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Otherland 3: Berg aus schwarzem Glas

Otherland 3: Berg aus schwarzem Glas

Titel: Otherland 3: Berg aus schwarzem Glas
Autoren: Tad Williams
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ich weiß.«
    »Ein fürchterlicher Gedanke, daß ein Ungeheuer wie er soviel Macht hat. Was sagte Martine, wie er heißt? Dread.« Sie schüttelte den Kopf und hätte am liebsten gleich wieder losgeweint. »Ich wünschte, Martine wäre bei uns.«
    !Xabbu setzte sich in die Hocke. »Vielleicht sollte ich ein Feuer machen. Es ist zwar nicht allzu kalt hier, aber es könnte wenigstens etwas Wärme in unsere Herzen bringen.«
    »Meinst du, das geht hier?«
    Er zuckte mit den Achseln. »Es ging auch an diesem anderen Ort, der Flickenwelt, wie du dazu sagtest. Und hier sieht es nicht viel anders aus.«
    »Ja, kommt dir das auch so vor?« Renie warf einen kurzen Blick auf Fredericks. Das Mädchen war von Orlandos starrer Gestalt heruntergerutscht und lag jetzt an ihn geschmiegt am Boden. Renie richtete ihre Aufmerksamkeit wieder auf den merkwürdigen abgebrochenen Berg. »Dieser Ort hat sich irgendwie verändert. Er sieht jetzt sehr wie diese unfertige Welt von neulich aus, als wäre er noch im Entstehen. Was mag das wohl zu bedeuten haben? Und vor allem, wie kommen wir hier weg, damit wir die andern finden können?« Ein jäher Gedanke durchzuckte sie wie ein Blitz. »Mein Gott! Das Feuerzeug!« Sie strich sich tatsächlich mit den Händen über die Haut, bevor sie begriff, daß sie ohne Kleidung auch keine Taschen haben konnte. »Es ist weg.«
    !Xabbu schüttelte den Kopf. »Ich habe es neben dir gefunden.« Er machte die Hand auf. Das glänzende Ding sah in dieser trostlosen Umgebung recht unpassend aus.
    »Funktioniert es?« fragte Renie aufgeregt. »Hast du’s versucht?«
    »Ja, das habe ich. Ich konnte nichts damit ausrichten.«
    »Laß mich mal probieren.« Sie ließ es sich von ihm geben, wog es kurz in der Hand, zufrieden mit der vertrauten Schwere, und drückte dann mit den Fingern eine der Sequenzen, die sie und Martine entdeckt hatten. Das Ding reagierte nicht. Kein Gateway leuchtete auf. Renie fluchte leise und versuchte eine andere Sequenz.
    »Was du da tust, ist sinnlos«, sagte eine neue Stimme.
    Renie erschrak dermaßen, daß sie das Feuerzeug fallen ließ. Der Fremde, der hinter dem Felsen hervorgetreten war und jetzt nur wenige Meter entfernt stand, war ein großer, schlanker Europide von muskulöser Geschmeidigkeit, dem man das fortgeschrittene Alter nur an den weißen Haaren und den Falten in seinem langen, scharfnasigen Gesicht ansah. Renie überlegte, wer von ihren Gefährten das sein konnte, aber sie kam auf keinen. Sie klaubte rasch das Feuerzeug vom Boden auf. »Wer … wer bist du?«
    Der Mann verengte langsam die Augen. Sein Blick war kalt, fast reptilartig. »Vermutlich könnte ich mir etwas ausdenken, aber ich wüßte nicht, warum ich lügen sollte.« Seine Sprache war überlegt, prägnant und so emotionslos wie sein Blick, mit dem leisen Anflug eines Akzents, den Renie nicht bestimmen konnte. »Ich heiße Felix Jongleur. Um euch die zweite und dritte Frage zu ersparen – ja, ich bin der Führer der Gralsbruderschaft, und nein, ich habe keine Ahnung, wo wir uns befinden.« Er gestattete sich ein hartes, humorloses Lächeln. »Ich weiß es zwar zu schätzen, daß ich einen gesunden Körper bekommen habe – ich bin seit weit über einem Jahrhundert nicht mehr so jung gewesen –, aber ich wäre lieber ein Gott geblieben.«
    Renie starrte ihn entgeistert an. Dies war einer der Männer, die sie schon so lange jagte, daß sie gar nicht mehr wußte, wie lange – einer der Verbrecher, die Stephens Leben zerstört hatten, die den Befehl gegeben hatten, Susan Van Bleeck zu Tode zu prügeln. Unwillkürlich ballte sie die Fäuste und ging sprungbereit in die Hocke.
    Er zog amüsiert eine Augenbraue hoch. »Ihr könnt mich angreifen, doch es wird euch nichts nützen – vorausgesetzt, ihr könntet mich tatsächlich überwältigen, was womöglich schwieriger ist, als ihr denkt. Vielleicht kann ich euer Gewissen mit der Mitteilung erleichtern, daß ich euch genauso unausstehlich finde wie ihr mich. Aber wie es aussieht, werden wir uns gegenseitig brauchen, wenigstens eine Zeitlang.«
    »Uns brauchen?« fragte sie. » !Xabbu ?« Sie wandte sich ihm zu, wobei sie Jongleur im Augenwinkel behielt, obwohl der Mann nicht die kleinste Bewegung in ihre Richtung gemacht hatte. »Gibt es irgendeinen Grund, weshalb wir dieses fiese Schwein nicht einfach vom Berg runterschmeißen sollten?«
    Ihr Freund war ebenfalls angespannt – sie spürte ihn neben sich wie eine zusammengedrückte Sprungfeder. »Was soll das
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