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Oma packt aus

Oma packt aus

Titel: Oma packt aus
Autoren: Brigitte Kanitz
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Polly?«
    »Ihre Haustiere.«
    Richtig geraten, Nele. Na, ein paar Katzen, Hunde oder Meerschweinchen fanden auf unserem Hof noch Platz.
    »Es sind ein Rotfuchs und eine Robbe. Klara hat beide allein großgezogen. Sie sind zurzeit im Münchener Tierpark Hellabrunn untergebracht.«
    Ich fand, da passten sie prima hin.
    Ein Fuchs und eine Robbe. Dagegen war Rüdiger ja ein stinknormaler Schoßhund.
    Während alles in mir auf Abwehr schaltete, überlegte ich schon, wie groß das Schwimmbecken für so eine Robbe wohl sein musste.
    Klara baute sich vor uns auf, betrachtete unsere Hände, entdeckte den Ring und kämpfte einen Moment mit sich. Gerade erst den Vater zu finden und ihn dann gleich mit einer Frau teilen zu müssen, war bestimmt nicht einfach. Ich dachte an Marcello, der ja auch neu in meinem Leben war, und fand, Klara konnte dankbar sein, weil ich nicht vor ihr ausgespuckt hatte.
    »Muss ich Mama oder Mutti zu dir sagen?«, wollte sie wissen.
    »Bloß nicht. Nele reicht vollkommen.«
    »Dann ist ja gut.« Sie hockte sich vor uns auf den Boden, holte eine Packung Zwieback und einige kleine Päckchen Zucker aus einer Tüte. Rüdiger ließ sie keine Sekunde aus den Augen und sperrte schon mal sein Maul auf. Da hätte auch die gesamte Packung reingepasst.
    »Warte, Dicker«, befahl Klara. Auf jeden Zwieback streute sie etwas Zucker und schob ihn dann in den dunklen Schlund.
    Das ging so weiter, bis Zwieback und Zucker alle waren. Meiner Meinung nach hatte Rüdiger noch Hunger. Seiner Meinung nach auch. Klara jedoch befand, nun sei genug.
    »Wir machen einen kleinen Verdauungsspaziergang«, erklärte sie uns. Als sie Pauls besorgte Miene bemerkte, fügte sie schnell hinzu: »Keine Angst, wir gehen schon nicht verloren.«
    »Ich komme mit!«, rief Oma Grete, die gerade den Hof betrat. »Ich brauche auch etwas Bewegung.«
    Arme Klara, dachte ich. Aber die Deern wirkte nicht sonderlich genervt.
    »Prima, Omilein. Wir werden auch nicht zu schnell gehen.«
    »Glaubst du etwa, ich kann mit dir nicht mithalten? Pah! Dir werd ich’s zeigen.«
    Schon flitzte Grete durchs Tor. Klara lief lachend hinterher, Rüdiger trottete brav mit.
    Ich staunte. Da hatten die alte und die junge Generation Freundschaft geschlossen, ohne dass ich es mitbekommen hatte.
    Eine Zeit lang saßen Paul und ich allein in der Sonne. Zwischendurch brachte uns eine der Frauen einen köstlichen Obstsalat. Genau das Richtige, wenn man ein wenig Appetit verspürt, sich aber den Bauch vor einem Festessen nicht vollschlagen will.
    Irgendwann schaute Jan vorbei. »Habt ihr Klara gesehen? Ich habe versprochen, mit ihr ans Meer zu fahren.«
    Ach ja, das Meer. Da war ich auch noch nicht gewesen.
    Ich beschloss, dies bei meinem nächsten Besuch nachzuholen. Ja, ich würde wiederkommen nach Alberobello. Es war nicht meine Heimat, aber es konnte ein guter Ort für häufige Besuche werden.
    »Klara ist mit Oma Grete und Rüdiger spazieren gegangen«, klärte ich meinen Bruder auf.
    »Schade.« Er wirkte ehrlich enttäuscht. Ich staunte schon wieder. Diese Deern eroberte die Lüttjens-Herzen im Sturm. Es wurde höchste Zeit, dass ich sie besser kennenlernte.
    Ich teilte Jan meine Abreisepläne mit.
    »Einverstanden«, erwiderte er sofort. »Viel länger als eine Woche wollte ich sowieso nicht bleiben. Hans-Dieter und ich haben eine Million Dinge zu tun.«
    Ja, dachte ich, als ich die Sehnsucht in seinen Augen entdeckte. Ihr müsst euch ums Geschäft kümmern, aber erst müsst ihr euch in die Arme fallen und gut festhalten.
    »Das Meer hätte ich gern noch gesehen«, sagte er mit leichtem Bedauern.
    »Dann fahr doch mit mir!«, rief Sissi. »Ich muss hier mal raus.«
    Ich hatte nicht bemerkt, wie sie herangekommen war.
    Jan strahlte. »Bist du nicht beschäftigt?«
    »Ach was. Die italienischen Männer sind nichts für mich. Egal ob Imperator oder Carabiniere. Komm, Jan, ich will die Füße ins Wasser stecken. Margherita sagt, das Meer ist noch warm, weil es die Sommerhitze lange speichert.« Sie packte Jan am Ärmel und winkte mit der freien Hand in meine und Pauls Richtung.
    »Zum Abendessen sind wir wieder da. Turtelt noch schön, ihr Täubchen.«
    Die beiden verschwanden, und Paul und mir war erneut eine Zeit der Zweisamkeit gegönnt.
    Nach und nach wurde es aber unruhig im Hof. Die üblichen Vorbereitungen für das Essen begannen.
    Paul bot seine Hilfe beim Tischetragen an, mir wurde jeder Handgriff streng untersagt. Die Heldin des gestrigen Tages durfte sich
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