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Ein Menü zum Verlieben: Roman (German Edition)

Ein Menü zum Verlieben: Roman (German Edition)

Titel: Ein Menü zum Verlieben: Roman (German Edition)
Autoren: Amy Bratley
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1. Kapitel
    I rgendwie besitzt das Leben die besondere Gabe, einem genau dann schwierige, unerledigte Angelegenheiten wieder aufzutischen, wenn man sie am allerwenigsten erwartet. Wir alle wissen das. Ich auch. Es ist ein ungeschriebenes Gesetz, dass wenn man gerade mit sich und der Welt zufrieden ist, das Leben zu einem Schlag ausholt, der einem den Atem verschlägt.
    Trotzdem traf es mich wie aus heiterem Himmel, als ich an jenem schwülen Samstagabend Anfang Juni meine Haustür öffnete, um die Gäste meiner Dinnerparty zu begrüßen, und meine ein Meter neunzig große schwierige, unerledigte Angelegenheit mit einer gekühlten Flasche Chablis und einem Strauß scharlachroter Mohnblumen vor der Tür stand.
    »Oh Gott!«, keuchte er, schwankte nach hinten und taumelte in das Rankgitter, von dem weiche, kringelige, lilafarbene Blauregenblüten herabhingen. »Eve?«
    Meine Hand fuhr unwillkürlich zu meinem Mund. Ich traute meinen Augen nicht und blinzelte. Dann fiel mir die Kinnlade herunter. Es war mein Ex! Ethan Miller.
    Wir schauten uns an. Er stieß ein ersticktes Lachen hervor, während ich mich bemühte, nicht in Tränen auszubrechen. Mir fehlten die Worte, also glotzte ich ihn nur an.
    War das nicht verständlich? Immerhin hatte er sich drei Jahre zuvor aus meinem Leben gestohlen und war wie eine Sternschnuppe im Nichts verschwunden, aus dem er jetzt urplötzlich wieder auftauchte. Ich hatte das Gefühl, die Zeiger der Uhr würden laut tickend zurückgedreht und mit ihnen die Tage, Wochen, Monate und Jahre, die seitdem vergangen waren. Ich riss mich zusammen und versuchte, die Tür wieder zu schließen, doch Ethan stellte seinen Schuh, Marke Patrick Cox, Größe 46, in den Türspalt. Zugegeben, ich wehrte mich nicht allzu sehr. Stattdessen holte ich tief Luft, öffnete schwungvoll die Tür und hielt den Türgriff so fest, dass meine Fingerknöchel weiß hervortraten.
    »Allmächtiger«, meinte er und schaute mich aus seinen großen Augen an. »Das gibt’s doch nicht! Das muss inzwischen fast drei Jahre her sein.«
    Ich runzelte die Stirn, verwirrt und ziemlich beunruhigt. Unser Aufeinandertreffen schien uns beide in eine Art Schockzustand zu versetzen. Meine Wangen glühten. Ich schüttelte den Kopf und bekam immer noch keinen Ton heraus. Hinter mir hörte ich das zischende Geräusch eines Topfes, in dem sich Wasser befand, das überkochte und auf die Herdplatte tropfte, und der herbe Geruch verbrannter dunkler Schokolade stieg mir in die Nase. Der Nachtisch würde wohl ein einziger Reinfall werden, drang es verschwommen in mein Bewusstsein.
    »Eve«, sagte er.
    »Ethan«, erwiderte ich.
    »Ich wusste nicht …«, seine Stimme erstarb. »Ich wusste nicht, dass du hier wohnst. Ich glaube, ich kriege gleich einen Herzinfarkt. Soll ich einfach wieder gehen?«
    Er deutete mit dem traurigen Strauß Mohnblumen, die wegen der Hitze die Köpfe hängen ließen, auf die Straße. Ein schwarzes Taxi bremste ab, der Dieselmotor knatterte, aber Ethan drehte sich wieder um. Er streckte mir mit einem zaghaften Lächeln auf den Lippen die Blumen entgegen, als ob er sich an etwas erinnern würde, das einmal gut gewesen war.
    Erstaunt hörte ich mich antworten: »Nein, geh nicht!«
    Auch wenn die Alarmglocken in meinem Kopf losschrillten, tat ich das, was ich auf keinen Fall hätte tun sollen: Ich ließ ihn herein.
    Wie wir alle wissen, hält das Leben mitunter eigenartige Zufälle parat, und so läuft man genau demjenigen in die Arme – oder er steht wie aus dem Nichts plötzlich an der Haustür –, an den man kurz zuvor gedacht hat. Genauso erging es mir an jenem Samstag, als mir ein altes Foto von Ethan aus einem Notizbuch in die Hände fiel, während ich in der Nähe eines umwerfenden Obst- und Gemüsestands auf dem Borough Market den berauschenden Duft von Erdbeeren und Himbeeren einatmete. Ganz im Gegensatz zu meiner Laune, die alles andere als berauschend war, da ich mich nur 24 Stunden zuvor hatte breitschlagen lassen, als Kandidatin am Saturday Supper Club teilzunehmen, einem von der London Daily ausgetragenen (äußerst bekannten) Kochwettbewerb. Deshalb musste ich an diesem Abend auch noch ein Drei-Gänge-Menü für Leute auf den Tisch zaubern, die ich noch nie zuvor in meinem Leben gesehen hatte.
    »Ich muss dich um einen Riesengefallen bitten«, waren die Worte meines Freunds Joe gewesen, als er mich aus der Redaktion der London Daily in Canary Wharf anrief, wo er als freier Mitarbeiter arbeitete. »Mach dich auf
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