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Panic

Panic

Titel: Panic
Autoren: Mark T. Sullivan
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verbringe meine Zeit am Schreibtisch und entwickle Software – Müllentsorgung, Umweltschutz, all so was. Ich hab mich der Natur völlig entfremdet, wie es so schön heißt.«
    »Dann haben Sie ja jetzt die Gelegenheit, sich wieder mit ihr bekannt zu machen«, sagte Griff. »Entlegene Gegend, Geisterland, ganz nach dem Geschmack Ihres Vaters.«
    Ich blickte verlegen zu Boden.
    Da rief uns der Pilot an Bord. Das Geplauder auf dem Steg verebbte, während wir uns unbeholfen abmühten, das stampfende Wasserflugzeug zu besteigen. Ich suchte mir einen Platz in der Mitte. Abgesehen von Griff und den Addisons gingen noch drei Männer, etwa Mitte dreißig und miteinander befreundet, an Bord. Ein anderer ausgesprochen hagerer Typ, Ende zwanzig, blass, mit roten Locken und einem Schnurrbart, setzte sich mir gegenüber. Irgendetwas an ihm kam mir seltsam vor. Ich musterte ihn verstohlen, bis ich es herausgefunden hatte. Alles, was er am Leib hatte, von der Pelzjacke über die Wollhose bis hin zu den Trekkingstiefeln, war funkelnagelneu. Ich selbst hatte mir auch ein paar neue Klamotten für diesen Ausflug gekauft. Aber alles?
    Er sah, dass ich ihn musterte, und lächelte. Es war ein selbstsicheres, attraktives Lächeln. Er sagte: »Mehr Frauen an Bord, als ich dachte.«
    »Ach ja?«, sagte ich.
    »Irgendwie erwartet man keine Frauen in der Wildnis.«
    »Ich war fünf, als ich das erste Mal auf die Jagd ging«, sagte ich und verschränkte herausfordernd die Arme. »Und von Jahr zu Jahr nimmt der Frauenanteil zu. Angst?«
    »Nur Neugier«, sagte er. Er hielt mir die Hand hin. »Steve Kurant.«
    »Diana Jackman.«
    Kurant sah sich suchend um. »Ihr Mann?«
    »Ist nicht hier«, sagte ich. »Er hält nichts davon.«
    Er lächelte wieder. »Wirklich? Das ist ja mal was ande–«
    Das Rülpsen der Motoren unterbrach ihn. Sie spuckten und sprangen dann donnernd an, sandten ein Zittern durch den Rumpf des Flugzeugs. Aus einem Lautsprecher tönte die Stimme des Piloten: »Der kanadische Wetterdienst hat eine Sturmwarnung für den frühen Abend herausgegeben, es könnte also ein bisschen ungemütlich werden. Das soll in den nächsten zehn Tagen auch so bleiben. Setzt euch hin und schnallt euch an, Leute. Ich werde mich bemühen, das Ganze möglichst schmerzlos über die Bühne zu bringen.«
    In der Sitzreihe hinter mir hielt Arnie Taylor, ein Kinderarzt aus Pennsylvania, beide Armlehnen umklammert. Mit zusammengebissenen Zähnen starrte er über den Mittelgang zu seinem Freund Phil Nunn hinüber, einem muskulösen Schwarzen mit rasiertem Schädel, dichten Augenbrauen und jeder Menge Aknenarben im Gesicht. Nunn handelte mit Autoteilen, besaß eine Ladenkette.
    »Ich hasse die Fliegerei, Phil«, sagte Arnie. »Ich weiß nicht, wieso ich mich von dir hab überreden lassen.«
    »Hey, bleib cool, Doc«, fuhr Phil ihn an. »Du liegst mir mit deinem Gejammer schon seit Philly in den Ohren. In allerhöchstens vierzig Minuten sind wir da.«
    Arnie errötete. Der Mann neben ihm sah aus wie ein Hippie. Sal Daloia, genannt Butch, hatte langes braunes Haar, einen Vollbart und wulstige Lippen, die sich andauernd spöttisch verzogen. Butch lebte vom Verkauf teurer Aufnahmegeräte. Er sagte: »Sei friedlich, Phil. Du weißt doch, dass Arnie das Fliegen nicht verträgt.«
    »Will er sich vielleicht mit ’ner schicken Limo in die Wildnis kutschieren lassen, oder was?«
    »Pferde«, beklagte sich Arnie. »Als du gesagt hast, wir würden im Westen auf die Jagd gehen, da hab ich an Pferde gedacht.«
    Phil machte eine wegwerfende Geste. »Dann hättest du dich beschwert, dass du allergisch gegen Pferdehaare bist. So warst du schon immer, Arnie, seit wir klein waren, immer am Jammern, immer am Kränkeln. Gib es zu, du bist nur deshalb Arzt geworden, damit du dir neue Krankheiten ausdenken kannst, über die du dich dann aufregen kannst.«
    Arnie kaute wortlos an der Innenseite seiner Backe.
    Butch sagte: »Und du bist nur deshalb Automechaniker geworden, damit du deine alte Zuhälterkarre am Laufen halten kannst.«
    Der Schwarze lachte. »Ich geb ja zu, dass ich einen verfeinerten Geschmack habe, Butchy-Boy, aber komm schon – Zuhälterkarre? Da fällt dir doch was Besseres ein, meinst du nicht?«
    Arnie sagte: »Das war wirklich ein bisschen lahm.«
    Butch zuckte die Schultern. »Wenn er seine fusseligen Würfel vom Rückspiegel nimmt, nehm ich’s zurück.«
    »Nö, die Würfel gehören zu mir«, sagte Phil. »Bringen mir Glück. Hatte sie schon im
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