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Paris im 20. Jahrhundert

Paris im 20. Jahrhundert

Titel: Paris im 20. Jahrhundert
Autoren: Jules Verne
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konzentrische Eisenbahnkreise bildeten also das innerstädtische Netz; untereinander waren sie durch Seitenlinien verknüpft, die am rechten Seineufer der Fortsetzung der Boulevards Magenta und Malesherbes und am linken Ufer der Rue de Rennes und der Rue des Fossés-Saint-Victor folgten. Man konnte mit Höchstgeschwindigkeit von einem Ende von Paris bis ans andere fahren.
    Diese Railways existierten seit 1913; sie waren auf Staatskosten nach einem Konzept gebaut worden, das der Ingenieur Joanne im letzten Jahrhundert vorgelegt hatte.
    In jener Zeit waren der Regierung verschiedenartigste Projekte unterbreitet worden. Diese ließ alle von einem Gremium aus Ingenieuren der Privatwirtschaft prüfen, denn seit 1889, als die École Polytechnique abgeschafft worden war, gab es keine staatlichen Tiefbauingenieure mehr; aber die Herren blieben in dieser Frage sehr lange geteilter Meinung; die einen wollten auf den wichtigsten Straßen von Paris eine Bahn zu ebener Erde anlegen; die anderen befürworteten unterirdische Schienennetze in Anlehnung an den Londoner Railway; das erste dieser Projekte hätte jedoch die Errichtung von Schranken notwendig gemacht, die während der Durchfahrt der Züge geschlossen worden wären; das daraus entstehende Gedränge von Fußgängern, Wagen, Karren kann man sich leicht ausmalen; das zweite Projekt zog enorme Schwierigkeiten bei der Ausführung nach sich; darüber hinaus wäre die Aussicht, in einen endlosen Tunnel zu kriechen, für die Reisenden nicht gerade verlockend gewesen. Alle schon früher unter diesen unsäglichen Bedingungen gebauten Bahnlinien hatten erneuert werden müssen, unter anderen die Strecke durch den Bois de Boulogne, die sowohl durch ihre Brücken wie auch durch ihre unterirdischen Abschnitte die Reisenden zwang, die Lektüre ihrer Zeitung auf einem dreiundzwanzig Minuten dauernden Weg siebenundzwanzigmal zu unterbrechen.
    Das Joanne-Konzept schien alle Vorteile der Geschwindigkeit, der Mühelosigkeit und des Wohlbefindens zu vereinen, und tatsächlich war die innerstädtische Eisenbahn seit fünfzig Jahren zur allgemeinen Zufriedenheit in Betrieb.
    Dieses Konzept bestand aus zwei getrennten Gleissträngen, einer für die Hin-, der andere für die Rückfahrt; so konnte es nie zu einem Zusammenstoß in entgegengesetzter Richtung kommen.
    Jeder dieser Gleisstränge folgte dem Verlauf der Boulevards, fünf Meter von den Häusern entfernt, über dem äußeren Rand der Bürgersteige; die Gleise wurden von eleganten Bronzesäulen getragen, welche durch kunstvoll durchbrochene Gerüste miteinander verbunden waren; diese Säulen stützten sich mit Hilfe quer verlaufender Arkaden in regelmäßigen Abständen gegen die angrenzenden Häuser.
    So bildete dieser lange Viadukt, der die Eisenbahn trug, eine überdeckte Galerie, unter der die Spaziergänger Schutz vor Regen oder Sonne fanden; die asphaltierte Straße war den Wagen vorbehalten; mit einer eleganten Brücke überspannte der Viadukt die wichtigsten Straßen, die seinen Weg kreuzten, und dieser in Höhe der Zwischengeschosse hängende Railway behinderte den Verkehr auf keine Weise.
    Einige angrenzende Häuser, die zu Wartebahnhöfen umgebaut worden waren, bildeten die Stationen; sie waren mit der Bahnlinie über breite Fußgängerbrücken verbunden; darunter entrollte sich eine zweirampige Treppe, die in den Aufenthaltsraum für die Reisenden führte.
    Die Stationen des Boulevard-Railways lagen am Trocadéro, an der Madeleine, am Kaufhaus Bonne Nouvelle, an der Rue du Temple und an der Place de la Bastille.
    Dieser auf einfachen Säulen ruhende Viadukt hätte den alten Beförderungsmitteln, die ungemein schwere Lokomotiven erforderten, wahrscheinlich nicht standgehalten; doch dank der Anwendung neuer Antriebstechniken waren die Züge überaus leicht; sie verkehrten in einem Rhythmus von zehn Minuten und führten jeweils tausend Reisende in ihren schnellen und bequem eingerichteten Wagen mit sich.
    Die angrenzenden Häuser litten weder unter Dampfwolken noch unter Rauch, und zwar aus dem einfachen Grund, daß es keine Lokomotive gab. Die Züge wurden mit Hilfe von Preßluft betrieben, nach einem William-System, wie es Jobard empfohlen hatte, ein berühmter belgischer Ingenieur, der Mitte des 19. Jahrhunderts hohes Ansehen genoß.
    Eine Vektorröhre von zwanzig Zentimetern Durchmesser und zwei Millimetern Dicke erstreckte sich zwischen den beiden Schienen über die gesamte Länge der Bahnstrecke; sie enthielt eine Scheibe aus
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