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Papierkuesse

Papierkuesse

Titel: Papierkuesse
Autoren: Pali Meller
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Form von »also wir sind aufgestanden«. Damit schließe ich diesen »FERNUNTERRICHTSBRIEF« – Servus Alter!
    Liebe Franzi! Ich habe dieser Tage darüber nachgedacht: was ist ein »Heim«? ein »Zuhause«? Im Satz: »Ich
komme
von …« oder im Satz: »Ich gehe nach …« liegt mehr als in dem Satz »Ich bin …«. Vielleicht darum, weil etwas Gegenwärtiges unbewusster ist als Gewesenes oder Werdendes! Jene Kraft im Menschen aber, die fähig ist, das Gegenwärtige, in diesem Fall »das Zuhausesein«, einem bewusst zu machen, schafft erst ihm und den Seinen das »HEIM«. Eine ständig sprießende, lebendige Kraft ist es‚ nach der man sich sehnt, bei der man geschützt und geborgen ist – bei der man verweilen will!! Mit Angst denke ich daran, dass ich diese schöpferische Kraft nie hatte und, obzwar ich »Wohnstättenbauer« war, kein »Heim« für die Kinder zu verkörpern verstand. Auch dies also müssen Sie für die Kinder schaffen. Herzlichst PM. Grüße an alle Freunde und l000 Küsse an die Kinder
    1 Handtuch brauche ich zur Sprechstunde.

[8]
    (Teil eines nicht vollständig erhaltenen Briefes,
    ohne Datum)
     
    Mein Pilafreund! Du sagst, ich drücke mich so »gesucht« aus, und Du brauchtest oft Franzis Hilfe. Ich versuche tatsächlich, mit knappsten Mitteln Gedanken zu Kurzsätzen zusammenzupressen; ich tue dies, damit Du lernst und siehst, wie die Sprache eine gefügige Dienerin der klaren Gedanken ist, und Du mit Franzis Hilfe diese Kondensmilch mit soviel Flüssigkeit auflösest, bis sie Dir gerade mundet. Das soll für Dich Gedankensport sein und schönes Spiel. Versuchs doch mal: einen ganzen Wust von Gedanken langsam einzudicken, bis dass ein guter klarer Satz daraus wird – und dann wieder aufzulösen. Vergiss auch nicht, dass es mein sehnlichster Wunsch ist, Dir in jedem Brief etwas von mir zu geben – im Notfall etwas, woran Du zu knacken hast! So bin ich z. B. gespannt auf Deine Antwort auf meinen Brief vom 4.   5.   42. Denn wer weiß, wie lange diese Briefe das Einzige sind, was wir einander geben können, und wir wollen diese Zeit nutzen und uns sättigen an dem Schönen, was sie uns gibt, und blind bleiben für alle Bitternis, die in ihr verborgen sein mag. Und Franzi ist an Deiner Seite, und Du wirst vielleicht jetzt erst klar gesehen haben, was sie Dir und uns bedeutet, jetzt wo ich weg bin, und sie außer dem Platz, den sie in Eurem Leben einnahm, auch noch den meinigen zu ersetzen bestrebt ist. Diese Kunst aber vollbringt sie – und ich kann ihr dafür nicht genug danken! Danke Du durch Dein Handeln fürmich!!! Ein paar Tage nach Erhalt dieses Briefes ist es Pfingsten. Ich weiß nicht was man sich zu Pfingsten wünscht? Etwa fröhliche Pfingsten? Ich wünsche Euch schönes Wetter und reichlichen Fraß, gute Laune bei bestem Spaß. Vor einem Jahr war unser zweiter Siebischaubesuch. Es waren lustige Tage. Aber wir werden noch andere und vielleicht lustigere haben, und diesmal wollen wir uns mit diesem Bild begnügen.
    Eine Bitte habe ich: tu in den nächsten Brief ein Bild von Mutti. Vielleicht die Totenmaske, denn davon gibt es zwei im Album. Dann habe ich eine Photoplatte mit dem schönen Bild von Kuhn, das soll Franzi kopieren lassen und mir schicken. Seid mir beide 1000-mal geküsst von Papa. Herzliche Grüße an Franzi und an Freunde.

[9]
    Berlin-Plötzensee
    10.5. + 17.   5.   42
     
    Meine Lieben! Geliebte Langschreibebarra! Jeder Deiner Briefe wird jetzt schöner, und zum Glück auch länger und meine Freude daher auch größer. So wirst Du schön langsam meine 0 Fehler Muttiputti. Ich wünsche mir in Deinem nächsten Brief jetzt Folgendes: einen genauen Bericht darüber, was Du bei Kuhn machst und was bei Tatjana? Bis zum nächsten Mal sei geküsst von mir auf Nase, Mund und Backe! – Pilusch! In Deinem Brief (leider immer ohne Datum), ich schätze vom 2. Mai, sagst Du, dass Du mit ihm nicht zufrieden seiest. Das Gegenteil ist bei mir der Fall! Deine Anspielung auf das Laap I und Laap II ist guter alter Pilawitz, Dein Vergleich zwischen Essen und Fressen trifft zu und beruht auf einer guten‚ großen Erkenntnis! Was mir aber die meiste Freude machte und wo ich sah, dass Laap I u. Laap II eng zusammenhängen, gleich lautend denken und fühlen ist dies: in meinem Brief vom 4. 5. frage ich Dich nach Dingen, die mir schwer am Herzen liegen, und Du beantwortest mir die Fragen in Deinem Brief vom 2.   5.   42. Oder noch erstaunlicher: Deine Post vom 25. 4. hatte ich am l.
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