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Pan Tau

Pan Tau

Titel: Pan Tau
Autoren: Ota Hofman
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selbst aus. Unsinn, in der verstaubten Welt der 279 verlorenen Dinge an Märchen und Zauberei zu glauben!

    »Unsinn!« sagte er laut. »Ich träume ja! Aufwachen!«
    Das Männchen war verschwunden. Auf dem Regal saß nun zwischen Prinzessinnen und Königen aus Gips ein lebendiger Herr mit Melone. Freundschaftlich blinzelte er Herrn Waldemar zu und lüftete zum Gruß die Melone, mit der er sich alles auf der Welt wünschen konnte. Mehr wollte Herr Waldemar nicht. Das war die Gelegenheit, die nie wiederkommen würde. Flink griff er nach der Zaubermelone und setzte sie sich selbst auf. Wie der Blitz fuhr er die Leiter hinunter, verließ im Eilschritt den Lagerraum, sperrte die Gittertür hinter sich zu und sagte, die Melone auf dem Kopf, zu den Kindern:
    »Kein Männchen ist da... Nichts wurde abgegeben... Geht nach Hause. Eure Mütter warten schon...«
    Mit zitternden Händen öffnete er die Tür zur Straße und schob die Kinder samt Dackel Schönling und Alik-Nikolaus hinaus.
    Dann zog er den Rolladen hinunter und sperrte von innen ab.
    Die Melone legte er auf den Tisch. Er überlegte eine Weile, dann setzte er die Melone auf und probierte so lange das Zaubern, bis es ihm gelang, ein Glas Bier, eine Zigarre und eine Brezel herbeizuzaubern. Mehr Wünsche hatte er nicht, vielleicht später noch ein Bier, wenn er das erste ausgetrunken hatte, und noch eine Brezel und...
    Er zündete sich die Zigarre an.
    Er fühlte sich ausgezeichnet.
    Daß er belagert wurde, ahnte er noch nicht.

Elftes Kapitel. Kriegsberatung. W. Viola lehnt Emils Vorschlag ab, das Fundbüro zu überfallen, und stellt die Frage: Wem gehört Pan Tau?

    »Auch nicht durch den Keller?«
    »Das habe ich mit Emil schon versucht.«
    Man sah es Claudia an. Ihr Kleid war kohlenschwarz. Ebenso ihr Haar und die Nase. Seit dem Augenblick, als die Kinder entdeckt hatten, daß Pan Tau im Fundbüro steckte, taten sie, was sie nur konnten. In der Umgebung des Hauses waren Wachen aufgestellt. Hunde schlichen umher und ließen das Haus nicht aus den Augen. Auf der Straße waren so viele Kinder und Hunde, daß nicht einmal eine Maus aus dem Fundbüro entkommen wäre, geschweige denn der bärtige Herr Waldemar.
    Emil kickte wütend einen Stein gegen den heruntergelassenen Rolladen des Fundbüros.
    »Ich schlage vor, wir überfallen das Fundbüro, fesseln den Schurken und zwingen ihn, Pan Tau herauszugeben. Auch die Melone! Wenn er sich weigert, können wir ihn martern.«
    »Wer soll das tun? Du?«
    Emil errötete. »Warum gerade ich? Claudia kann ihn martern.« »Wer seinen Nächsten der Freiheit beraubt, verdient selbst nicht die Freiheit«, verkündete W. Viola ernst und versuchte sich zu erinnern, von wem nur diese schönen Worte stammten. Von Rousseau? Oder von Voltaire? »Anderson wird Waldemar verhaften, und fertig.«
    »Warum soll ich ihn verhaften?«
    »Er hat die Melone!«
    »Das ist kein Verbrechen. Jeder kann eine Melone haben. Auch Sie!« »Aber es ist nicht seine eigene Melone!«
    »Beweisen Sie das!«
    »Man muß nur die Mutter der Zwillinge finden, die Pan Tau im Fundbüro abgegeben hat. Dann beweisen wir, daß Waldemar unberechtigt Pan Tau zurückhält. Er wird ihn herausgeben müssen.« »Wem?«
    »Mir«, sagte Claudia.
    »Uns«, sagte Emil. »Der dritten A. Ich hab der Klasse versprochen, daß er allen die Aufgaben schreiben wird.«
    »Aber mir ist doch Pan Tau verlorengegangen!«
    »Uns auch!«
    W. Viola machte das gleiche ernste Gesicht wie auf dem Plakat Ist ihr Glück vollkommen? Nein!
    »Ich fürchte, ihr irrt euch. Pan Tau gehört weder Claudia noch Emil. Nach dem Gesetz gehört jede Fundsache dem rechtmäßigen Besitzer. Die Frage lautet: Wem gehört Pan Tau?«
    »Den Kindern«, flüsterte Claudia Emil zu. Ihr war klar, die Erwachsenen konnten sich nicht einigen, wie Pan Tau zu helfen war. »Wir allein werden ihn befreien!«
    »Aber erst morgen früh«, sagte W. Viola, denn es leuchteten bereits die Straßenlaternen. »Abends gehören die Kinder ins Bett.«
    »Und wer wird Wache halten?«
    »Die Hunde bleiben da.«
    »Und Anderson«, sagte Vivian und stieg mit den Kindern und W. Viola in ein getupftes Taxi.
    Ich blieb allein zurück. Hinter den vergitterten Fenstern des Fundbüros war es still und dunkel. Ich faßte versuchsweise das Gitter an. Es war alt und verrostet. Kein Problem, es aus der Mauer herauszubrechen. Hammer und Meißel hätten genügt, vielleicht auch ein Stein...

Zwölftes Kapitel. Viel zuviel Kohle. Herr Waldemar verschanzt
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