sie schnupperte an der Schüssel mit dem Nudelsalat. »Ich hab doch hoffentlich die Mayonnaise nicht zu lange draußen stehen lassen.«
    Â»Die Mayonnaise ist ganz in Ordnung, Patty Jane«, sagte Thor. Er zog mit den Zinken seiner Gabel ein Karomuster auf die Tischdecke. »Es ist nur, weil sie ... na ja, sie mag keine anzüglichen Geschichten, und sie kann
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher