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Paranoia - Hoer Auf Ihre Stimme

Paranoia - Hoer Auf Ihre Stimme

Titel: Paranoia - Hoer Auf Ihre Stimme
Autoren: Robert Gregory Browne
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Doch was ihm am meisten Angst machte, war die Tatsache, dass er ihr geglaubt hatte.
    »Sie ist eine Hure. Das hast du selbst gesagt. Und dann hast du dagestanden wie ein armseliger Idiot und dir auch noch eine Ohrfeige eingefangen.«
    Da fiel ihm alles wieder ein. Sein Erinnerungsvermögen kehrte zurück. Der Blackout war nicht das Produkt einer dissoziativen Persönlichkeitsstörung gewesen. Nein, es war die Reaktion auf ein schwerwiegendes Trauma, denn er hatte mit ansehen müssen, wie seine Frau von seiner besten Freundin erstochen wurde.
    »Sie hat dich betrogen, Michael. Ich habe versucht, es dir zu beweisen, deshalb habe ich die Kondome in ihre Handtasche gesteckt. Ich wusste, du würdest sie zur Rede stellen, und dann hätte sie es zugeben müssen.«
    Hinter sich hörte Tolan etwas rascheln. Abby trat einen Schritt zurück und verschwand in der Dunkelheit.
    »Ich verstehe das alles nicht«, sagte er. »Abby hat dich immer als Freundin betrachtet. Sie hat dir nie etwas getan.«
    »Sie hat dich mir weggenommen! Und als ihr immer häufiger Streit hattet, dachte ich, wir beide hätten vielleicht doch eine Chance. Aber dann habt ihr diesen kleinen Ausflug hierher unternommen, wo sie ihre tollen Fotos gemacht hat. Ich bin euch gefolgt, habe euch beobachtet, und da wusste ich, dass sie dich nie würde gehen lassen. Sie hatte dich für immer am Haken.«
    »Sie brauchte mich nicht zu ködern, Lisa. Ich habe sie geliebt. Ich liebe sie immer noch.«
    Wieder dieses Rascheln hinter ihm. Ein leises schmerzverzerrtes Wimmern. Tolan wandte sich um und blickte suchend in die Dunkelheit.
    »Abby?«
    »Eine Lüge steht auf einem Bein, die Wahrheit auf zweien …«
    Er sah wieder Lisa an. »Hörst du? Sie spricht von dir.«
    »Eine Lüge steht auf einem Bein, die Wahrheit auf zweien …«
    »Ich habe getan, was ich tun musste«, sagte Lisa.
    »Und was ist mit dem Mord letzte Nacht? An der Avenue? Warst du das auch?«
    »Er war eine Bedrohung für uns.«
    »Für uns?«
    »Dich und mich.«
    Hinter ihm erneutes Murmeln, doch unverständlich.
    Tolan behielt die Pistole im Auge und bewegte sich langsam rückwärts auf Abby zu. Er versuchte, sie in der Dunkelheit zu erkennen.
    »Wenn du wolltest, dass sie stirbt, warum hast du sie nicht einfach letzte Nacht umgebracht, als sie dir in Janovics Apartment über den Weg lief?«
    Mit flackerndem Blick sah Lisa ihn an. »Wenn ich gewusst hätte, dass sie es war, hätte ich es sicher versucht. Ich habe ein Geräusch gehört und bin weggerannt wie ein verschrecktes Kaninchen.«
    Das Rascheln hinter Tolan wurde lauter.
    Etwas an Abby schien sich zu verändern. Er dachte daran, was er in der Einzelzelle erlebt hatte, die Verschiebung der Gesichtszüge, das fehlende Ohr.
    »Abby, geht es dir gut?«
    Lisa machte einen Schritt nach vorn und versuchte, sich in der Dunkelheit zu orientieren. »Kapierst du es nicht, Michael? Es geschieht tatsächlich. Genau wie der alte Mann gesagt hat. Sie ist jetzt eins dieser Kinder. Ein Kind der Trommel.«
    »Lass sie in Ruhe!«
    Lisa zielte mit der Pistole. »Das kann ich nicht zulassen.«
    »Hör auf«, sagte er. »Du sollst ihr nicht weh tun.«
    »Weg da! Sonst treffe ich dich noch.«
    Doch Tolan blieb stehen. Lisas Miene verhärtete sich, sie richtete die Pistole auf die Dunkelheit hinter ihm.
    »Komm raus, du Schlampe. Zeig dich. Zeig ihm, was für ein Monster du bist.«
    Sie hatte den Finger am Abzug. Plötzlich ertönte ein hoher, durchdringender Schrei, und eine Gestalt löste sich aus der Dunkelheit.
    Die Gestalt sah Abby nicht mehr im Entferntesten ähnlich, schien nicht einmal menschlich. Geschmeidig wie ein Tier griff sie nach Lisa. Mit aufgerissenen Augen stolperte diese zurück, immer noch schussbereit. Tolan schrie: »Nein!« und warf sich vor sie. Als die Pistole losging, spürte er, wie sich Hitze mitten in seiner Brust ausbreitete.
    Er stürzte zu Boden, und abermals ging die Pistole los, immer wieder. Unter qualvollem Schmerzgeheul fiel jemand neben ihn.
    Dann nur noch Stille.
    59
    Jemand weinte.
    Tolan wälzte sich am Boden und griff sich an die Brust, seine Hand färbte sich rot. Er stellte zu seiner Überraschung fest, dass neben ihm nicht die Gestalt lag, die er noch vor einem Augenblick wahrgenommen hatte, sondern Abby, blutüberströmt. Sie atmete genauso schwach wie er.
    Nicht schon wieder, dachte er. Ich will sie nicht noch einmal verlieren!
    Er nahm ihre Hand, und sie umklammerte die seine. Ihre Worte waren ein mühsames Röcheln:
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