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Pan Tau

Pan Tau

Titel: Pan Tau
Autoren: Ota Hofman
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durch die Luft und fielen langsam wie Schnee auf den Mann mit Melone.

Sechzehntes Kapitel. Die völlig unnötige Aktion Nummer drei. Pan Tau kehrt zurück. Die letzte Glasmurmel.

    Heute weiß ich, daß der halsbrecherische Weg aufs Dach des Fundbüros, zu dem ich auch Vivian verleitet hatte, unnötig und lächerlich war. Aber damals im Morgengrauen kam es uns nicht unnötig und lächerlich vor. Nur eines bereitete uns Schwierigkeiten: der Morgentau, der wie Schmierseife auf den Dachziegeln lag und sie eisglatt machte. Ein unvorsichtiger Schritt genügte, und...
    »Halten Sie sich an mir fest, Vivian!«
    Ich sah, daß Vivian von Zeit zu Zeit die Augen schloß, um nicht hinunter in die Tiefe blicken zu müssen.
    »Noch drei Schritte!«
    »Noch zwei Schritte!«
    »Wissen Sie genau, daß dieser Schornstein der richtige ist?« sagte sie, als wir endlich am Ziel waren. »Wenn ja, nehmen Sie mich mit hinunter. Wir hatten vereinbart, alles gemeinsam zu tun, Anderson.«
    »Einer muß warten.«
    »Warum gerade ich?«
    »Weil...« Ich kannte Vivian. Von Gefahr durfte ich vor ihr nicht reden. »Weil... Sie ein Mädchen sind...«
    »Es freut mich, daß Sie das überhaupt bemerken...«
    »Ich?«
    »Sie!« Sie zögerte etwas. »Kriechen Sie doch schon hinunter! Ich könnte Ihnen eine Menge sagen, doch wir haben keine Zeit.«
    Eine Sekunde lang sah ich sie noch in der Schornsteinöffnung über mir, doch dann war um mich herum nur noch Dunkel, in dem ich vergeblich abzuschätzen versuchte, wie weit ich es noch bis nach unten hatte.
    »Vivian?«
    »Ja?«
    »Hören Sie mich?«
    »Sogar zweimal. Mit Echo. Wie aus einem Faß.«
    »Was wollten Sie mir noch sagen?«
    »Daß ich Sie mag... Weil es mit Ihnen viel Spaß gibt.«
    Das war das letzte, was ich hörte. Der Haken in der Schornsteinwand hatte nachgegeben. Ich erwachte im Kamin des Fundbüros. Pan Tau stand über mir.
    »Sie müssen fliehen«, sagte ich zu ihm. »Es ist die einzige Möglichkeit. Ich hatte versucht, durch den Keller einzudringen, vergeblich.« Er zeigte auf den Kamin.
    Ich nickte.
    Es wunderte ihn nicht. Er trat in den Kamin und reichte mir die Hand, um mich zu führen. Zu meinem eigenen Erstaunen hörte ich mich sagen: »Ich mag Sie... Weil es mit Ihnen viel Spaß gibt...« Auch das wunderte ihn nicht. Er kannte mich ja schon lange. Auf dem Dach lächelte er und griff in die Tasche. Sie war voll mit Glasmurmeln. Er suchte eine aus und gab sie mir.
    »Das versteh’ ich nicht«, sagte Vivian. »Warum eine Glasmurmel?« Ich sagte: »Drei waren es, die ich verloren hatte. Eine fand ich in Venedig, die zweite in Rom im Auge des Kaninchens mit 4er Tasche und der Uhr. Jetzt sind es wieder drei.«
    Pan Tau hörte mir nicht zu. Nachdenklich guckte er auf die Straße hinunter. Sie war voll von Kindern. Aus allen Richtungen waren sie herbeigelaufen. Sie umringten einen Mann auf einem Fahrrad. »Pan Tau!«
    »Wir wollen Pan Tau haben!«
    Pan Tau lächelte. Zuckte mit den Achseln. Kehrte zum Schornstein zurück, kletterte wieder hinunter, um sich noch einmal befreien zu lassen.
    »Hinunter durchs Kaninchenloch«, flüsterte Vivian, denn auch sie erinnerte sich an Alice im Wunderland und an das Kaninchen mit der Tasche und der Uhr auf dem Asphalt in Rom. »Kriech du zuerst! Wir müssen erfahren, wie alles zu Ende geht.«

Wie alles zu Ende geht. Das letzte Kapitel hat drei Schlüsse, doch es ist einerlei, welchen Schluß man sich aussucht.

    »Ich gebe euch die Melone«, sagte atemlos Waldemar und öffnete die Tür zum Fundbüro, das jetzt wieder das alte Fundbüro war. »Tausend Melonen sollt ihr haben...«
    Er floh vor den Kindern in die Hutabteilung.
    Er warf ihnen seine Melone zu. Und Strohhüte. Und einen Musketierhut.
    »Was sollen wir mit dieser Melone!« sagte Claudia, als sie vergeblich versucht hatte, mit Waldemars Kopfbedeckung die Zaubergeste zu machen. »Pan Tau wollen wir haben! Auch ohne Melone!« »Damit es Spaß gibt«, rief Emil und kickte in einen Haufen verstaubter Bälle. Erstaunt blieb er stehen. Zwischen die Buben und Mädchen drängelten sich Alik-Nikolaus, der Boxer Aran und der Dackel Schönling, genannt die Schlange. Im Maul hatte er eine Melone. Etwas schwankend machte er vor der Öffnung im Kamin Männchen. »Pan Tau!«
    Die Kinder standen vor dem Kamin, aus dem eben Pan Tau kroch. Er lächelte gerührt, nahm seine Melone, zauberte sich ein Gießkännchen mit Wasser, um die Blume am Revers zu begießen.
    Dann ging er mit den Kindern auf die Straße
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