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Ostern im Möwenweg

Ostern im Möwenweg

Titel: Ostern im Möwenweg
Autoren: Kirsten Boie
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sie neulich Nachbar Voisin geliehen. Der hat sie auch dringend gebraucht.«
    »Oh nee, du!«, hat Tieneke gerufen, aber Fritzi hat gesagt, sie kommt mit, wenn wir Herrn Voisin fragen gehen.
    »Und das Augenmaß kann er mir bei der Gelegenheit auch zurückgeben!«, hat Michael gesagt. »Das hat er damals gleich mitgenommen. Aber das ist meins, nicht dass ihr das auch zu Opa Kleefeld bringt.«
    Wir haben gesagt, nee, nee, das können wir schon auseinanderhalten.
    »Bestimmt hat Herr Voisin es Vincents und Laurins Mutter ausgeliehen!«, hat Tieneke gesagt. »Wetten? Sonst wären die ja die Einzigen im Möwenweg, die die Steinschere nicht gebraucht haben.«
    »Solange sie nicht bei einem ist, zu dem wir durch den ganzen Ort laufen müssen!«, hab ich gesagt.
    Früher hätten wir nicht so gerne bei Voisins geklingelt, weil sie immer so viel mit uns geschimpft haben. Aber jetzt sind sie schon netter geworden. Zum Geburtstag haben sie mir sogar eine Tafel Schokolade geschenkt. (Leider Kaffee-Sahne. Die mag ich nicht so gerne.) Und unsere Namen kriegen sie auch nicht mehr so oft durcheinander.
    Frau Voisin hat uns die Tür aufgemacht. Mama sieht zu Hause immer so ein bisschen ödelig aus, wenn sie niemanden erwartet, und sie ist nicht geschminkt und hat alte Klamotten an. Zu Hause kann man die doch noch auftragen, sagt sie. Und Tienekes Mutter sagt das auch und die von Fritzi und Jul. Aber Frau Voisin sieht immer so vornehm aus, als ob sie gleich in ihre Bank gehen will. Da arbeitet sie nämlich.
    »Oh, hallo, Sarah und Friederike und Tina!«, hat sie gesagt. Da hat ja wenigstens ein Name gestimmt. »Womit kann ich euch helfen?«
    »Wir wollten bitte die Steinschere zurückholen!«, hab ich gesagt. »Wenn Sie die nicht mehr brauchen.«
    »Und Papas Augenmaß!«, hat Fritzi gesagt. »Bitte.«
    Da hat Frau Voisin plötzlich ein ganz böses Gesicht gemacht.
    »Weil Opa Kleefeld sie wieder braucht!«, hab ich darum ganz schnell gesagt. »Dem gehört die Steinschere nämlich! Sie gehört gar nicht Michael, der hat sie Ihnen nur verliehen, aber er hatte sie selbst von Tienekes Vater und der hatte sie von Papa! Und Papa hat sie von Opa Kleefeld ausgeliehen und der braucht sie jetzt leider selber!«
    Ich hab schon gesehen, dass Frau Voisins Gesicht immer freundlicher geworden ist, je länger ich geredet habe, und am Schluss hat sie sogar fast gelächelt.
    »Die Steinschere!«, hat sie gesagt.
    Wir haben alle drei genickt.
    »Und was will Herr Kleefeld mit der Steinschere schneiden?«, hat sie gefragt. »Oder eure Väter?«
    »Na, Steine doch!«, hab ich gesagt, weil das ja wohl logisch ist, aber dann hab ich plötzlich Tieneke angestarrt. Und Tieneke hat genauso zurückgestarrt. Weil man Steine doch gar nicht mit der Schere schneiden kann! Das ist doch Quatsch! Darum kann es doch gar keine Steinschere geben!
    »Na, die haben euch aber alle zusammen ganz schön in den April geschickt!«, hat Frau Voisin gesagt. »Möchtet ihr vielleicht zum Trost eine Praline?«
    Das war ja nett von ihr, aber wir wollten trotzdem keine. Das wissen wir schon, dass da immer so komischer Schnaps drin ist, der schmeckt eklig. Wir hatten schon mal eine von ihr. »Nein, vielen Dank!«, hab ich darum sehr höflich gesagt. »Und Entschuldigung!«
    »Ach, da könnt ihr doch nichts dafür, wenn euch eure Eltern in den April schicken!«, hat Frau Voisin gesagt. Jetzt hat sie wirklich ganz vergnügt ausgesehen. Aber wir wollten jetzt nicht mehr mit ihr reden.

    »Warum hast du das nicht gemerkt?«, hab ich auf dem Rückweg ganz böse zu Tieneke gesagt. »Du Dummi? Das ist doch logisch, dass es keine Steinschere gibt!«
    »Du hast es ja selber nicht gemerkt, du Dummi!«, hat Tieneke gesagt, und Fritzi hat gesagt, sie auch nicht. Aber dass unsere Väter und Mütter uns wirklich ganz schön reingelegt haben. Das glaubt man von Vätern und Müttern ja nicht.
    »Eigentlich ist es aber ja lustig!«, hab ich gesagt. »Oder?« Hinten in der Straße sind nämlich gerade Petja und Vincent auf ihren Rädern aufgetaucht. »Los, die legen wir auch rein!« Ich hab den beiden zugewinkt. »Hallo, Petja! Wir kommen gerade von Opa Kleefeld, der wollte von Papa seine Steinschere zurück, kannst du das Papa mal sagen? Ich muss Tieneke noch bei den Hausaufgaben helfen!«
    »Logisch, logisch, immer zu Diensten!«, hat Petja gesagt. »Ich will ja sowieso gerade nach Hause. Kommst du mit, Vincent?«
    Tieneke und Fritzi und ich haben uns aber ganz schnell auf der anderen Straßenseite
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