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Der Schatz in der Drachenhöhle

Der Schatz in der Drachenhöhle

Titel: Der Schatz in der Drachenhöhle
Autoren: Stefan Wolf
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1. Das Bilderrätsel des Ganoven
     
    Es war früher Nachmittag, als Tarzan
mit seinem Paket unterm Arm das Sportgeschäft verließ. Ungezählte Menschen
bevölkerten die Fußgängerzone. Straßenmusikanten wetteiferten um die Gunst des
Publikums — und mehr noch um Mark- oder 50-Pfennig-Stücke. Die Sonne schien vom
wolkenlosen Sommerhimmel. Die Thermometer zeigten 30 Grad im Schatten an.
    Tarzan fiel in leichten Trab — nicht
weil er’s besonders eilig hatte, sondern weil es seinem üblichen Tempo
entsprach.
    An der Ecke zur Friedrichstraße schien
irgendwas los zu sein. Männer rannten. Passanten blieben stehen und verdrehten
die Hälse. Jetzt sah er drei, vier... nein, fünf Polizisten, die nach dem
schrillen Pfiff aus einer Signalpfeife plötzlich losflitzten.
    Und noch einer flitzte: ein großer,
schwarzhaariger Kerl im hellen Anzug. Er hatte Vorsprung. Er hielt auf den
Stadtpark zu, die Grünoase der City (Innenstadt), und sprintete, daß die
Fetzen flogen.
    Den kriegen sie nie, dachte Tarzan.
Aber ich könnte ihn einholen und...
    Im selben Moment wurde er von hinten
gerempelt. Sein Paket flog zu Boden. Ein vollschlanker Polizist keuchte auf
stämmigen Beinen vorbei — offenbar mit Höchstgeschwindigkeit. Trotzdem würde er
als letzter ins Ziel kommen.
    Nur Mut! Tarzan grinste. Dabeisein ist
alles. Auch für einen Beamten.
    Er wollte sich bücken — zu seinem
umfangreichen Paket und sah gerade noch den Schatten neben sich. Dann segelte
der Mann im unfreiwilligen Hechtsprung durch die Luft.

    Platsch! Er landete hart auf dem Bauch.
    Tarzans Paket, über das er gestolpert
war, rutschte ein Stück weiter.
    „Verdammt!“ brüllte der Unglücksrabe. „Das
ist Behinderung einer Polizeiaktion, verdammter Bengel.“
    Wütend raffte er sich auf — mit
zerschundenen Handflächen und einem Loch in der Hose, direkt überm Knie.
    In seinem roten Gesicht war der kleine
Mund wie eine Pistolenmündung.
    „Das hast du mit Absicht getan!“ schrie
er Tarzan an.
    „Was soll sich denn getan haben? Einer
Ihrer Leute hat mir eben das Paket aus der Hand gestoßen. Und Sie sind darüber
gestolpert. Tut mir leid, Herr Lukas. Aber das ist nicht meine Schuld.“
    Kommissar Lukas war anzusehen: Am
liebsten hätte er Tarzan geohrfeigt. Statt dessen besann er sich auf seine
Pflicht und rannte den andern nach.
    Hab’ mich geirrt, dachte Tarzan. Nicht
der dicke Polizist wird letzter, sondern Lukas. Und dabei wäre er doch sooo
gern immer und überall der erste.
    Er kannte den Kripo-Kommissar flüchtig
— eigentlich nur vom Sehen. Aber er wußte, was man sich über ihn erzählte.
Lukas gehörte zu denen, die man am besten vergißt. Bei seinen Untergebenen war
er so beliebt wie eine ansteckende Krankheit.
    Jetzt rannte er — weit abgeschlagen — dem
Flüchtenden nach, und einige Spaßvögel, die den Vorgang offenbar für Jogging (Dauerlauf) hielten, feuerten ihn an.
    „Eins, zwei... eins, zwei... Tief
durchatmen! ... Nicht nachlassen...“
    Tarzan lachte und hob sein Paket auf.
Sturz oder harte Behandlung konnte den Inhalt nicht gefährden: Packsäcke aus
Gummistoff. Er klemmte es sich unter den Arm und trabte in Richtung Stadtpark —
nicht aus Neugier, sondern weil dort sein Drahtesel stand.
    Die Menschenmenge — eben noch
aufgescheucht, langhälsig und erpicht auf ein Schauspiel — gewann ihren
Rhythmus zurück: Man schlenderte gemächlich, größtenteils, glotzte in
Schaufenster, und die Soft-Eis-Verkäufer hatten Hochkonjunktur (gute
Wirtschaftslage).
    Der Stadtpark, eine weitläufige
Grünanlage, war stellenweise fast dschungeldicht. Büsche und Bäume bildeten
lebende Wälle. Es gab einen Kinderspielplatz, eine Tennisanlage, zwei Teiche
mit Goldfischen und Karpfen sowie eine Tummelwiese für Hunde nebst
dazugehörigem Hunde-Klo. Umfriedet war das ganze von einem ziemlich alten,
ziemlich hohen schmiedeeisernen Zaun, den bedrohliche Spitzen krönten. Es gab
fünf Eingänge.
    Der Südeingang, dem Tarzan sich jetzt
näherte, war fest in Polizeigewalt.
    Ein Streifenwagen parkte schräg zum
Bordstein. Zwei Uniformierte spähten teils am Zaun entlang, teils auf die
Kieswege unter schattigen Bäumen. Offenbar sollten sie auf dieser Seite
verhindern, daß der Geflüchtete entkam. War er im Park?
    Kommissar Lukas stand bei den
Polizisten, rieb sich das Knie und hielt in der anderen Hand den Hörer eines
Sprechfunkgeräts. Das Kabel führte in den Streifenwagen, dessen Beifahrertür
geöffnet war.
    Tarzan hörte, wie Lukas sagte:
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