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Passwort in dein Leben

Passwort in dein Leben

Titel: Passwort in dein Leben
Autoren: Katrin Stehle
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denke ich.
    Endlich bewegt sich die Tür, geht auf.
    Aber er ist es nicht. Es sind drei Menschen.
    »Ach du Scheiße«, sagt jemand. Sagt Clara.
    Dann ist sie bei mir, nimmt mich in den Arm.
    Und riecht nach Clara. Vertraut. Ich merke, wie mir Tränen über die Wangen laufen. Aber ihr anscheinend auch. Sie vermischen sich mit meinen.
    »Er ist total irre. So ein …«, murmelt sie.
    »Beeilt euch, Leute«, sagt jemand anders. Ein Junge. »Wer weiß, wann er wiederkommt, wie lange sie ihn aufhalten können.«
    Ich sehe auf und erkenne Tim.
    »Außerdem stinkt's hier total eklig«, meckert der Dritte. Eindeutig Erwin.
    »Also«, erklärt Clara. »Wir überführen ihn. Erwin baut gerade eine kleine Kamera hier hinten ins Eck und Tim legt einen iPod mit Mikro ins andere, um den Ton zur Sicherheit noch mal extra mitzuschneiden. Du musst ihn nur dazu bringen, alles noch mal zuzugeben.«
    »Nicht weggehen!« Ich klammere mich an ihre Schulter.
    Sie streichelt mir über die Wange.
    Es fühlt sich ganz anders an als bei Ralf. So, als würde sie es wirklich meinen.
    »Wir bleiben in der Nähe, versprochen«, sagt sie. »Nur noch einen Moment tapfer sein. Dann istdieser ganze Albtraum vorbei.« Sie schluchzt kurz auf.
    Ich schlucke.
    »Und was, wenn es nicht klappt?«
    »Wir sind trotzdem in der Nähe. Bleiben im nächsten Keller, und sobald er bei dir drin ist, wechseln wir in den Flur. Du kommst hier auf jeden Fall raus, und wenn ich ihn …« Erwin macht ein eindeutiges Zeichen mit der Hand. »Ich weiß ja schon länger, dass er nicht ganz lala ist, aber das … !«
    »Wir reden später weiter. Glaubst du, du schaffst es?«, drängt Tim.
    Sie sehen mich alle drei an. Freunde. Ich habe wirklich noch Freunde. Ralf hat sich geirrt.
    Ich nicke, wische mir die Tränen aus dem Gesicht.
    »Sofie«, sagt Clara, während bei ihr die Tränen weiter laufen. »Du bist das tapferste Mädchen, das ich kenne.«
    »Und du eine echte Freundin«, murmle ich.
    Sie lächelt.
    Ich versuche, genauso auszusehen wie vorher, mir nichts anmerken zu lassen. Es will nicht so recht klappen. In mir singt irgendetwas. Es ist, als würde ich gerade wieder aufwachen. Aber alles kommt jetzt auf mich an.
    Ich denke an meine Träume, zwinge mich, mirvorzustellen, dass ich für immer mit Ralf in einem Turm hause. Sogar an die Ratte denke ich.
    Aber ich habe mir umsonst Sorgen gemacht.
    Als er wiederkommt, ist er aufgekratzt. »Alles geklärt«, sagt er. »Die Beweise sind unantastbar, unwiderlegbar.«
    Ich schlucke.
    »Welche?«, frage ich weiter.
    »Na, deine Internetaktivitäten. Sogar in deinem Firefox-Verlauf kann man alles nachweisen.«
    »Aber wie geht das?«, stammle ich.
    »Kein Problem für mich. Ihr nutzt nur alle dieTechnik, ohne wirklich zu kapieren, um was es hier geht. Ich habe alles genau im Netz verfolgt, angefangen mit deinem gefakten Freund und seinen albernen Posts und all dem sinnlosen Gequake, das deine sogenannten Friends von sich gegeben haben.« Wieder dieses Lachen. »Es war so einfach, deinen Account zu knacken, für die Filmchen musste ich, wie gesagt mehr Aufwand betreiben, war gar nicht so einfach, die so anzuordnen, dass die Spannung immer mehr steigt. Und dann mussten sie ja noch im richtigen Moment auf deine Festplatte befördert werden. Im Internetzeitalter sind die technisch Begabten diejenigen, die die Macht haben!« Ralf sieht nun völlig weggetreten aus. »Dein Ex liegt immer noch im Krankenhaus, aber meine Beweise werden sie inzwischen entschlüsselt haben. Alles deutet auf dich, meine Liebe.«
    Er grinst und starrt dann plötzlich auf die Brezel. Irgendwer ist vorher draufgetreten. Ich nehme an, Clara.
    »So gehst du mit den Sachen um, die ich dir bringe?«, schimpft er und fuchtelt mir damit vor dem Mund rum. »Los, mach schön auf!«
    Ich starre ihn an. Er kann doch nicht verlangen, dass ich in dieses dreckige Ding beiße?
    Deshalb schüttle ich den Kopf.
    »Nach allem, was ich für dich getan habe?« Er klingt ehrlich enttäuscht. »Nachdem ich dich von diesen Lügnern und Betrügern befreit habe, nimmst du noch immer nicht an, was ich dir gebe?«
    »Du hast mich nicht befreit, sondern zerstört!«, höre ich mich selbst sagen. »Du hast alles kaputtgemacht. Meine Freundschaften, das Verhältnis zu meinen Eltern. Sogar mich.«
    Er starrt mich an. Sein Gesicht wird immer röter. »Das glaube ich jetzt wirklich nicht! Wie kannst du nur so kalt sein? Was ist mit dir passiert? Ich habe dich doch gekannt, ich habe dir
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