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Patty Janes Frisörsalon

Patty Janes Frisörsalon

Titel: Patty Janes Frisörsalon
Autoren: Lorna Landvik
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ausgebracht werden, und dann werde ich meiner Mutter einen Quilt aus fünfunddreißig Quadraten überreichen, den die Gemeinde der Flotten Locke entworfen und genäht hat. Die Qualität der Handarbeiten reicht von »erstklassig« bis »danke, daß Sie mitgemacht haben«. Iones Quadrat ist natürlich eine Pracht, die Darstellung einer Laterne auf einem Tisch. Ein helles Dreieck aus gelber Gaze, das wie ein Lichtkegel aussieht, entpuppt sich bei näherem Hinsehen als Herz. Winzige, gleichmäßige Stiche halten jedes Stückchen Stoff fest, und unten steht, in schöner Schrift gestickt: »Oh, das Licht in unseren Herzen.«
    Inky Kolstat hat einen Scherenschnitt von Patty Jane gemacht, aber er sieht eher aus wie das Profil eines Wasserbüffels, und Dixie, die überhaupt nicht nähen kann, hat einfach mit Wäschetinte geschrieben: »Ich danke dir für deine Freundschaft.«
    Nach der Überreichung des Quilt soll ich meine Rede halten.
    Meine Rede. Die Arbeiten, die ich für mein Examen geschrieben habe, waren leichter. Ich habe stundenlang dagesessen, in meinem Zahnarztsessel zurückgelehnt, und gegrübelt, was ich sagen soll. Erst wollte ich darüber sprechen, wie ich heim zu Mama gekommen bin anstatt zu einem Ehemann. Aber diesen Einfall habe ich wieder fallengelassen, weil meine Mutter empfindlich reagiert, wenn es um die fehlende »Zündflamme« in meinem Leben geht. Mehr als alles andere wünscht sie mir einen Clyde Chuka oder Avel/Reese in meinem Leben.
    Â»Mama«, sagte ich, »es ist sexistisch zu glauben, daß eine Frau ohne einen Mann keine Erfüllung finden kann.«
    Â»Ach, Nora«, gab Patty Jane zurück, »ich möchte doch nur nicht, daß du die schweren Stürme allein durchstehen mußt.«
    Ich dachte daran, die Frage zu stellen: »Wer ist Patty Jane?« und dann einige der witzigeren Fakten aus der Biographie meiner Mutter aufzuzählen: sie hat in ihrem ganzen Leben nur ein einziges Loch im Zahn gehabt, obwohl sie Süßigkeiten in Mengen verdrückte; sie fing an Basketball zu spielen, als Clyde Chuka für Harry einen Korb aufhängte, und hat seitdem jedes Spiel gewonnen; und sie hat sich nie von meinem Vater scheiden lassen.
    Â»Ich fand, damit wären mehr Bande als notwendig zerschnitten worden«, erklärte sie. »Clyde Chuka und ich brauchen keinen Trauschein, wozu also das ganze Theater?«
    Ione lächelte. »Sie möchte gern, daß ich ihre Schwiegermutter bleibe.«
    Ich kritzelte zwei Kanzleiblöcke voll, aber als ich las, was ich geschrieben hatte, stellte ich fest, daß ich nicht viel gesagt hatte. Am Ende war es ein Brief von Avels Schwester Esme, der mir als Aufhänger für meine Worte diente. Esme reist seit Jahren auf einer »spirituellen Odyssee«, wie sie es nennt, durch die Welt. Ione und die Fitches trafen sie vor zehn Jahren einmal in Kalkutta. Den Nachsatz in ihrem letzten Brief werde ich heute abend in meiner Rede an meine Mutter verwenden.
    In dem olivgrünen Seidenkleid, das Ione mir für diesen Anlaß genäht hat, werde ich auf das Podium steigen. Ich werde das beifällige Gemurmel hören und wahrscheinlich die Stimme Inky Kolstats, die wie immer sagen wird: »Also, sie hat in Hollywood eindeutig die falsche Karriere gewählt.« Ich werde in die Gesichter der Frauen blicken, die das Glück hatten, einen Ort zu finden, wo sie nicht nur sprechen konnten, sondern auch gehört wurden. Ich werde in die Gesichter der Menschen blicken, die ich liebe, und an den Nachsatz denken, den Avel Ames’ achtzigjährige Schwester aus einer Wellblechhütte in Nepal geschrieben hat.
    Manchmal lache ich über mich, eine dumme alte Frau, die Gott in mächtigem Beschwörungszauber sucht. Aber dieses Lachen ist mit Bitterkeit gemischt, weil ich heute weiß, daß ich Gott vielleicht vor meiner Haustür gefunden hätte, wenn ich die Menschen geliebt hätte, die versucht haben, mich zu lieben.
    Dann werde ich mich Tante Harriets Harfe und Patty Jane zuwenden und den letzten Teil dieses Nachsatzes zitieren: »Himmelherrgott, man braucht doch nur einem Menschen ins Gesicht zu blicken, den man liebt, um einen Riesenbrokken Gott zu finden.«
    Ich weiß, daß wir dann weinen werden, aber es wird sich Gelächter einschleichen, so wie Tränen uns oft den Spaß verdorben haben. Und wenn wir uns dann alle gründlich geschneuzt
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