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Pastetenlust

Pastetenlust

Titel: Pastetenlust
Autoren: Pierre Emme
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Kriminalroman, der mich in eine Reihe mit den
Unsterblichen dieses Genres katapultieren würde.

     
    *

     
    Die Befragung der Bewohner des Hauses, vor dem
Lettenbergs Leiche gefunden worden war, hatte bisher nicht allzu viel gebracht.
Lediglich die Aussage einer älteren Dame, die aus der üblicherweise ruhigen,
weil nur zeitweise bewohnten Wohnung über ihr in der letzten Nacht
ungewöhnliche, wenn auch nicht näher definierbare Geräusche gehört haben
wollte, schien möglicherweise von einiger Relevanz zu sein. Besagtes
Appartement im erst kürzlich ausgebauten Dachboden des Hauses gehörte einer
Frau Mayer-Braunsberg, die ihren ordentlichen Wohnsitz in Windischgarsten hatte
und derzeit auf Kur in Montecatini war.
    Angeblich benützte sie die Wohnung nur zwei, drei Mal im Jahr
für wenige Tage. Die restliche Zeit über wurde die Immobilie dem Vernehmen nach
über das Internet an gutbetuchte Wien-Besucher vermietet. Im Moment war ein
Mitarbeiter Wallners damit befasst, den Makler zu ermitteln.
    Einige Anrufe beim TV-Sender und dem Veranstalter der
Viktor-Verleihung, einem großen Zeitschriftenverlag, hatten dem Inspektor jene
Informationen geliefert, die er für seine nächsten Schritte benötigte.
    Wallner und einer seiner Mitarbeiter saßen in der Halle des
Grandhotels und warteten auf Marion Waldmeister, die Managerin von Deutschlands
jüngst verblichener Schauspielgröße Jürgen Lettenberg. Nach Aussage der
Rezeption war sie außer Haus gegangen, sollte aber bald wieder zurück sein. Für
13 Uhr war ein Interviewtermin mit dem Viktor-Gewinner vereinbart, wusste der
gut informierte Concierge, bei dem sie natürlich nicht fehlen durfte. Obwohl
die erste Nachricht über Lettenbergs Hinscheiden bereits um 10 Uhr gebracht und
sogar als Sondermeldung im Fernsehen ausgestrahlt worden war, schien Frau
Waldmeister noch keine Ahnung vom Schicksal ihres Arbeitsgebers zu haben. Falls
sie nicht selbst mit der Sache zu tun hatte.
    Wallner hasste den Teil seiner Arbeit, der ihm nun
bevorstand. Das Überbringen von Todesnachrichten war etwas, woran er sich auch
nach mehr als zwölf Jahren in diesem Beruf noch nicht gewöhnt hatte und
wahrscheinlich auch nie würde. Mit den Unschuldigen hatte er immer Mitleid und
wollte sie lieber trösten als verdächtigen. Das heuchlerische Getue der
Schuldigen stieß ihn dagegen ab. Das s chlimme
daran war aber, dass er zu diesem Zeitpunkt meistens noch nicht wusste, ob
schuldig oder unschuldig.
    Damit war er aber auch einem, von Sympathie oder Antipathie
gesteuerten Wechselbad von Mitgefühl und Abscheu ausgesetzt. Wie auch immer, er
hasste es, aber es gehörte nun einmal zu seinem Job.
    Wallner beobachtete, wie eine attraktive Blondine am Empfang
zunächst auf ihn aufmerksam gemacht und dann von einem Pagen zu ihm geführt
wurde. Die verzweifelt-komischen Bemühungen des Concierge, Wallner auf sich
bzw. die Frau aufmerksam zu machen, wirkten wie ein groteskes Vorspiel zu dem
bevorstehenden Drama. Der Inspektor stand auf und holte seine Marke aus der
Tasche.
    Inzwischen war Marion Waldmeister stehen geblieben und
blickte ihn fragend an. Wallner stellte sich mit Namen und Funktion vor und lud
die Frau ein, Platz zu nehmen.
    „Ich habe nur sehr wenig Zeit und möchte lieber stehen
bleiben“, mit hörbar unterkühlter Stimme brachte Marion Waldmeister
unmissverständlich zum Ausdruck, was sie von dieser ihr aufgezwungenen Störung
ihres Tagesablaufes hielt.
    „Ich fürchte, Sie werden sich mehr Zeit nehmen müssen, als
Ihnen lieb sein wird. Wollen Sie sich nicht doch lieber setzen?“ Wallner
schätzte sein Gegenüber zwar als starke Frau ein, hatte aber schon mehr
unbesiegbar wirkende Menschen nach einer unvermittelt überbrachten
Todesnachricht umkippen sehen als ihm lieb war.
    Die Beharrlichkeit des Inspektors hatte ihre Wirkung auf die
Managerin nicht verfehlt. Sie murmelte zwar trotzig etwas für Wallner
vermutlich wenig Freundliches vor sich hin, nahm aber dann nach einigem Zögern
Platz.
    „Also, was ist so wichtig, dass Sie mich in meinem Hotel
überfallen“, herrschte sie den Beamten an. Ehe Wallner antworten konnte, gewann
der Verstand der Frau wieder Oberhand über den bis dahin dominierenden Trotz.
    „Ist etwas mit Lettenberg? Hat er wieder etwas angestellt?“,
sprudelte es plötzlich aus ihr heraus.
    Wallner nickte traurig mit dem Kopf. „Es tut mir leid, Ihnen
das sagen zu müssen. Aber Jürgen Lettenberg ist
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