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Otherland 3: Berg aus schwarzem Glas

Otherland 3: Berg aus schwarzem Glas

Titel: Otherland 3: Berg aus schwarzem Glas
Autoren: Tad Williams
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Renie und !Xabbu den niedergestreckten Gott erreicht. Er war so hart aufgeschlagen, daß ein richtiger Krater entstanden war. Nur einer von Orlandos Füßen ragte unter dem Brustkasten der Bestie hervor; Fredericks bemühte sich vergeblich, den gewaltigen Leib zur Seite zu schieben, damit sie ihren Freund darunter hervorziehen konnte.
    Renie konnte gerade noch einen erschütterten Blick auf die Szene werfen, als sie eine Bewegung über ihrem Kopf wahrnahm, einen Schatten, eine Luftdruckveränderung. Im Aufschauen sah sie die Hand des Andern herunterfallen, und sie war so titanenhaft groß, daß sie den Himmel und alles Licht verfinsterte.
    »O nein …«, war alles, was sie noch sagen konnte, ehe das Dach der Welt über ihnen einstürzte.
     
     
    > Orlando wehrte sich diesmal nicht gegen die Dunkelheit.
    Er spürte, wie er verging, wie ihm alles entglitt, aber er war machtlos dagegen. Alles, was ihn ausmachte, schien sich zu zerstreuen wie der zarte Stoff einer Wolke im heißen Sonnenschein – doch es war das Dunkel, nicht das Licht, das ihn verdunsten ließ und in sich aufnahm.
    Einen Moment lang hatte er den Eindruck, das Krankenhauszimmer und seine Eltern noch einmal zu sehen. Er versuchte, zu ihnen zu sprechen, sie zu berühren, doch er hatte seine Entscheidung schon vorher getroffen und war jetzt so wesenlos wie ein flüchtiger Gedanke: Er konnte nur an ihnen vorbei in das ausufernde Dunkel gleiten.
    Jetzt bin ich bloß noch eine Erinnerung. Die Erkenntnis hätte schrecklich und traurig sein müssen, aber irgendwie war sie das nicht. Und doch, obwohl er bereits von ihnen gegangen war, wollte er sie furchtbar gern wissen lassen, daß er sie nicht vergessen hatte. Er konnte nur hoffen, daß irgendein unausdenklicher Wind seine Stimme durch die leeren Räume zu ihnen zurücktrug.
    Ich liebe dich, Mama. Ich liebe dich, Papa.
    Es war nicht eure Schuld …
    Er sank weiter. Die Stimmen, ob wirklich oder nicht, waren wieder da, doch jetzt hießen sie ihn freudig willkommen. Und in seinem Verschwinden wurde er zugleich immer weiter, immer tiefer, bis fast nichts mehr von ihm übrig war und er dennoch ganze Welten umspannte.
    Und nach allem, was er getan hatte, um dagegen anzukämpfen, davor zu fliehen, seine Furcht davor abzutöten, merkte Orlando Gardiner, als der letzte Moment endlich kam, daß er gar keine Angst vor der Dunkelheit hatte.

Kapitel
Der Weiße Ozean
    NETFEED/NACHRICHTEN:
    Ambodulus Abwesenheit löst Chaos in Westafrika aus
    (Bild: Präsident auf Lebenszeit Edouard Ambodulu bei einem Staatsempfang)
    Off-Stimme: … Durch das Verschwinden von Präsident Ambodulu sind die Verhältnisse in dem westafrikanischen Staat noch instabiler geworden. Während Gerüchte von Krankheit, Abdankung und Tod auf dem politischen Markt kursieren, scheinen seine Stellvertreter den Kampf um die Macht aufgenommen zu haben. Trotz wiederholter Aufforderungen von Seiten einflußreicher Politiker des Landes wie auch internationaler Medien hat es seit 48 Stunden keine offizielle Verlautbarung aus dem Präsidentenpalast gegeben. Dies wiederum heizt Spekulationen an, ein Putsch innerhalb Ambodulus eigener Stammesgruppe könnte das Land seines Führers beraubt haben …
     
     
    > Jemand zog an ihrer Hand. Stephen natürlich – er schaffte es regelmäßig, dem Weckruf ihres Pads um fünf Minuten zuvorzukommen, riß sie immer aus den letzten paar Minuten Schlaf, die sie doch so dringend nötig hatte. Renie stöhnte und versuchte sich umzudrehen. Sollte er sich sein Frühstück doch einmal selber machen. Schließlich war er mittlerweile acht …
    Doch nein, das war er nicht mehr, er war jetzt … wie alt? Zehn? Elf? Fast schon ein Teenager. Tatsächlich war er jetzt derjenige, der schwer zu wecken war, der sich immer tiefer ins Kissen vergrub und sich nicht darum scherte, wenn sie ihm vorhielt, er werde zu spät zur Schule kommen … im Schlaf versunken, im tiefen, tiefen Schlaf, wo sie ihn nicht erreichen konnte …
    Stephen. Auf einmal war die Erinnerung deutlich, als ob eine Spielkarte umgedreht worden wäre. Stephen liegt im Koma. Sie mußte etwas unternehmen. Doch wenn es nicht Stephen war, der an ihr zog, wer dann …?
    Sie schlug die Augen auf, versuchte klar zu sehen. Eine Sekunde lang konnte sie mit dem Gesicht über ihr nichts anfangen, doch dann wußte sie plötzlich, wer es war, erkannte die hellbraune Haut und die Pfefferkornhaare …
    » !Xabbu …!« Sie richtete sich auf und sank von Schwindel überwältigt sofort
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