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Patty Janes Frisörsalon

Patty Janes Frisörsalon

Titel: Patty Janes Frisörsalon
Autoren: Lorna Landvik
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seiner Tätigkeit inne, um das Auto zu bewundern, dem Avel und Harriet entstiegen. Er ließ einen langgezogenen Pfiff hören, und Harriet wollte sich schon über seine Unverschämtheit aufregen, als sie erkannte, daß er wegen des Wagens gepfiffen hatte.
    Â»Gefällt er Ihnen?« fragte Avel und strich mit der Hand über die Motorhaube.
    Â»Der ist eine Pracht«, sagte der Mann nickend, in den Augen, wie Harriet sah, den ekstatischen Blick, den Frauen beim Anblick von Babys bekommen und Männer beim Anblick erstklassiger Maschinen. »Ich hatte mal einen Model T.« Sein breiter Mund war zahnlos.
    Â»Ach was?« sagte Avel. »Ford baut gute Autos. Wie heißen Sie, alter Freund?«
    Â»Joe«, antwortete der Mann.
    Avel griff in seine Hosentasche und zog seinen Schlüssel heraus. »Hier, Joe. Machen Sie eine kleine Spritztour.«
    Die Schlüssel funkelten, als sie in einem Bogen in die offene Hand des Mannes flogen.
    Harriet unterdrückte den Impuls, Avel an die Stirn zu fassen; er konnte doch nur im Fieberwahn sein.
    Â»Na, machen Sie schon«, sagte Avel. »Meine Freundin und ich machen ein kleines Picknick. In anderthalb Stunden treffen wir uns hier wieder.«
    Der Mann erwachte aus seiner Benommenheit und rannte zu dem Packard wie ein kleiner Junge, der unter dem Weihnachtsbaum eine Modelleisenbahn entdeckt hat. Harriet hielt die Tüten mit dem Essen fest an ihre Brust gedrückt, während sie verfolgte, was sie für einen schweren Fehler hielt.
    Â»Halleluja«, sagte Joe und sprang in den Wagen. Er ließ den Motor an und setzte elegant zurück. »Danke, Mister.« Keß winkte er mit zwei Fingern. »Bis in anderthalb Stunden dann.«
    Sie blickten dem Packard nach, als er sich in den Verkehr auf der Lake Street einreihte.
    Â»Avel«, sagte Harriet gedämpft. »Verabschieden Sie sich von Ihrem Auto.«
    Avel sah sie an und lächelte. »Ich habe dem Mann nicht mein Auto geschenkt, ich habe ihm mein Vertrauen geschenkt, Harriet. Er kommt wieder.«
    Â»Na klar.«
    Avel nahm ihr eine der Tüten ab und zog sie mit sich zum grasbewachsenen Seeufer. »Ach, Harriet, dieser Mann ist mir im Moment so dankbar, er war ja ganz vernarrt in das Auto, haben Sie das nicht gesehen? Wetten, er läßt mir den Wagen sogar noch von den Pennys, die er für seine nächste Flasche Mogen David zusammengespart hat, polieren, ehe er ihn zurückbringt.«
    Harriet, die sich der Euphorie erinnerte, die das Gesicht des Penners in das eines Mannes, dem die Welt zu Füßen liegt, verwandelt hatte, versuchte, ihren Zynismus in der Flut von Avels Vertrauen zu ertränken, doch wie eine Boje schnellte er immer wieder hoch.
    Â»Zwanzig Dollar, daß Sie Ihr Auto zum letzten Mal gesehen haben.«
    Â»Abgemacht«, sagte Avel, und sie gaben einander die Hand darauf.
    Enten watschelten in der Hoffnung auf freundliche Spenden am Seeufer umher, und Avel und Harriet saßen im Gras, neben sich die Behälter mit Hühner-Chow-Mein und geröstetem Reis, und beobachteten sie. Sie saßen an den dicken Stamm einer massigen Eiche gelehnt, von der, wenn ein Windstoß durch sie hindurchfuhr, die Blätter wie Konfetti auf sie herabregneten.
    Â»Ich dachte immer, das Schicksal hätte mir eine blonde Frau zugedacht«, bemerkte Avel. Er hielt Harriets Hand, die größer war als seine. »Meine Traumfrau sollte eigentlich klein und mollig sein. Eine Südstaatlerin wahrscheinlich, aber im Osten erzogen, und mit einer Stimme, die am Ende des Satzes langsam ausschwingt. So-o-o-o.« Seine Stimme klang in einem gedehnten Vokal aus. »Aber da sehe ich Sie plötzlich durch die Windschutzscheibe – groß und dünn und dunkel, mit einem Pferdeschwanz, der wie eine Fontäne dem Kopf entspringt, und in einem Rock, der mehr Knie zeigt, als er eigentlich sollte –, und da sagt plötzlich was in mir, aufgepaßt, Avel, das ist sie.«
    Harriet zog an ihrem Rocksaum. »Ich zeige nicht mehr Bein als jedes andere Mädchen in meinem Alter.«
    Avel lachte. »Sie sind süß, Harriet.«
    Es gab wildes Flügelschlagen, als ein Hund seinem Herrn davonlief, um die Enten zu jagen. Harriet stieß Avels Hand weg und sprang auf.
    Â»Hey!« schrie sie. »Weg von den Enten!«
    Der Golden Retriever machte am Wasserrand halt und drehte sich mit höhnisch hochgezogenen Lefzen nach Harriet um, als wollte er sagen,
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