Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Patty Janes Frisörsalon

Patty Janes Frisörsalon

Titel: Patty Janes Frisörsalon
Autoren: Lorna Landvik
Vom Netzwerk:
Grandma Ione, als sie mir die Stapel von Müslipackungen zeigte, die sie unter ihrem Bett hatte, »aber ein Verkäufer im Lebensmittelgeschäft hat mir gesagt, die Mighty Bites sind weggegangen wie warme Semmeln. Anscheinend wollte jeder meinen Sohn an seinem Frühstückstisch haben.«
    Als ich meinen Vater schließlich kennenlernte, wollte ich ihn auf keinen Fall an meinem Frühstückstisch oder sonstwo in meiner Nähe haben. Als Teenager suchte ich die Antworten auf die großen Fragen im Tiger Beat und in der Seventeen , aber diese Zeitschriften brachten keine Artikel, die mich gelehrt hätten, den Mann zu lieben, der einmal Thor Rolvaag gewesen war.
    Am Ende nahm ich mir Clyde Chuka, Grandma Ione, Tante Harriet und vor allem Patty Jane zum Vorbild. Sie waren schließlich viel häufiger und durch viel härtere Schläge in die Knie gezwungen worden als ich und hatten trotzdem die Kraft gefunden, sich wieder hochzurappeln
    Â»Schatz, das Leben kann ein Walzer sein«, belehrte mich meine Mutter, »und es kann voller Scheiße sein. In beiden Fällen mußt du aufpassen, wo du hintrittst.«
    Patty Jane hat einen Schatz an »Lebensmaximen«, und einige davon sind nicht mal ordinär.
    Ihr persönliches Lieblingswort, »Erwarte das Unerwartete«, ist seit langem die Parole der Flotten Locke , mit dem Zusatz »und dazu einen guten Haarschnitt«.

I

1
    PATTY Jane Dobbins Hochzeitskleid war perlmuttrosa und aus so hochwertigem Reyon, daß es im richtigen Licht wie Satin aussah. Sie hatte es selbst genäht, und obwohl der Saum mäanderte, als hätte er seinen eigenen Kopf, und der eine Ärmel gut zweieinhalb Zentimeter kürzer war als der andere, konnte dieser Dilettantismus dem strahlenden Glanz der Braut keinen Abbruch tun. Das nach italienischer Art kurzgeschnittene braune Haar unter dem Strohhut ringelte sich durch die Luftfeuchtigkeit. Ihr Gesicht war ungeschminkt bis auf den pinkfarbenen Lippenstift, der bis zum Ende der Trauungszeremonie größtenteils abgenagt war. Sie war einundzwanzig Jahre alt und sprudelte vor Leben.
    Sie und ihr Bräutigam, Thor Rolvaag, standen an jenem Julitag im Jahre 1953 vor dem Altar der Lutherischen Kirche zum Guten Hirten, und während Pastor Schulberg Thor die vielen Pflichten aufzählte, die er als Ehemann auf sich nehmen würde, wischte Patty Jane den Schweiß unter ihrer Nase weg und hoffte, die im Kleid eingenähten Schweißblätter würden ihre Pflicht tun.
    Die Sonne draußen war feurig. Ihre Hitze sog alle Farbe aus dem Himmel, erweichte den Teerbelag der Straße, so daß man mit den Absätzen einsank, und trieb die Briefträger unter schattenspendende Bäume und auf die Veranden der Häuser, wo mitfühlende Hausfrauen sie mit kalter Zitronenlimonade versorgten.
    Die Kirchenfenster waren geöffnet, und Patty Jane konnte das Morsen der Bienen hören, ein kurzes zorniges Staccato, durchbrochen von langen, tiefen Summtönen. Feuchtigkeit klebte auf ihrer Haut wie schwere Seide, und sie hatte aufgehört zu zählen, wie oft Pastor Schulberg an seinem steifen Kragen zog.
    Ihre Schwester Harriet stand mit einem müden Strauß aus Zinnien, blauem Phlox, Amaryllis und Margeriten in der Hand an ihrer Seite. Sie und Patty Jane hatten die Blumen auf dem Weg zur Kirche gepflückt. Sie hatten sich in Vorgärten geschlichen und die Stengel mit Nagelscheren, die sie extra für diesen diebischen Zweck gekauft hatten, abgeschnitten. Außer Atem waren sie vor der Kirche angekommen und kichernd nach unten gelaufen, zur Damentoilette.
    Â»Ein zusammengestohlener Brautstrauß«, sagte Patty Jane, während sie vor dem Spiegel stand und ihre Augenbrauen nachzog. »Ist das vielleicht typisch für die Dobbins?«
    Â»Wenn du eine Blume wärst«, entgegnete Harriet, die dabei war, ihr langes Haar zu einem Knoten zu schlingen, »würdest du dann nicht gern in einem Brautstrauß stecken? Außerdem haben wir uns einen Haufen Geld gespart. Versuch mal zu stricheln.«
    Â»Was?«
    Â»Mit dem Augenbrauenstift. Die Linie ist zu hart. Du siehst aus wie Frankensteins Braut.«
    Patty Jane schob ihre Zunge vor und wischte die dunklen Striche mit dem Daumen weg.
    Harriet musterte die Füße ihrer Schwester. »Wenigstens hab ich dich aus deinen alten Tramplern rausgekriegt.«
    Patty Jane trug lieber unansehnliche »solide« Schuhe als solche,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher