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Zwei sind eine zu viel

Zwei sind eine zu viel

Titel: Zwei sind eine zu viel
Autoren: M. L. Busch
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Zwillinge
    Ich lächle, weil du meine Schwester bist
    und lache, weil du nix dagegen machen kannst.
     
    (Verfasser unbekannt)
     
     
     
    Eins
     
    Emma saß beim Friseur mit einer Unmenge an Silberfolie auf dem Kopf. Es roch nach Bleiche, Nagellack und wer weiß was noch alles. Die überaus fäh i ge Hairstylistin von Golden Girly machte Emma dreifarbige Strähnchen und fuhr ihr sorgfältig mit den Fingern durch die glänzenden Haare. Sie gönnte sich heute das Komplettprogramm – Haare, Nägel, Make-up. Es gab an di e sem Tag ein Angebot bei Golden Girly , das kaum zu glauben war. Für zwanzig Euro konnte sich die Kundin aussuchen, was sie wollte. Sie fühlte sich e u phorisch und freute sich, als hätte sie im Lotto gewonnen.
    Bisher hatte sie sich gescheut, sich die Haare von einer professionellen Hairstylistin machen zu lassen. Es war immer zu viel für ihren Geldbeutel gewesen. Sie bevorzugte die Discounter-Variante. Vierneunundneunzig, Einmalhandschuhe inklusive. Aber heute gönnte sie sich für ihre zwanzig Euro alles, was ihr Frauenherz begehrte. Die Dame, die für die Maniküre z u ständig war und wie Lady Gaga aussah, saß neben ihr und lächelte sie freun d lich an. Sie hielt die Hand und feilte die Nägel so akkurat, wie Emma es noch nie gesehen hatte. Wow, sie sollte sich viel öfter diesen Luxus gönnen. Scheiß auf das Geld.
    Zoe-Marie, die Hairstylistin, die hinter ihr stand, stellte die Trockenhaube über ihren Kopf. Nachdem sie den Timer eingestellt und sie ordentlich z u rechtgerückt hatte, fragte sie Emma, ob sie ein Glas Champagner oder lieber einen Kaffee möchte. Es gab Champagner beim Friseur ? Warum e i gentlich nicht? Sie merkte, wie die Trockenhaube anfing, angenehme Wärme abzug e ben.
    „ Ich nehme den Champagner.“
    Die Trockenhaube piepte nach nicht mal fünf Minuten. Das ging aber schnell. Warum verbringen die Frauen immer so viel Zeit beim Friseur , wenn es hier so verdammt schnell ging? Die Trockenhaube piepte immer noch. Konnte das mal einer abstellen? Das Piepen wurde immer lauter, aber keiner schien sich dafür zu interessieren. Sie sah die Frau an, die ihr die Nägel feilte. Die blickte nicht mal auf. Seelenruhig feilte sie weiter. Das jetzt mehr als u n angenehme Geräusch der Trockenhaube wurde immer penetranter. Ve r dammt! Für Haare war die Nageltante wohl nicht zuständig.
    „ Hallo, kann mal jemand die Haube wegnehmen und das Piepen abstellen? Nicht, dass meine Haare nachher grün sind.“
    Nichts geschah. Keiner kam zu ihr. Was war hier nur los? Was war das für ein sonderbarer Laden? Wer nannte sich auch schon Golden Girly ?
    Sie setzte sich ruckartig in ihrem Stuhl auf. Fassungslos sah sie auf den W e cker, der in den letzten Minuten immer lauter geworden war. Die Trocke n haube war weg, die Dame, die gerade noch ihre Nägel gefeilt hatte, war auch verschwunden. Erschrocken begutachtete sie ihre Nägel.
    O Gott, die krummen Dinger waren genauso schlimm und abgeknabbert wie gestern Abend. Vorsichtig berührte sie ihre Haare, aber da war keine Si l berfolie.
    Langsam dämmerte ihr, dass das Ganze nur ein Traum war. Ein herzhaftes Gähnen, gefolgt von herber Enttäuschung, ergriff von ihr Besitz und ging in ein wütendes Schnauben über. Wie konnte sie nur so blöd sein? Wo bekam man eine Komplettbehandlung für zwanzig Euro? An dem Punkt hätte ihr auffallen müssen, dass sie träumte. Langsam klärten sich ihre Gedanken. N a türlich wachte ihr Gehirn heute Morgen wieder nach ihr auf. Es war Samstag und den Wecker, den sie für eine Trockenhaube gehalten hatte, hatte sie längst ausgeschaltet. Aber nicht, ohne ihn noch mal böse anzufunkeln. O b wohl er nichts dafürkonnte, dass er nun mal nicht als Trockenhaube zur Welt gekommen war.
    Die roten Digitalzahlen auf dem schwarzen Grund zeigten sechs Uhr dre i ßig. Himmelherrgott noch mal! Es war Samstag und erst sechs Uhr dreißig. Warum hatte sie etwas so Beklopptes gemacht und sich an einem freien Tag den Wecker auf sechs Uhr dreißig gestellt?
    Ach ja. Das Fitnessstudio.
    Ihre Schwester Lucy hatte sie dazu überredet. Sie hatte sie zur Seite g e nommen, auf ihre deutlich gerundeten Hüften gezeigt und irgendwas von schlaffem Bindegewebe gefaselt.
    Sie wusste, dass sie dick war. Nicht wirklich fett. Aber sie war eine rundlich, kurvige Person, die eine lange, dunkle Lockenmähne trug, die sie kaum zu bändigen wusste. Vielleicht wäre deshalb die professionelle Hairstylistin von Golden Girly so schön gewesen.
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