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Osama (German Edition)

Osama (German Edition)

Titel: Osama (German Edition)
Autoren: Lavie Tidhar
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Blick. Sie beugte sich vor, wobei ihr die Haare ins Gesicht fielen, ein kleiner Luftspalt trennte sie jetzt nur noch, und als sie ihre Hand auf seine legte, hatte das etwas schrecklich Intimes, intim und vertraut. Dann richtete sie sich auf, ihre Hand löste sich von seiner, sie schüttelte den Kopf und fasste ihre Haare im Nacken zusammen. »Geld ist kein Thema«, sagte sie, worauf sie in eine Tasche griff und einen dünnen viereckigen Gegenstand hervorholte und auf den Tisch legte.
    »Was ist das?«, fragte er.
    »Das ist eine Kreditkarte.«
    Den Blick darauf richtend, schüttelte er den Kopf, ohne sich dazu zu äußern. Stattdessen sagte er: »Wie trete ich mit Ihnen in Kontakt?«
    Sie lächelte, und wieder bemerkte er die feinen Fältchen um ihre Augen und stellte sich dieselbe Frage.
    »Gar nicht«, sagte sie. »Ich werde Sie finden.«
    Er nahm die Karte. Sie war mattschwarz, ohne irgendeine Schrift darauf, nur eine lange Ziffernfolge. »Aber w…«, sagte er aufblickend und sah, dass sie gegangen war, einfach so. Hinter dem Fenster hatte der Regen endlich aufgehört, und die Sonne schien durch die aufbrechenden Wolken.

Zweite Bombe
    Die zweite Bombe explodierte sechshundertsechzig Kilometer entfernt auf dem Gelände der ehemaligen israelischen Botschaft in Tansania, die inzwischen von der diplomatischen Vertretung Amerikas übernommen worden war. Tropische Hitze lag über der asphaltierten Straße und den niedrigen Steingebäuden. Auf dem Fischmarkt wurden Karambesi, Gelbflossen-Thun und Wahoo schon von Fliegen umschwirrt. Auf dem Markt für Meeresmuscheln lagen Hunderte von Molluskenschalen auf Tischen und glänzten vielfarbig im Sonnenschein.
    Die Botschaft befand sich in der Laibon Road 36, Daressalam. Sie bestand aus einer ursprünglich für die Israeli gebauten dreistöckigen Kanzlei und einem viergeschossigen Anbau, der später von den Amerikanern hinzugefügt worden war. Die Bedrohung durch politisch motivierte Gewalt war in Daressalam als niedrig eingestuft worden. Was man später revidierte.
    Ahmed, der Deutsche, saß am Steuer des Bombentransporters. Die Nacht zuvor hatte er im Haus 213 im Illala-Distrikt von Daressalam verbracht. Er war blond und blauäugig. An der Uhuru Street hielt er an, und sein Beifahrer, K. K. Mohammed, stieg aus dem Transporter, einem Nissan Atlas, aus und kehrte zum Safe House zurück, um zu beten, während der Deutsche zum Botschaftsgelände weiterfuhr.
    Ein Wassertankwagen blockierte den Weg dorthin. Der Fahrer, ein Tansanier, hieß Yusufu Ndange und war Vater von sechs Kindern. Um 10.30 Uhr betätigte Ahmed, der Deutsche, vielleicht weil er nicht auf das Gelände vordringen konnte, vielleicht weil der Zeitdruck zu groß war, den Zünder. Er war weniger als elf Meter von der Mauer der Botschaft entfernt.
    Ein großer Teil der Druckwelle wurde von dem Wassertanker absorbiert, der drei Stockwerke hoch in die Luft geschleudert wurde und am Kanzleigebäude landete. Yusufu Ndange war auf der Stelle tot. Desgleichen fünf einheimische Wachen, die an diesem Tag Dienst taten. Die Überreste von dem Gehilfen des Tankerfahrers, den Zeugen kurz vor der Explosion noch gesehen hatten, wurden nie gefunden. Im Wohnsitz des amerikanischen Botschafters brach die Decke ein, allerdings war zu diesem Zeitpunkt niemand zu Hause. Fünf afrikanische Studenten, die in der Nähe standen, kamen ebenfalls ums Leben. Insgesamt forderte der Anschlag elf Opfer; Achmed, der Deutsche, machte zwölf.
    K. K. Mohammed verließ das Safe House und bestieg ein Flugzeug nach Kapstadt. Der Flug ging um 16.35 Uhr. Als er landete, atmete er die kühle Winterluft tief ein und machte sich auf die Suche nach einer Telefonzelle.

Eine unirdische Landkarte, wie die Oberfläche des Mondes
    Joe legte das aufgeschlagene Taschenbuch auf den Schreibtisch, so dass die Seiten wie eine flach aufliegende Handfläche die unbehandelte Tischplatte berührten. Es gab viele Fragen, doch ihm war nicht danach, sie zu stellen. Er machte die Schublade auf und zog die Flasche Red Label daraus hervor. Er starrte sie an, schüttelte sie, nur um die bernsteinfarbene Flüssigkeit darin herumschwappen zu sehen. Die Frage war: Wollte er trinken?
    Noch einen Moment lang betrachtete er die Flasche, dann schraubte er ihren Verschluss ab, setzte sie sich an die Lippen und trank. Der Whisky brannte ihm im Magen. Joe schraubte die Flasche wieder zu und legte sie in die Schublade zurück, die er zuschob. Er starrte das Buch an.
    Dann nahm er die
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