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Orchideenhaus

Orchideenhaus

Titel: Orchideenhaus
Autoren: L Riley
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dem Zimmer war es bitterkalt. Julia ging am Kamin und an den Sofas vorbei, von denen ein unangenehmer Schimmelgeruch aufstieg, auf den Flügel zu.
    Erst jetzt bemerkte sie die groß gewachsene Gestalt, die mit dem Rücken zu ihr stand und aus dem Fenster jenseits des Flügels blickte, halb verhüllt von dem verschlissenen Damastvorhang. Der Mann bewegte sich nicht, stand starr da wie eine Statue. Anscheinend hatte er sie nicht gehört.
    Julia, der bewusst war, dass sie in einem sehr privaten Augenblick störte, versuchte den Raum so leise wie möglich zu verlassen.
    An der Tür hörte sie ihn fragen: »Kann ich Ihnen helfen? «
    Sie wandte sich um. »Tut mir leid, ich hab hier nichts verloren. «
    »Stimmt.« Er sah sie stirnrunzelnd an. »Kennen wir uns nicht?«
    Es lagen fast zehn Meter Wohnzimmer zwischen ihnen, doch Julia erkannte das dichte, kastanienbraune Lockenhaar, den schlanken Körper — der seit ihrer letzten Begegnung kräftiger geworden und mindestens dreißig Zentimeter gewachsen war – sowie den schiefen Mund sofort.

    »Ja. Ich … Wir sind einander vor vielen Jahren begegnet«, stotterte Julia. »Entschuldigung. Ich geh jetzt lieber.«
    »Ach. Ist das nicht die kleine Julia, die Enkelin des Gärtners, inzwischen eine weltbekannte Konzertpianistin?«
    »Ja, ich bin Julia. Ob das mit dem ›weltbekannt‹ stimmt, weiß ich allerdings nicht …«
    Kit hob die Augenbrauen. »Keine falsche Bescheidenheit, Julia. Ich habe mehrere CDs von dir. Du bist berühmt! Was um Himmels willen machst du hier? Du verbringst doch sicher den größten Teil deines Lebens in Fünf-Sterne-Hotels der ganzen Welt.«
    Offenbar wusste er nicht Bescheid.
    »Ich … bin zu Besuch bei meinem Vater«, log Julia.
    »Wir fühlen uns geehrt«, sagte Kit mit einer angedeuteten Verbeugung, »von einer solchen Berühmtheit aufgesucht zu werden. Ich erzähle allen, dass ich einer der Ersten war, die deine Mondscheinsonate hören durften. Wie passend, dass wir uns ausgerechnet in diesem Raum wiedertreffen, kurz vor dem Verkauf des Hauses.«
    »Ja. Wie schade.«
    »Es ist das Beste so. Tante Crawford hat Wharton verkommen lassen, als sie hier lebte, und mein Vater hatte weder das nötige Geld noch das Interesse, alles wieder auf Vordermann zu bringen. Ich kann mich glücklich schätzen, jemanden gefunden zu haben, der bereit ist, mir diese Last abzunehmen. Es wird ein Vermögen kosten, das Anwesen zu renovieren.«
    »Dann gehört Wharton Park also dir?«
    »Ich fürchte ja. Nach dem Tod von Tante Crawford und jetzt auch von meinem Vater bin ich der Erbe. Leider haben sie mir jede Menge Schulden und Ärger hinterlassen.« Er zuckte mit den Achseln. »Sorry, wenn ich so negativ klinge.«
    »Bist du nicht ein bisschen traurig?«

    Kit schob die Hände in die Hosentaschen und trat näher zu ihr. »Offen gestanden: auf einer persönlichen Ebene, nein. Ich war als Junge nur in den Ferien hier, also besteht für mich keine innige emotionale Verbindung zu diesem Anwesen. Und Herrenhausbesitzer zu spielen, liegt mir nicht. Allerdings hat mir die Entscheidung, dreihundert Jahre Familiengeschichte einfach zu verkaufen, zugegebenermaßen schlaflose Nächte bereitet. Aber was bleibt mir anderes übrig? Ich muss Wharton loswerden, um die hohen Schulden abbezahlen zu können, die darauf lasten.«
    » Verkaufst du wirklich alles?«
    Kit strich sich die Haare aus dem Gesicht. »Das alte Stallungsgeviert, wo früher Bedienstete wohnten, behalte ich für mich, dazu ein mickriges Stück Land. Ich habe einen eigenen Weg zur Straße, so dass ich nicht den Haupteingang benutzen muss. Mein neues Zuhause ist ein ziemlich schäbiges Cottage ohne Zentralheizung, dafür jedoch mit feuchten Wänden. « Er lächelte. »Aber besser als nichts. Ich bin dabei, es zu renovieren. Ich glaube, es wird ganz hübsch, wenn’s erst mal fertig ist.«
    »Dort haben meine Großeltern gewohnt; meine Mutter ist da zur Welt gekommen«, sagte Julia. »Ich habe die Cottages nie schäbig gefunden, und die Feuchtigkeit ist mir auch nie aufgefallen.«
    »O je.« Kit wurde rot. »Mein Gott, wie arrogant von mir. Entschuldige. Ich habe das Cottage für mich behalten, weil es mir gefällt. Wirklich«, betonte er. »Und ich freue mich darauf, dort zu leben. Außerdem hoffe ich, die anderen Scheunen und Cottages ringsherum, wenn sie renoviert sind, vermieten zu können und ein bisschen Geld damit zu verdienen.«
    »Hast du denn keine andere Bleibe?«
    »Wie du bin ich lange im Ausland gewesen
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