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Patty Janes Frisörsalon

Patty Janes Frisörsalon

Titel: Patty Janes Frisörsalon
Autoren: Lorna Landvik
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Patty Jane und Harriet teilten sich ein Klappbett in Louises kleiner, düsterer Wohnung und bemühten sich, ihrer Tante so weit wie möglich aus dem Weg zu gehen. Beim Flicken oder Zubereiten ihres bitteren schwarzen Tees gab Louise gern Bemerkungen wie »Gott hat mir einen Trinker zum Bruder gegeben, und dann hat er mir die beiden Kinder des Trinkers geschickt« von sich.
    Am Tag nach der Abschlußfeier bekam Patty Jane einen Job als Fakturistin bei der Getreidebörse, und am Ende des Sommers hatte sie genug Geld beisammen, um mit Harriet aus Tante Louises Wohnung auszuziehen und sich eine eigene zu nehmen. Dort lebten die Schwestern drei Jahre zusammen, bis zu Patty Janes Heirat.
    Doch an diesem warmen Augustmorgen in Patty Janes Küche schien all ihr Ungemach weit hinter ihnen zu liegen. Sie meinten, ihr Maß an schweren Zeiten erschöpft zu haben, und waren überzeugt, daß auf die schlimme Kindheit zum Ausgleich ein herrliches Erwachsenenleben folgen würde.
    Das einzige Haar in der Suppe war, soweit Harriet sehen konnte, Patty Janes Beharren darauf, daß sie schwanger sei.
    Â»Was sagt denn Thors Mutter zu dieser Nachwuchsidee?« fragte sie.
    Â»Es ist keine Idee, Harriet. Aber Thor meint, ich soll es ihr vorläufig nicht sagen.«
    Â»Klar, wozu auch falsche Hoffnungen wecken.« Harriet schüttelte den Kopf. Ihre Schwester war sonst immer so vernünftig. »Schau dich doch mal an«, sagte sie, es mit einer anderen Taktik versuchend. »Du bist beinahe so dürr wie ich.«
    Patty Jane schälte eine Spirale von ihrer Karamelschnecke und stopfte sie sich in den Mund. Harriet beobachtete ihre Schwester voller Unwillen; in Auflehnung gegen ihre Eltern und die hastig an Theken oder im Auto verschlungenen Mahlzeiten hatten sie und Patty Jane sich bemüht, gute Tischmanieren an den Tag zu legen.
    Â»Ich habe einen Riesenappetit«, erklärte Patty Jane kauend, »aber ich habe fast vier Pfund abgenommen.«
    Â»Na bitte«, sagte Harriet. »Wenn man ein Kind erwartet, nimmt man doch zu.«
    Â»Anfangs vielleicht nicht. Ach, gib mir doch mal den Zukker rüber, ja?«
    Harriet sah zu, wie ihre Schwester etwa ein Viertel des Zuckers in der Dose in ihre Kaffeetasse löffelte. »Und was ist mit der Tante?«
    Â»Harriet«, sagte Patty Jane mit einem breiten Lächeln, »ich hab die Tante seit der Woche vor der Hochzeit nicht mehr gesehen.«
    Harriets Herz klopfte schneller. Sie holte tief Atem. »Na ja, bei uns kommt die Periode doch immer unregelmäßig. Weißt du noch, in meinem letzten Schuljahr, da hatte ich sie nur dreimal? Und die Schulschwester hat gesagt, ich sollte mir deswegen nur keine Sorgen machen.«
    Â»Harriet, ich spüre den Unterschied. Warum will mir keiner glauben, daß ich ein Kind bekomme?«
    Â»Warum gehst du nicht mal zum Arzt und läßt es feststellen?«
    Patty Jane zuckte die Achseln. Weshalb sollte sie jemanden dafür bezahlen, daß er ihr etwas sagte, was sie bereits wußte? Sie nahm einen Schluck von ihrem zuckersüßen Gebräu und schauderte. Sie trank ihren Kaffee normalerweise schwarz und ohne Zucker.

2
    DIE Liebe blühte in diesem Jahr für beide Schwestern. Im Oktober, als sie mit einer Tüte gezuckerter Donuts aus Vogstads Bäckerei trat, begegnete Harriet einem Mann, den sie sich nicht einmal zu erträumen gewagt hatte, dem Märchenprinzen hoch zehn: Avel Ames III.
    Er kutschierte in seinem nagelneuen austergrauen Packard Patrician die Minnehaha Avenue hinunter, als er Harriet erblickte. Innerhalb einer Millisekunde sandte sein Gehirn dringliche Signale an die Hände am Lenkrad und den Fuß auf dem Gaspedal: Fahr rüber und halt an. Bei dem plötzlichen Manöver wurde ihm von einem vorüberkommenden Wäschereilieferwagen beinahe die Stoßstange abgerissen, und ein Hupkonzert begleitete ihn, als er zum Bordstein hinüberscherte, mit den Reifen daran entlangschrammte und ein gutes Stück Profil abscheuerte.
    Harriet schüttelte den Kopf. Diese kopflose Art Auto zu fahren war ihr nur allzu vertraut. Sie hatte schließlich jahrelang ihrem Vater zugesehen, wenn er, nachdem alle Kneipen geschlossen hatten, mit seinem verbeulten Studebaker in die Einfahrt vor dem Haus geschlingert war und Mülltonnen und Holzstöße mitgenommen hatte, einmal sogar eine Ecke der Garage.
    Solchen Leuten müßte man das Fahren einfach verbieten, dachte
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