Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Schatz in der Drachenhöhle

Der Schatz in der Drachenhöhle

Titel: Der Schatz in der Drachenhöhle
Autoren: Stefan Wolf
Vom Netzwerk:
Singvögel verstummten.
    Dann sagte Plotzka: „Haste wieder was
für mich, Gierke?“
    Gemeint war ein Auftrag, denn Gierke
zog den Rockerhäuptling öfters für kleine Gaunereien heran. Bei Einbrüchen,
beispielsweise, standen die Höllenengel Schmiere. Und wenn irgendwer
fürchterlich verprügelt werden sollte, war das ebenfalls ein Job für sie.
    „Im Moment nicht.“ Gierke blickte
finster und scheuerte wieder die Backenzähne aufeinander. „Habe lausigen Ärger.
Wollte einen Kumpel treffen. Drüben in der Fußgängerzone. Wie ich hinkomme,
wimmelt es von Polypen. Sehe gerade noch, wie Slansky die Kurve kratzt. Aber
sie haben ihn erwischt. Hier, im Park. Jetzt ist er so.“
    Er hielt die Hände vor sich, als wären
sie gefesselt.
    „Den haben wir gesehen“, sagte Rosa
aufgeregt. Für einen Moment unterbrach sie ihre Haarpflege. „So ‘n Dunkler mit
Knautschgesicht. Beim Denkmal dort haben sie ihn hochgenommen. Armer Kumpel,
der Kumpel.“
    Gierke starrte in ihr rundes
Puppengesicht. Sie hatte braune, ziemlich kleine Augen, eine Stupsnase mit
Sommersprossen und einen gewaltigen Mund: fast so breit wie die Backen. Sie
könne, wurde behauptet, eine Banane der Länge nach durchbeißen — mit einem
Haps! Freilich — wer das laut äußerte, bezog von Plotzka Dresche.
    „Was?“ rief Gierke. „Ihr habt das
beobachtet?“
    Plotzka sagte: „Bevor sie ihn
erwischten, hat dein Kumpel was weggeworfen.“
    „Weggeworfen?“ schrie Gierke. „Wohin?“
    „In den Müllbehälter beim
Käsebierdenkmal.“
    Gierke sprang auf.
    „Brauchst dich nicht zu bemühen“, sagte
Rosa und kämmte sich mit Andacht. „Den Papierkram hat schon ein anderer.“
    Gierke stampfte in den Sand, blickte
den Weg hinauf und hinab, hakte die Daumen in den Bund seiner modischen
Sommerhose und hob die Oberlippe.
    „Ihr“, sagte er, „habt also... gesehen,
daß Slansky Papier... Papierkram... in die Mülltonne warf. Und das... dieses
Papier... hat jetzt ein anderer.“
    „Mann, regst du dich auf!“ sagte
Plotzka. „Ist es denn so wichtig?“
    „Wichtig?“ schrie Gierke. „Davon hängt
meine Zukunft ab. Davon... Aber das braucht ihr nicht zu wissen. Wer hat das...
äh... Papier?“
    „Ein Junge“, antwortete Rosa. „Scheint
so, der hat es zufällig gesehen. Hat’s rausgenommen, eingesteckt und ist dann
damit weg. Ist einer von den eingebildeten Affen aus der Internatsschule — draußen
vor der Stadt. Die denken ja alle, sie wären was Besseres. Affen! Von denen
tanzt keiner mit mir in ‘ner Disko. Und...“
    „Wer ist dieser Junge?“ wurde sie von
Gierke unterbrochen. „Kennt ihr ihn?“
    „Rainer kennt ihn“, sagte Rosa. „Mann,
dich hat wohl ein Zeisig gerammt? Weshalb denn so aufgeregt?“
    „Rainer, wer ist der Kerl?“ heulte
Gierke.
    „Sie nennen ihn Tarzan. Ist noch nicht
14, sieht aber wie 16 aus. Großes Kaliber.“
    „Rainer!“ Gierkes Ton wurde
beschwörend. „Nimm deinen Geist zusammen! Überlege! Wie hat dieser Tarzan sich
verhalten? Hat er das Papier... gelesen... studiert? Was meint ihr: Bringt er
es der Polizei oder... Nein, natürlich nicht! Der weiß ja nicht, von wem es
stammt und was es damit auf sich hat. Gott sei Dank! Dachte schon, alles wäre
verloren. Na“, er schlug sich auf die Schenkel, „dem Boy das abzunehmen, dürfte
ja ein Kinderspiel sein.“
    Plotzka schwieg.
    „Was ist?“ fragte Gierke.
    „Also, wenn du mich fragst: Dem das
Papier abzunehmen — leicht ist das nun auch wieder nicht.“
    „Wieso? Mit knapp 14 ist der noch ein
halbes Kind.“
    „Ich weiß nicht. Wenn du mit dem zu tun
kriegst, Gierke, änderst du deine Meinung. Der hat in der Stadt schon mehr
blaue Flecke verteilt, als Rosa Sommersprossen hat. Er macht sich stark für
die, die sich nicht wehren können. Ist so einer mit ‘nem hilfsbereiten Tick.
Allerdings... wo der hinlangt, wächst kein Unkraut mehr. Ist unheimlich
kräftig, der Typ. Und einer der besten Judokämpfer weit und breit.“
    „Rainer, Mensch! Der Boy ist 14, nicht
mal! Und du! Rainer, 500 Mark auf die Hand, wenn du mir heute noch die Papiere
— eine Zeichnung und das Foto einer Frau — besorgst! 500 Eier! 500 Piepen!“
    Ein Zucken lief über Plotzkas grobes
Gesicht. Er lutschte an den Lippen, grinste unsicher und schob dann den Kiefer
vor.
    „Gemacht, Gierke. Kriegst das Zeug. Ich
wette, der Kerl ist zum Internat zurück. Er muß über die Landstraße. Immerhin
ist das ein Stück. Da hole ich ihn ein. Und dann... Mit dem, weißt du, habe
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher