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Ordnung ist nur das halbe Leben

Ordnung ist nur das halbe Leben

Titel: Ordnung ist nur das halbe Leben
Autoren: Emma Flint
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ehemaligen Benediktinerkloster mitten in Köln. Anja kam mit Töchterchen Mia und zwei anderen Mädchen in süßen Kleidchen und mit Körben voller Blumen aus dem Tor und gesellte sich zu uns.
    »Alles klar«, sagte sie. »Die Gäste sind im Innenhof. Der Champagner steht bereit. Daniel und Oma Hildegard halten die Stellung. Jetzt müssen sie nur noch kommen.«
    Ein neues Tattoo zierte Anjas Unterarm. Ein kleiner Sternenregen zog sich vom Handgelenk in Richtung Ellbogen.
    »Sieht schön aus«, sagte ich.
    »Deine neue Frisur gefällt mir auch super«, sagte sie.
    Ich fühlte über meine raspelkurzen Haare. »Erstaunlicherweise gefällt es mir auch«, kicherte ich.
    Ein gelber Seat Ibiza fuhr im Schritttempo an uns vorbei. Hannes hing entspannt auf dem Beifahrersitz, Lisa hielt genervt Ausschau nach einem Parkplatz. Wir winkten ihnen zu. Hannes grüßte in Königinnenmanier zurück.
    »Da!«, rief ich plötzlich. »Da hinten sind sie!«
    Der Opel Diplomat rollte langsam die Straße hinunter, ein Blumenherz aus roten und weißen Rosen zierte die Kühlerhaube.
    Ich drückte aufgeregt Anjas Hand. »Ich bin so gespannt, was sie sagt«, murmelte sie.
    »Wehe, sie freut sich nicht. Dann gibt es aber Ärger«, drohte meine Mutter.
    »Immerhin haben wir unseren Urlaub geopfert, um das hier bezahlen zu können«, murrte mein Vater.
    »Und das ist das letzte Mal, dass du das heute sagst, okay, Papa?«
    Er antwortete nicht.
    »Papa! Ich möchte nicht, dass du das Tante Marianne unter die Nase reibst – in Ordnung?«, mahnte ich.
    »Ist gut. In Ordnung.«
    Lennart hielt genau vor uns. Anja trat an den Wagen heran und öffnete die Tür. Ihrer Mutter, meiner Tante Marianne, stand die Verwirrung ins Gesicht geschrieben.
    »Was ist denn hier los?«, fragte sie, als sie ausstieg.
    Onkel Bernd, der eingeweiht war, trug einen dunkelblauen Cut, meine Tante ein hellblaues Satinkleid.
    Ich drückte ihr einen Blumenstrauß in die Hand mit rosafarbenen und weißen Blüten und sagte: »Alles Gute und meinen herzlichsten Glückwunsch zur Perlenhochzeit, liebe Tante Marianne und lieber Onkel Bernd!«
    »Was? Wie?«, stammelte sie verwirrt.
    »Das hier ist eure Hochzeitsfeier«, verkündete ich.
    Marianne stand der Mund offen.
    »Wir dachten, ihr habt es verdient«, sagte Anja und umarmte ihre Eltern.
    Tante Mariannes Kinn fing an zu zittern. Onkel Bernd legte den Arm um sie.
    »Das habt ihr für uns gemacht?«, fragte sie verblüfft.
    »Na ja, eigentlich hast du ja alles organisiert«, sagte ich lachend.
    »Natürlich haben wir auch noch einiges getan«, dröhnte mein Vater. »Wir …«
    »Wir haben zum Beispiel den Anlass für dieses Fest geändert«, rief meine Mutter dazwischen. »Denn jetzt ist es euer Fest!«
    Marianne sah ihren Mann an, eine Träne stahl sich aus ihrem Augenwinkel und rollte die Wange hinunter.
    »Geweint wird erst später, Marie«, brummte Onkel Bernd und küsste sie auf die Wange.
    Meine Tante umarmte uns der Reihe nach, angefangen bei ihrer Tochter. Als sie alle durch hatte und sich mit einem Taschentuch die Tränen getrocknet hatte, lächelte sie.
    »Vielen Dank!«, flüsterte sie und griff die Hand ihres Mannes.
    »So, ihr Mäuse, dann streut mal Blumen für das Brautpaar«, sagte Anja sanft, und die drei Mädchen stolperten vor Marianne und Bernd her und verteilten Blüten auf dem Weg.
    Lennart winkte zum Zeichen, dass er noch den Wagen wegbringen würde. Ich winkte zurück.
    Im Innenhof warteten die Gäste. Sie bildeten mit weißen und roten Rosen ein Spalier, durch das das Paar gehen musste. Marianne und Bernd schritten darunter her und auf ein Plakat zu, das ich mit Anja gemalt hatte: Herzlichen Glückwunsch zum 30. Hochzeitstag.
    »Das ist die erste Familienfeier, bei der sich niemand streitet«, stellte Anja fest, als wir uns zwei Stunden später am Büfett trafen.
    »Tatsächlich«, sagte ich. »Wirklich mal was ganz Außergewöhnliches.«
    »Selbst Oma Hildegard sieht weniger sauertöpfisch aus als sonst.«
    »Das liegt vielleicht daran, dass meine Mutter sich tatsächlich bei ihr entschuldigt hat. Für die ganzen Nazivorwürfe.«
    »Ich weiß«, lachte Anja. »Oma Hildegard meinte, dass sie das noch erleben dürfe, grenze an ein Wunder.« Sie häufte sich Ratatouille auf ihren Teller. »Und bist du nicht traurig, weil es eigentlich deine Hochzeit werden sollte?«
    »Überhaupt nicht«, sagte ich. »Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie wenig traurig ich bin.«
    »Wenn ich mir deinen neuen Freund so
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