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Patty Janes Frisörsalon

Patty Janes Frisörsalon

Titel: Patty Janes Frisörsalon
Autoren: Lorna Landvik
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bezahlt – an Patty Janes Finger. Am unteren Knöchel blieb er hängen, und einen Moment lang wurde gezogen und gezerrt, ehe er schließlich den Weg zu seinem Platz fand.
    Patty Jane kicherte und sagte laut flüsternd: »Puh!«
    Ione glaubte, nach dem Tausch der Ringe sei der Gottesdienst vorbei, und war überrascht, als Harriet zu singen begann. Ihre Stimme war klar und kräftig. Volltönend stieg sie zum Dach der Kirche hinauf:
    Â»So singe meine Seele
    Dir mein Gott und Herr,
    Denn du bist groß,
    Denn du bist groß.«
    Ione starrte Patty Janes Schwester an und klappte nach einem Moment verlegen ihren Mund zu, der offen gestanden hatte. Die wenigen Male, die sie Harriet begegnet war, hatte sie sie immer ordinär und billig gefunden, die Sorte Frau, die Männer flennend in einem Motelzimmer irgendwo am Straßenrand zurückließen, die Sorte Frau, die mitten am Nachmittag in einer Kneipe hockte und Bier aus der Flasche trank. Aber Ione glaubte, daß Talent eine Gottesgabe sei und daß jeder, der sein Talent nutzte, ein Licht in sich trage. Sie war überzeugt, während sie Harriets Jubilieren lauschte, daß diese Frau innerlich von Kopf bis Fuß leuchtete.
    Pastor Schulberg überlegte, ob er zum Abschluß einen persönlichen Segen sprechen sollte, ehe er das Paar zu Mann und Frau erklärte. Das war nicht eine seiner besten Trauungen gewesen; er hatte gern ein großes Publikum, das die Bänke füllte, und es fiel ihm schwer, angesichts einer Gruppe von vier Leuten zu seiner Form zu finden, zumal der Bräutigam so unsympathisch war. Pastor Schulberg war der Meinung, es sei von Übel für einen Mann, so gut auszusehen; aus dem Gesicht dieses Thor sprach das Werk des Teufels; es diente dem Hochmut, der Eitelkeit und der fleischlichen Lust. Daß Pastor Schulberg ein fliehendes Kinn hatte und Gewichtsprobleme, die ihren Niederschlag in seinen Hüften und seinem Gesäß fanden, hatte mit seinen Ansichten über das rechte christliche Aussehen natürlich nichts zu tun. Diese beiden waren nicht einmal Mitglieder seiner Gemeinde – wie konnte man von ihm erwarten, praktisch Fremden eine bewegende Trauungszeremonie zu bereiten? Sie hatten miteinander telefoniert und sich in der Woche zuvor einmal kurz getroffen, aber das Paar hatte Pastor Schulbergs Einladung, sich in die Herde seiner Schäfchen einzureihen, abgelehnt.
    Â»Eine bessere Gemeinde werden Sie nicht finden«, hatte er gesagt, als sie in seinem Büro Platz genommen hatten.
    Â»Oh, das glaube ich«, sagte Thor, »aber mit Respekt gesagt, wir suchen eigentlich auch keine.«
    Obwohl sie für die Feier schon bezahlt hatten, hätte Pastor Schulberg sie am liebsten auf der Stelle nach Haus geschickt.
    Und jetzt stand da diese schamlose Person mit einem Dekolleté, das für ein Nachtlokal gewagt gewesen wäre, geschweige denn für eine Kirche, und sang eine seiner Lieblingshymnen:
    Â»Denn du bist groß.
    Denn du bist groß.«
    Es blieb einen Moment ganz still, nachdem die letzten Schwingungen von Harriets Stimme in den Sommerlüften verklungen waren. Dann räusperte sich Pastor Schulberg.
    Â»Nun gut«, sagte er mit einem kurzen Hüsteln, »dann erkläre ich Sie hiermit kraft meines Amtes zu Mann und Frau.«
    Später an diesem Tag, als sie in ihrem Zimmer im Leamington Hotel in ihrem Bett lagen, schenkte Thor Patty Jane ihr viertes Glas Champagner ein. Patty Jane hatte noch nie Champagner getrunken und fand, daß die sprudelnden Bläschen für den sauren Geschmack mehr als entschädigten.
    Â»Auf uns«, sagte sie und stellte sich, das Glas zum Toast erhoben, mit wackligen Beinen im Bett auf.
    Â»Auf uns haben wir schon getrunken«, sagte Thor, dem Champagner ausweichend, der aus Patty Janes Glas schwappte.
    Â»Oh, entschuldige! Dann auf den Mann am Empfang.« Sie stemmte eine Hand in die Hüfte und leerte ihr Glas mit einem Zug. Dann schleuderte sie es mit gut durchtrainiertem Arm an die Wand gegenüber, wo es allerdings nicht zersprang, sondern abprallte und auf den dunkelgrünen Teppich fiel.
    Â»Donnerwetter«, sagte sie, »es ist nicht zerbrochen.« Sie ließ sich neben Thor aufs Bett fallen. Der gerüschte Saum ihres hauchdünnen schwarzen Negligés umspielte ihre Knie wie ein Kranz von Blütenblättern. Mit großen lichtbraunen Augen sah sie Thor an.
    Â»Ist das zu glauben, das
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