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Ort des Grauens

Ort des Grauens

Titel: Ort des Grauens
Autoren: Dean R. Koontz
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schließlich von ihr zurückzog wie eine sich windende Giftschlange, die widerstrebend ihre Absicht ändert zuzubeißen, und als er sie vom Tisch zog und sie wieder auf den Stuhl stieß, war sie - vielleicht zum erstenmal in ihrem Leben - eingeschüchtert. Sie wußte, daß er sie auf der  Stelle töten und ihr Blut trinken würde, leistete sie weiteren Widerstand.
    Dann sagte er etwas Erstaunliches: »Später, wenn ich mit Frank fertig bin, mußt du mir erzählen, woher Thomas seine besondere Kraft hatte.«
    Sie war so verängstigt, daß sie Schwierigkeiten hatte, auch nur einen Ton herauszubringen. »Kraft? Was meinen Sie?«
    »Er ist der einzige Mensch -außerhalb unserer Familie natürlich -, bei dem ich so etwas erlebte. Das Böse Ding nannte er mich. Und er versuchte ständig, mich telepathisch zu kontrollieren, weil er wußte, daß sich unsere Wege deine und meine - irgendwann kreuzen würden. Wie konnte er eine solche Begabung haben, da er doch nicht von meiner jungfräulichen Mutter geboren worden war? Später wirst du mir das erklären.«
    Wie sie da saß, zu ängstlich um zu weinen oder sich zu rühren, die verletzte Hand mit der anderen schützend, wissend, daß dies nur die Ruhe vor dem Sturm war, hatte sie Mühe, noch Raum für Verwunderung zu finden. Thomas?Übersinnlich begabt? War es denn möglich, daß er sich während dieser ganzen Zeit, in der sie sich um ihn gesorgt, sich um ihn gekümmert hatte, in gewisser Weise um sie gekümmert hatte?
    Sie hörte ein eigenartiges Geräusch, das vorn aus dem Haus erklang. Einen Moment später stolzierten wenigstens zwanzig Katzen durch die Tür zum Korridor, die Schwänze majestätisch gereckt.
    Mit dem Rudel erschienen die Pollard-Zwillinge, langbeinig und barfuß. Eine trug ein Höschen und ein rotes T-Shirt, die andere ein Höschen und ein weißes T-Shirt. Sie waren so geschmeidig wie ihre Katzen. Sie waren so bleich wie Geister, aber es war nichts Weiches, Schwammiges an ihnen. Sie waren schlank und vital und barsten geradezu vor jener angestauten Energie, von der man wußte, daß Katzen über sie verfügten, selbst wenn sie träge in der Sonne zu liegen schienen. Auf gewisse Weise wirkten sie ätherisch, aber gleichzeitig irdisch und stark, ungeheuer sinnlich. Ihre Anwesenheit im Haus mußte die unnatürliche Spannung in ihrem Bruder angeheizt haben, der, wenn es um Hoden ging, ein doppelter Mann war, dem aber das entscheidende Ventil fehlte, diese Spannungen abbauen zu können.
    Sie näherten sich dem Tisch. Die eine der beiden starrte auf Julie hinunter, während die andere an ihrer Schwester hing und den Blick abgewandt hatte. »Bist du Candys Freundin?« fragte die Dreiste. In ihrer Frage lag unmißverständlich Spott, sie amüsierte sich über ihren Bruder.
    »Halt den Mund«, sagte Candy.
    »Wenn du nicht seine Freundin bist«, fuhr die Dreiste fort, »könntest du mit uns nach oben kommen, wir haben ein Bett, die Katzen würden nichts dagegen haben, und ich denke, ich würde dich mögen.« Ihre Stimme war weich wie raschelnde Seide.
    »Sprich nicht so im Haus deiner Mutter«, sagte Candy grimmig. Seine Wut war echt, doch Julie war klar, daß seine Schwester ihm gewaltig auf die Nerven ging.
    Beide Frauen, sogar die Schüchterne, strahlten etwas Wildes aus, so als seien sie bereit, alles zu tun, was ihnen gerade einfiel, egal wie frevelhaft es auch sein mochte. Und sie kannten offenbar weder Reue noch Hemmungen.
    Julie hatte vor ihnen fast soviel Angst wie vor Candy.
    Von der Vorderseite des vor sich hin modernden Hauses erklang ein Klopfen. Es war trotz des dröhnenden Regens, der auf das Dach donnerte, zu hören.
    Wie ein Tier huschten die Katzen aus der Küche, durch die Diele zur Eingangstür, und weniger als eine Minute später begleiteten sie Bobby und Frank herein.
    Bobby empfand Dankbarkeit, als er die Küche betrat und sah, daß Julie lebte. Er dankte Gott -und sogar Candy. Sie wirkte abgehärmt, ganz ausgezehrt vor Furcht, war ihm aber dennoch nie schöner erschienen.
    Sie war auch nie so zahm gewesen oder so unsicher und trotz des Chors der Todesfeen, der in ihm tobte und kreischte, war er imstande, auch darüber traurig und wütend zu sein.
    Obwohl er immer noch hoffte, Frank würde ihn nicht im Stich lassen, hatte Bobby sich darauf vorbereitet, seinen Revolver zu benutzen, falls es zum Schlimmsten kommen oder sich unvermutet eine Gelegenheit dafür ergeben sollte.
    Doch kaum hatte er den Raum betreten, sagte der Wahnsinnige: »Hol deine
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