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Operation Schneewolf - Meade, G: Operation Schneewolf - Snow Wolf

Operation Schneewolf - Meade, G: Operation Schneewolf - Snow Wolf

Titel: Operation Schneewolf - Meade, G: Operation Schneewolf - Snow Wolf
Autoren: Glenn Meade
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Knebel im Mund, der hinter dem Kopf unter dem langen, dunklen Haar verknotet war. Kass schätzte sie auf höchstens zehn Jahre. Als er ihren verängstigten Gesichtsausdruck und das furchtsame Zittern ihres Körpers sah, hätte er sich am liebsten übergeben.
    Unvermittelt schoß grelle Wut in ihm hoch. Ihm war nicht mehr kalt. Die beiden Gefesselten strahlten etwas Mitleiderregendes aus, wie reumütige Sünder. Sie knieten da, als warteten sie auf ihren Tod.
    Kass betrachtete den stehenden Mann, der eine Waffe mit langem Schalldämpfer hielt; doch von der Stelle aus, an der Kass stand, konnte er nur das Profil des Mannes erkennen. Er sah eine rote Narbe, die vom linken Auge des Mannes bis zum Kinn reichte. Sie war so deutlich zu erkennen, als hätte jemand sie aufgemalt.
    Der Bursche redete mit dem Mann, der im Gras kniete und zwischen seinen Schluchzern offensichtlich um Gnade flehte. Kass konnte die Worte nicht hören, doch er sah, daß der Mannmit der Narbe gar nicht hinhörte. Plötzlich begriff er, daß er Zeuge einer Hinrichtung war.
    Es geschah so schnell, daß Kass nicht einmal reagieren konnte.
    Das Narbengesicht hob den Revolver, bis er auf gleicher Höhe mit der Stirn des Knienden war. Die Waffe gab ein heiseres Husten von sich. Eine Kugel schlug in den Schädel des Mannes ein, sein Körper zuckte heftig, und er kippte nach vorn aufs Gras.
    Das Mädchen schrie hinter ihrem Knebel. Ihre Augen waren vor nackter Angst weit aufgerissen.
    Kass schluckte. Auch er hätte am liebsten geschrien. Er spürte eisigen Schweiß über sein Gesicht rinnen. Sein Herz schien vor Entsetzen stehenzubleiben. Er wollte sich abwenden, weglaufen, nicht Zeuge dessen werden, was gleich passieren mußte … und dann wurde ihm zum ersten Mal bewußt, daß er ja eine Schrotflinte in der Hand hielt. Wenn er nichts unternahm, würde das Kind sterben.
    Er sah, wie das Mädchen sich heftig wehrte, als der Mann ihr den Lauf der Waffe an den Kopf drückte und den Zeigefinger um den Abzug krümmte.
    Kass hob unbeholfen seine Schrotflinte. »Halt!« rief er heiser.
    Der narbengesichtige Mann drehte ihm sein brutales, hartes Gesicht zu und starrte Kass kalt an. Seine schmalen Lippen wirkten wie Schlitze. Sein Blick schien alles auf einmal in sich aufzunehmen, huschte kurz nach rechts und links, um die Umgegend zu überprüfen. Dann richtete der Mann die Augen wieder auf Kass und taxierte seinen Gegner. Kein Zeichen von Furcht lag in seinem Blick, als wäre auch er es gewohnt, dem Tod ins Auge zu sehen.
    »Halt!« rief Kass mit bebender Stimme. »Werfen Sie die Waffe weg!«
    Er hörte die blanke Furcht in seiner Stimme und schaffte es kaum noch, den Abzug zu drücken, als sein Gegner die Waffe herumschwang und ihr erneut dieses heisere Husten entlockte. Die Kugel schlug in Kass’ rechtes Jochbein ein, zertrümmerte Fleisch, Knochen und Zähne und schleuderte ihn gegen einen Baum. Die Schrotflinte flog ihm aus der Hand.
    Während Kass vor Schmerz und Todesangst aufschrie, sah er, wie der Mann dem Mädchen in den Kopf schoß. Ihr Körper zuckte und brach zusammen.
    Kass stolperte in die Deckung der Bäume zurück, aber der Mann rannte bereits auf ihn zu. Kass hatte nur einen Gedanken, als er hastig durchs Unterholz stürmte, ohne den Schmerz in seinem Kiefer zu spüren: Er wollte am Leben bleiben und hoffte, daß er es bis zu seinem Wagen schaffte.
    Noch fünfzig Meter, dann konnte er den Opel zwischen den Bäumen sehen. Aber er hörte, wie der Mann ihm durch den Wald folgte.
    Fünfzig lange Meter, die ihm wie tausend vorkamen. Kass rannte wie ein Besessener, preßte die Hand auf sein blutiges Gesicht. Sein Körper brannte, vorangepeitscht vom instinktiven Überlebenswillen, während in seinem Hirn immer wieder, wie in einem schrecklichen Alptraum, die fürchterlichen Bilder der Hinrichtung des Mannes und des jungen Mädchens aufflackerten und ihn noch mehr anspornten.
    Bitte, lieber Gott!
    Noch dreißig Meter.
    Bitte.
    Zwanzig.
    Zehn.
    Lieber Gott.
    Bitte.
    Eine Kugel surrte an ihm vorbei und schlug splitternd in einem Baum neben ihm ein.
    Lieber, lieber Gott …
    Als Kass die Tür des Wagens erreichte und sie aufriß, tauchte der Mann am Waldrand auf.
    Kass hörte den Schuß nicht, der ihn traf, spürte aber, wie die Kugel wie ein glühender Dolch in seinem Rücken einschlug. Ihre Wucht riß ihn nach vorn auf die Motorhaube des Wagens. Er schrie auf, glitt von dem Wagen herunter und drehte sein blutiges Gesicht herum. Er sah, wie der Mann auf
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