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Opfergrube: Kriminalroman (Darmstadt-Krimis) (German Edition)

Opfergrube: Kriminalroman (Darmstadt-Krimis) (German Edition)

Titel: Opfergrube: Kriminalroman (Darmstadt-Krimis) (German Edition)
Autoren: Michael Kibler
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sie in Erinnerung gehabt hatte. Angelika Sacher war kaum einen Meter sechzig groß. Sie trug ein leichtes Sommerkleid in erdfarbenen Tönen. Das schulterlange Haar hatte sie zu einem einfachen Pferdeschwanz gebunden. Ihr Gesicht war kaum geschminkt.
    »Hesgart, Kripo Darmstadt, und mein Kollege Horndeich«, sagte Margot.
    »Ich weiß doch, ich erinnere mich.«
    »Frau Sacher, dürfen wir hereinkommen?«, fragte Margot.
    Die Angesprochene trat zur Seite. Von einem schmalen Flur ging es nach links in den Wohn- und Essbereich.
    »Bitte«, sagte Angelika Sacher und deutete auf eine großzügige Sitzgarnitur. Das Wohnzimmer war schlicht, aber stilvoll eingerichtet. Ein Bücherregal, ein CD-Regal, ein Fernseher, eine Musikanlage und Lautsprecherboxen – alles war in Weiß gehalten.
    Margot setzte sich, Horndeich tat es ihr nach. Dann hörte er Schritte – jemand kam die Treppe herunter. Sekunden später betrat Bruno Sacher den Raum. Er trug eine etwas antiquiert anmutende Popperfrisur, ein türkisfarbenes Hemd, Röhrenjeans und Cowboystiefel, offenbar aus Schlangenleder. Im besten Fall würde der junge Mann seinen individuellen Stil irgendwann noch finden. Im schlimmsten hatte er genau das schon getan.
    Er sah seine Mutter an. »Die Polizei?«
    »Hauptkommissar Horndeich, Kripo Darmstadt, meine Kollegin Hauptkommissarin Hesgart«, stellte diesmal Horndeich vor.
    »Warum sind die da?«, fragte der Sohn die Mutter. Und jede Farbe war aus seinem Gesicht gewichen.
    Noch jemand, der schon von der Leiche gehört hat, dachte Horndeich.
    Margot und Horndeich sahen sich an. Und Horndeich erkannte, dass er heute dran war, die Todesnachricht zu überbringen. Seine Kollegin wirkte etwas derangiert.
    »Frau Sacher …« Horndeich zögerte. Wie sollte er den jungen Mann ansprechen? »… Herr Sacher«, er wahrte besser die Form, wenn Bruno Sacher auf ihn auch kaum wie ein »Herr« wirkte. »… wir haben heute Emil Sacher tot aufgefunden.«
    Angelika Sacher, die immer noch stand, ließ sich auf einen der Sessel sinken. Ihr Sohn setzte sich neben sie auf die Lehne. »Ich habe es gewusst. Er ist es, die Leiche aus dem Woog, nicht wahr?«
    Horndeich nickte. »Ja. Wir konnten den Toten im Woog eindeutig als Emil Sacher identifizieren.«
    Bruno Sachers Gesicht hatte wieder etwas an Farbe gewonnen. Er legte den Arm um seine Mutter.
    Horndeich konnte sich des Eindrucks nicht erwehren, dass die Geste ein wenig theatralisch wirkte. Weder die Gattin noch der Sohn des Verstorbenen brachen in Tränen aus.
    »Können Sie uns schon Näheres sagen? Wer hat ihn umgebracht? Wann? Wie? Ist er ertrunken, weil er gefesselt war?« Frau Sachers Stimme war ganz ruhig, während sie die Fragen abfeuerte wie Pfeile.
    »Woher wissen Sie von den Fesseln?«, fragte Margot und sprach damit aus, was Horndeich dachte. Obwohl der bereits einen Verdacht hatte.
    Bruno Sacher stand auf und kam wenige Sekunden später mit einem kleinen Laptop zurück. Er stellte das Gerät vor Horndeich und Margot auf den flachen Sofatisch. Der junge Mann setzte sich wieder, und sein rechtes Bein wippte im schnellen Takt eines Stakkato-Punk-Liedes, das nur er selbst hören konnte.
    Der Bildschirm zeigte die Internetpräsenz einer bundesweit erscheinenden Tageszeitung, deren vier weiße Buchstaben auf rotem Grund wohl jedem Deutschen bekannt waren. Die Seite zeigte die Nachrichten der Region Frankfurt. Und Horndeich wusste sofort, wo der Fotograf gestanden haben musste, als er mit einem Tele die Leiche im Wasser treibend abgelichtet hatte. Der Fotograf war sicher der Kerl auf dem Baum gewesen. Ein bisschen Retusche hier, ein wenig Unschärfe dort – sie hatten das Bild des Toten »aufmacherfreundlich« hergerichtet, eklig genug, um die Kunden anzuziehen, gerade dezent genug, um sie nicht abzustoßen. Der Fokus lag auf der Fesselung.
    Den Redakteuren war diesmal offenbar auf die Schnelle keine brillante Überschrift eingefallen. »Wer macht so was?«, titelte die Überschrift. »Mafia-Mord in Darmstadt?« war die Unterzeile.
    Horndeich nickte nur. Die Details hatte er der Familie eigentlich ersparen wollen. Keine Chance.
    »Ja, das ist Ihr Mann«, sagte Horndeich und sah Angelika Sacher an.
    »Ich habe es gewusst«, hauchte sie nur.
    Immer noch keine Tränen. Weder beim Sohn noch bei der Ehefrau. Beide schwiegen.
    »Haben Sie keine Vorstellung, wer Ihrem Mann, Ihrem Vater das angetan haben könnte?«, schaltete sich Margot wieder ein.
    Beide schüttelten den Kopf, sahen sich an,
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