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Oma packt aus

Oma packt aus

Titel: Oma packt aus
Autoren: Brigitte Kanitz
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stand das dort auch noch auf Italienisch.
    Tut mir echt leid, mein kleiner Freund.
    Als er merkte, dass er mich nicht erweichen konnte, rollte er sich auf dem Boden zusammen, pupste ein bisschen und schnarchte dann laut.
    Paul brachte noch eine Plastiktüte zum Vorschein.
    »Hier, die hab ich im Kühlschrank entdeckt.« Er zeigte mir zwei Flaschen Berlucchi. »Ich glaube, die gehören deinem Bruder, aber ich hoffe, er wird mir verzeihen.«
    Ich grinste. »Nur wenn du ihn bittest, dein Trauzeuge zu sein.«
    »Mit dem größten Vergnügen.«
    »Und meine Trauzeugin wird Sissi.«
    Ich verstummte. Wie seltsam das Leben doch war. Noch vor ein paar Stunden war ich davon überzeugt gewesen, dass zwischen Paul und mir alles aus sei. Und nun sprachen wir schon nahezu beiläufig von unserer Hochzeit.
    »Iss, bevor es kalt wird.«
    Kluger Paul.
    Wir schlemmten auf dem Bett, voller Genuss und in bester Laune. Der Berlucchi schmeckte köstlich dazu, und ich war jetzt mal für eine lange Weile der glücklichste Mensch auf der Welt.
    Nachdem wir uns die Bäuche vollgeschlagen hatten, brachte Paul das Tablett zurück in die Küche. Rüdiger verschwand bei der Gelegenheit. Vielleicht gab es ja woanders etwas für ihn zu holen. Und vielleicht wurde er mal dieses komische weiße Ding an seinem Hals los, bei dessen Anblick die Menschen alle so ein doofes Gesicht zogen. Dabei schienen sie zuerst gewillt, ihm etwas zu Fressen zu geben.
    Paul kehrte zurück und schloss sorgfältig die Tür.
    »Was machen die Schmerzen?«, fragte er und deutete auf mein Gesicht.
    »Wie weggeblasen.«
    »Und bist du noch sehr müde?«
    »Kein Stück.«
    »Und …«
    »Hör auf zu quatschen und küss mich.«
    Das tat er dann. Sicherheitshalber linste ich noch kurz über seine Schulter.
    Gott sei Dank. Opa ließ sich nicht mehr blicken. Der wusste, was sich gehörte. Oder er fand seine Enkelin bei einem intimen Akt auch nur abstoßend.
    Mir doch egal.
    Küss mich noch einmal, Paul!

32. Wer hat hier Heimweh?
    Der Tag war schon weit fortgeschritten, als Paul und ich endlich unser Liebesnest verließen. Eine warme Nachmittagssonne schien in den Hof, und die großen Steinquader glänzten silbrig.
    Auf der Suche nach Kaffee betraten wir eine große Küche, in der schon wieder einige Frauen emsig arbeiteten. Sie lachten bei unserem Anblick und schnatterten fröhlich vor sich hin.
    Okay, offenbar konnte man uns ansehen, was letzte Nacht passiert war. Paul grinste, ich lächelte verlegen.
    Nachdem wir uns mit Espresso und frischem Kuchen gestärkt hatten, gingen wir wieder hinaus.
    »Sie wollen heute Abend noch ein Festessen veranstalten«, erklärte ich Paul. So viel hatte ich immerhin verstanden. »Mir zu Ehren, weil ich gestern gefehlt habe.«
    Er nickte und wies auf zwei Korbsessel. »Die sehen gemütlich aus.«
    Ich überlegte, ob ich irgendetwas dringend zu tun hatte. Nein, nichts. Erleichtert setzte ich mich.
    »Hast du dir überlegt, wann du heimfahren willst?«, fragte Paul nach einer Weile.
    Eigentlich nicht.
    »Morgen«, sagte ich ohne nachzudenken. Ja, das fühlte sich richtig an. Es gab immerhin einiges zu erledigen zu Hause. Ein Haus bauen, heiraten, ein Kind adoptieren.
    Paul lächelte. »Gute Idee. Nur schade, dass wir uns schon wieder trennen müssen. In eurem Bus ist wohl kein Platz mehr für Klara und mich.«
    Schade, nein.
    Oder doch.
    Meine Eltern gesellten sich zu uns und hatten eine Ankündigung zu machen.
    »Wir fahren von hier aus nach Rom«, erklärte Papa. »Deine Mutter hat Angst, dass es nächste Woche nicht mehr da sein könnte.«
    Mama puffte ihn in die Seite. Dann wandte sie sich an mich. »Ich glaube, nach Indien kriege ich deinen Vater nicht so schnell. Obwohl er es mir fest versprochen hatte. Da will ich wenigstens noch was von Italien sehen. Nach Rom kommt Florenz und dann natürlich Venedig.«
    Papa verdrehte die Augen, fügte sich aber.
    »Wir haben zwei Plätze im Bus frei«, sagte ich zu Paul, nachdem die beiden uns wieder allein gelassen hatten.
    »Wunderbar.« Er nahm meine Hand und hielt sie fest. Auch als etwas später Klara mit Rüdiger im Schlepptau zu uns kam.
    »Hast du dich mit ihr ausgesprochen?«, raunte ich Paul zu, bevor die beiden uns erreichten.
    Er nickte. »Sie weiß, dass ich Himmel und Hölle in Bewegung setze, damit sie bald zu mir kommen kann.« Er stockte und korrigierte sich dann. »Zu uns.«
    Ich genoss das wärmende Gefühl in meiner Seele. Dann fiel mir noch etwas ein. »Wer sind eigentlich Sam und
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