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Pastetenlust

Pastetenlust

Titel: Pastetenlust
Autoren: Pierre Emme
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abends
wieder angetroffen werden konnten. Ein dritter Beamter durchsuchte vorsorglich
das runde Dutzend dunkelgrauer Mistkübel, die von den städtischen
Müllspezialisten heute mit einiger Verspätung an den Straßenrand gebracht
worden waren. Wonach er eigentlich suchte, wusste bei diesem Stand der
Ermittlungen niemand, aber Wallner verließ sich auf den Instinkt des erfahrenen
Mitarbeiters. „Sobald er etwas sieht, wird er wissen, ob es für unseren Fall
relevant ist oder zumindest sein könnte“, machte der Inspektor in Optimismus.
Vor einer prophylaktischen Beschlagnahmung des wöchentlichen Mülls von mehr als
zweihundert Menschen schreckte der Inspektor aber doch zurück.
    Inzwischen war es fast 9 Uhr morgens geworden und Palinski
hatte noch immer nicht gefrühstückt. Ihm hing der Magen langsam bis zu den
Knien. Die Auswirkungen einer kurzen Nacht ließen sich mit zwei Schalen
kräftigen Kaffees, einem großen Teller Ham and Eggs und zwei Buttersemmerln
sehr gut kompensieren. Aber nur zwei Stunden Schlaf ohne nachfolgend
ausreichende Energiezufuhr, er fühlte sich langsam richtig schlaff. Jetzt
fielen auch schon die ersten Medienvertreter ein wie die Fliegen in den
Kuhstall. Palinski war sicher, dass der junge Mayerhofer aus dem ersten Stock
dafür gesorgt hatte. Der Publizistikstudent im dritten Semester war hinter
einem Job beim Fernsehen oder eine der führenden Tageszeitungen her wie der
Teufel hinter einer armen Seele. Und das hier war sicher keine schlechte
Gelegenheit, da und dort einen Fuß in die Türe zu bekommen.
    Ein kurzer Blick zu den Fenstern der Mayerhofer’schen Wohnung
bestätigte Palinskis Vermutung. Zwei Fotoreporter mit imponierenden Objektiven
vor ihren Kameras hingen über den Fensterbrettern. Horst Mayerhofer versuchte
sein Glück dagegen mit der Videokamera seines Vaters zu zwingen.
    Zwei Zeitungsjournalisten und ein Team des Fernsehens hatten
sich jetzt bis zu Wallner durchgekämpft und bestürmten den Inspektor mit ihren
Fragen. Der fasste in einem kurzen Statement zusammen, was ohnehin schon
bekannt war und kein Wort mehr. Im Übrigen verwies er auf die offizielle
Stellungnahme der Pressestelle der Polizei, die er für nachmittags in Aussicht
stellte.
    Nachdem die Vertreter der
vierten Macht erkannt hatten, dass von offizieller Seite nichts mehr zu
erwarten war, versuchten sie von den umstehenden Zuschauern etwas zu erfahren.
Palinski wehrte die hartnäckigen Versuche, ihm etwas aus der Nase zu ziehen
freundlich, aber bestimmt ab. Frau Pitzal dagegen genoss das Interesse an ihrer
Person ungemein und reicherte ihr zwangsläufig karges Faktenwissen durch
gelungene Ausschmückungen und originelle Schlussfolgerungen an. Was dazu führen
sollte, dass die erste Abendausgabe der größten Tageszeitung noch mit dem
spekulativen Aufmacher ›Fernsehliebling und Gewinner des Viktors tot –
Selbstmord aus verschmähter Liebe ?‹ erschien.
    Wallner sah auf die Uhr, blickte sich um und meint:„Bis auf
die Befragung der Anwohner sind wir hier soweit fertig. Jetzt werden wir einmal
schauen, was uns die Leute aus dem Showbiz zu erzählen haben.“ Er drückte
Palinski die Hand. „Und du mach, dass du endlich etwas in den Magen bekommst,
bevor du noch aus den Latschen kippst. Ruf mich am Nachmittag an, möglich, dass
ich noch etwas von dir brauche.“
    Während Frau Pitzal weiter nach Journalisten suchte, die sie
interviewen wollten, die gute Frau hatte wahrhaft Freude daran gefunden, ging
Palinski zurück in seine Wohnung.
    Hier brachte er noch rasch einige Gedanken zu Papier, dann
machte er sich stadtfein und auf den Weg in sein geliebtes Café ›Kaiser‹. Wo
ihn, das Wasser ran ihm bei dem Gedanken im Mund zusammen, ein hervorragendes
Frühstück erwartete. Ganz so, wie er es liebte.

     

     

     

     

     

     

     

     

     

2
    Während die sterblichen Überreste Lettenbergs
ins gerichtsmedizinische Institut überführt wurden, studierte Palinski bereits
die aktuellen Tageszeitungen. Die belebende Wirkung des mit der ersten Schale
Kaffee zugeführten Koffeins machte sich bereits bemerkbar, den Rest an
Wohlbehagen steuerte das resche Handsemmerl bei, mit der er das klebrige Gelb
der Dotter von dem vor ihm stehenden Teller tunkte.
    Neben den Problemen mit der Gesundheitspolitik, dem jüngsten
Korruptionsskandal in Brüssel und der fristlosen Entlassung des    Bundestrainers nach der 0:3 Niederlage gegen
Andorra am vergangenen
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