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Paranoia - Hoer Auf Ihre Stimme

Paranoia - Hoer Auf Ihre Stimme

Titel: Paranoia - Hoer Auf Ihre Stimme
Autoren: Robert Gregory Browne
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Himmel«, fluchte Simm und machte einen Satz in die andere Richtung.
    Dann prasselten Schüsse. Simm kroch unter die Bäume, Blackburn warf sich in den Schlamm und entging nur knapp einer Kugel. Schmerz schoss durch seinen Kopf, und als er den Blick nach oben richtete, sah er wieder alles doppelt – zwei ineinander übergehende Bilder von Tolans Freundin, die auf die alte Klinik zulief. Einen Augenblick später war sie verschwunden.
    Blackburn rappelte sich auf. Er schwankte, doch dann gewann er das Gleichgewicht zurück. Sein Kopf hämmerte, und die Wunde an seiner Schläfe blutete stärker. Er drehte sich nach Simm um, um sich zu vergewissern, dass er nicht verletzt war, doch er sah ihn nirgends. Der Ärmste hatte bestimmt die Hosen voll und rannte zurück zur neuen Klinik.
    Blackburn stolperte auf den Eingang des alten Gebäudes zu. Auf halbem Weg musste er eine Pause einlegen und lehnte sich gegen den BMW. Erst in diesem Augenblick bemerkte er den offenen Kofferraum und die blutige Decke. Sofort wurde ihm klar, dass dort eine Leiche gelegen hatte.
    Sue Carmodys Leiche.
    Seit dem Moment, als er ihren Rubinohrring gefunden hatte, wusste er, dass sie tot war. Das letzte bisschen Hoffnung, sie sei vielleicht doch noch am Leben, hatte der Regen längst fortgespült.
    Für Tolan waren die Schüsse kaum zu hören. Sie klangen nicht viel lauter als ein leises Knallen aus einer fernen Welt, ebenso wie der Wind und der Regen.
    Das alte Klinikgebäude – mit seinem verkohlten und bröckelnden Mauerwerk, den geborstenen Fensterscheiben, den zerbrochenen Fliesen und der abblätternden Farbe, mit seinen langen, finsteren Gängen und den düsteren Räumen – war eine Welt für sich.
    Die Einzelheiten waren ihm genauer im Gedächtnis geblieben, als er vermutet hätte. Dennoch sah es bei Nacht anders aus, in der Dunkelheit wirkte der Verfall noch unheilvoller. Es war sonderbar, dass er trotz allem eine Art Trost empfand. Innerhalb dieser Mauern hatte er die letzten unbeschwerten Stunden mit der Frau verbracht, die er ewig lieben würde. Tolan spürte ihre Gegenwart. Er tastete sich den Gang entlang und folgte einer Biegung, bis er am Fuß einer breiten Treppe stand, die zum oberen Stockwerk hinaufführte.
    Abby hatte diese Treppe gefallen. An jenem Tag hatte sie sie mindestens ein Dutzend Mal fotografiert. Wie immer hatte sie sich Zeit gelassen, um exakt die richtige Perspektive zu finden. Er fühlte, dass sie hier war. Als Geist – oder war es wirklich sie, die sich in der Dunkelheit versteckte?
    Aus dem oberen Stockwerk kam ein Geräusch. Tolan leuchtete mit der Taschenlampe die Treppe hinauf. Das Licht flackerte und wurde schwächer. Wahrscheinlich hatte der Regen die Lampe beschädigt.
    »Abby?«
    Die Wände warfen das Echo seiner Stimme zurück. Er bekam keine Antwort. Mit der Hand schlug er gegen die Taschenlampe, doch das Licht flackerte nur kurz auf, um gleich darauf vollständig zu verlöschen.
    Mist.
    Wiederum hörte er ein Geräusch von oben. Ein Wimmern?
    Tolan ließ die Lampe fallen, nahm zwei Stufen auf einmal und tauchte ein in die Dunkelheit des oberen Stockwerks. Er folgte einem langen Korridor. Ganz am Ende bewegte sich etwas.
    »Abby?«
    Tolan beschleunigte seine Schritte, bis er mit dem Schienbein gegen etwas Hartes, Metallisches stieß. Er zuckte vor Schmerz zusammen, stolperte und landete schließlich auf allen vieren.
    Als er sich umwandte, stellte er fest, dass er über einen tragbaren Generator gestolpert war. Das dicke Kabel schlängelte sich bis zu einem kleinen, fensterlosen Raum.
    Wofür war denn das? Wohnte hier oben etwa jemand?
    Tolan rieb sich das Schienbein und wartete, bis der Schmerz nachließ. Dann stand er auf und ging auf den Raum zu, plötzlich regte sich etwas in seiner Erinnerung – ein weiteres déjà vu.
    In der Mitte des Raums stand ein Tisch, der sich schräg zum Boden neigte, daneben ein Rollwagen mit einem Gerät für Elektroschocks. An der schwarz gestrichenen Decke hing eine Lampenfassung, in der die Glühbirne fehlte.
    Diese Lampenfassung hatte er schon einmal gesehen. Aber wann?
    Bevor er weiter darüber nachdenken konnte, hörte er abermals das Geräusch. Er wandte sich um und lauschte angestrengt. Dieses Mal klang es weniger wie ein Wimmern, sondern eher wie das schwache Echo eines Schreis.
    Eilig folgte Tolan dem Geräusch und fand sich in einem weiteren langen Korridor wieder. Am anderen Ende führte eine offene Flügeltür in einen Raum, an den er sich erinnerte.
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