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Panic

Panic

Titel: Panic
Autoren: Mark T. Sullivan
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allerersten Caddy hängen. Sie sollen auch im letzten sein.«
    Butch griff in seine Jacke und zog einen silbernen Flachmann heraus. Er nahm einen Schluck und winkte Arnie damit zu. »Das wird dir helfen. Ich sitze andauernd in diesen verdammten Schrottmühlen. Es ist die einzige Möglichkeit, einen Flug gut zu überstehen.«
    Arnie versuchte zu lächeln. »Es wird schon gehen.«
    »Na komm schon, darauf trinken wir«, insistierte Butch und schüttelte sich die langen Strähnen aus den Augen. »Dann mach’s wie ich – schlaf und träum davon, was uns morgen früh im Wald erwartet.«
    Der Kinderarzt nahm den Flachmann, nippte daran und schüttelte sich.
    Das Flugzeug löste sich vom Kai. Das Wasser, grau und bedrohlich, schlug mittlerweile hohe Wellen. Wir pflügten minutenlang durch die aufgewühlte Gischt, gewannen endlich an Fahrt, klatschten noch zweimal auf und erhoben uns schließlich in die Luft. Die ersten Wolkenfetzen liebkosten die Bergspitzen. Schneeflocken fielen.
    Alle um mich herum redeten über die bevorstehende Jagd. Ich schaltete ab und sah aus dem Fenster, versuchte, die verschiedenen Bäume anhand ihrer Kronen zu identifizieren: Rottannen, Pappeln, Eschen und Weiden in den Feuchtgebieten. Da wo die Blätter gefallen waren, sah man die schwachen Linien der Wildwechsel. Ich dämmerte so vor mich hin und musste auf einmal wieder an den Tag nach Thanksgiving vor zwei Jahren denken.
    Ich stand in der Küche unseres Hauses in Boston und machte meinen Kindern aus dem restlichen Truthahn Sandwiches zurecht. Obwohl ich es über die Jahre geschafft hatte, kaum einen Gedanken an meinen Vater zu verschwenden, fragte ich mich zuweilen, wie ich wohl auf seinen Tod reagieren würde. Die lange Zeit der Trennung, hatte ich mir bei solchen Gelegenheiten eingeredet, würde es mir leichter machen, wenn es einmal so weit wäre. Doch wie so oft im Leben zerbrechen unsere Vorstellungen unter dem Hammer der Realität. Bei mir war es so, als an diesem Morgen das Telefon läutete.
    »Diana Jackman?«, fragte der Mann mit dem Südstaatenakzent.
    »Ja.«
    »War schwer, Sie zu finden. Hab schlechte Neuigkeiten für Sie. Ihr Vater ist verstorben. Hat zwei Tage lang tot im Wald gelegen, nordöstlich von Baxter Park. Jäger haben ihn gefunden, neben einem gewaltigen Zwölfender, dem größten Hirsch, den ich je gesehen hab. Die Jungs haben ihn hierher geschleppt und allen Leuten gezeigt.«
    Ich war schon in der Schattenwelt, in die man abtaucht, wenn jemand stirbt, den man kennt. »Herzanfall?«, fragte ich.
    »Nein, Ma’am, tut mir Leid, sieht nach Selbstmord aus«, sagte er. »Und die Kojoten waren auch schon an ihm dran. Tut mir echt Leid, aber Sie müssen die Leiche identifizieren.«
    Ich nahm meine ganze Kraft zusammen, ließ mir den Weg erklären und legte auf. Kevin sah mich an. Er saß am Küchentisch und versuchte, unsere Tochter Emily davon abzuhalten, mit ihrem Sandwich zu spielen. Sein glattes Haar war noch genauso blond wie damals am College. Und er hatte noch denselben schmalen Körperbau, der nach modischer Kleidung verlangte.
    »Ich muss nach Maine«, sagte ich.
    Der Schock stand mir wohl ins Gesicht geschrieben, denn Kevin stand rasch auf und kam zu mir. »Warum? Ist jemand gestorben?«
    Ich antwortete, ohne nachzudenken. »Mein … mein Vater.«
    »Dein Vater?« Er war baff. »Ich dachte, dein Vater sei schon vor Jahren gestorben. Diana?«
    Um mich herum drehte sich alles, aber ich ließ mir nichts anmerken. »Das ist er auch. Wenigstens für mich. Das allein zählt.«
    Jetzt verzog sich Kevins kantiges Gesicht. Aus Verwirrung wurde Wut. »Du hast die ganze Zeit gelogen?«
    »Mami hat gelogen!«, schrie Emily. »Dann kriegt sie kein Taschengeld.«
    »Sei still, Em!«, sagte Patrick, mein Großer, der Feinfühlige in der Familie. Er hatte sofort gespürt, wie mir zumute war.
    »Diana, warum hast du das getan?«, fragte Kevin.
    Das Zimmer drehte sich wieder, und ich stammelte: »Ich weiß es nicht. Ich muss nach Maine.«
    »Ich komme mit«, sagte er. »Ich werde meine Mutter anrufen. Sie wird auf die Kinder aufpassen.«
    Ich schüttelte den Kopf. »Du hast ihn nicht gekannt, die Kinder ebenso wenig. Ich würde es gern dabei belassen. Ich erklär dir alles, wenn ich zurückkomme.«
    Mein Vater war Arzt, ein guter Arzt, was unsere Geschichte in gewisser Weise umso tragischer macht. Jedenfalls wusste er, wo die lebenswichtigen Organe lagen. Und er wusste auch, dass ich kommen würde, um ihn zu identifizieren. Wer
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