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Der Holcroft-Vertrag - Ludlum, R: Holcroft-Vertrag

Der Holcroft-Vertrag - Ludlum, R: Holcroft-Vertrag

Titel: Der Holcroft-Vertrag - Ludlum, R: Holcroft-Vertrag
Autoren: Robert Ludlum
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Prolog
    MÄRZ 1945
     
    Der Rumpf des Unterseeboots war an den riesigen Pollern vertäut; sein scharf geschnittener Bug stach in das Dämmerlicht der Nordsee hinein.
    Der Stützpunkt befand sich auf der Insel Scharhörn in der Deutschen Bucht, ein paar Kilometer vom Festland und der Elbemündung entfernt. Es handelte sich um eine Bunkerstation, die die alliierte Abwehr nie entdeckt hatte und die aus Sicherheitsgründen auch nur wenigen im Oberkommando des Heeres bekannt war. Die Marodeure der Meere kamen und gingen im Schutz der Nacht, tauchten wenige hundert Meter vor der Hafenanlage auf und verschwanden dort auch wieder.
    Doch für dieses Boot war dieser Krieg vorbei. Aber es hatte einen Auftrag, der leicht zum nächsten Krieg führen konnte.
    Zwei Männer standen im Turm. Einer trug die Uniform eines deutschen Marineoffiziers, der andere, ein hünenhafter Zivilist, hatte den Kragen seines langen, dunklen Mantels hochgeklappt, um sich vor den eisigen Nordseestürmen zu schützen, doch hatte er keinen Hut, als wollte er dem Nordseewind die Stirn bieten. Beide blickten auf die lange Reihe von Passagieren hinunter, die sich langsam auf die Laufplanke zu bewegten. Jedesmal, wenn ein Passagier die Planke erreichte, wurde ein Name auf einer Liste abgehakt, und dann wurde er oder sie an Bord des U-Boots geführt — oder getragen.
    Einige wenige gingen selbst, aber das waren die Ausnahmen. Sie waren die Ältesten, etliche hatten bereits den zwölften oder dreizehnten Geburtstag hinter sich. Der Rest waren Kinder: Säuglinge in den Armen streng blickender Militärschwestern, die an der Planke ihre Schützlinge Marineärzten übergaben; Vorschulkinder und solche in den ersten Schuljahren, und alle trugen sie die gleichen Reisetaschen und
hielten sich an den Händen und sahen unsicher an dem sonderbaren schwarzen Schiff empor, das in den nächsten Wochen ihr Zuhause sein sollte.
    »Unglaublich«, sagte der Offizier. »Einfach unglaublich. «
    »Das ist der Anfang«, erwiderte der Mann im Mantel, und seine scharf geschnittenen, strengen Züge blieben unbewegt. »Man hört es von überall. Aus den Häfen, von Gebirgspässen, den noch verbliebenen Flugplätzen im ganzen Reich. Zu Tausenden ziehen sie hinaus. In jeden Teil der Welt. Und die Leute warten auf sie. Überall.«
    »Eine außerordentliche Leistung«, sagte der Offizier und schüttelte beeindruckt den Kopf.
    »Das ist nur ein Teil unseres Plans. Die ganze Operation ist außerordentlich. «
    »Ihr Hiersein ist mir eine Ehre.«
    »Ich wollte dabei sein. Dies ist der letzte Transport.« Der hünenhafte Zivilist blickte auf den Kai hinunter. »Das Dritte Reich liegt im Sterben. Die da werden seine Wiedergeburt sein. Die da sind das Vierte Reich. Frei von Mittelmäßigkeit und Korruption. Die da sind die Sonnenkinder. Auf der ganzen Welt.«
    »Die Kinder...«
    »Die Kinder der Verdammten«, fiel ihm der hochgewachsene Mann ins Wort. »Sie sind die Kinder der Verdammten. So wie Millionen das sein werden. Aber die da sind auserwählt. Und sie werden überall sein.«

1.
    JANUAR 197...
     
    »Attention! Le train de sept heures à destination de Zurich partira du quai numéro douze.«
    Der hünenhafte Amerikaner im dunkelblauen Regenmantel blickte in die mächtige Kuppel des Genfer Bahnhofs und versuchte, die verborgenen Lautsprecher ausfindig zu machen. Sein kantiges, scharf geschnittenes Gesicht wirkte verwirrt; die Ansage war französisch, in einer Sprache, die er kaum beherrschte und schlecht verstand. Trotzdem hörte er den Namen Zurich heraus; das war sein Stichwort. Er wischte sich die hellbraune Haarsträhne, die ihm mit irritierender Regelmäßigkeit ins Gesicht fiel, aus der Stirn und ging in Richtung Nordausgang.
    Es wimmelte hier von Menschen. Von allen Seiten strebten sie an dem Amerikaner vorbei, eilten zu den Bahnsteigen. Niemand schien auf die schroff klingenden Ankündigungen zu achten, die in metallischer Monotonie durch das Bahnhofsgebäude hallten. Die Reisenden wußten alle, wohin sie zu gehen hatten. Die Woche war zu Ende; in den Bergen war Schnee gefallen, und die Luft draußen war kalt und würzig. Jeder hatte seine Ziele und eilige Verabredungen; Zeitverschwendung konnte sich keiner leisten. Alle hatten es eilig.
    Der Amerikaner ging ebenfalls mit schnellen Schritten, denn auch er war verabredet. Er hatte schon vor der Ansage gewußt, daß der Zug nach Zürich von Gleis zwölf abfahren würde. Dem Plan entsprechend sollte er auf dem Bahnsteig sieben
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