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Oma packt aus

Oma packt aus

Titel: Oma packt aus
Autoren: Brigitte Kanitz
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Klara und gab uns dann gestenreich zu verstehen, dass Hilfe unterwegs war. Da niemand von uns lebensgefährlich verletzt war, war eine riskante Luftrettung nicht nötig.
    Ich versuchte, gestikulierend eine Bitte vorzubringen. Leider verstand er meine Zeichensprache nicht.
    Zu dumm. Wäre nett gewesen, wenn jemand eine Hose für mich mitgebracht hätte.
    Eine halbe Stunde später war unser Rettungstrupp da. Drei Carabinieri, Paul und Jan. Der Hubschrauber nahm seinen Mann wieder an Bord und flog ab.
    Klara weinte wieder, als sie ihren Vater sah, und begann, Entschuldigungen zu murmeln. Paul legte ihr einfach einen Finger auf die Lippen und nahm sie dann hoch. Sie legte den Kopf an seine Schultern und schloss die Augen.
    Ich blinzelte ein paar Tränen fort. Da wäre ich jetzt auch gern gewesen.
    Paul hatte mir nur kurz dankbar zugenickt, bevor er sich Klara zugewandt hatte.
    Bitte. Da nich für. Ich habe mit Vergnügen mein Leben riskiert und ertrage jetzt halb nackt die Stielaugen apulischer Carabinieri. Die sind vielleicht streng beruflich unterwegs, aber sie sind auch bloß Männer.
    »Hier, Nele.« Jan stand plötzlich neben mir und gab mir seine Jacke.
    Ich schnappte sie mir und schlang sie mir um die Hüfte.
    »Danke!«
    »Und jetzt Huckepack. So wie früher.«
    Hm. Früher waren wir Kinder gewesen. Da hatte Jan in kürzester Zeit die zwei Jahre Altersunterschied aufgeholt und war mir über den Kopf gewachsen. Ja, da spielten wir dann Pferdchen und Reiterin.
    Aber doch nicht hier und heute!
    »Ich kann laufen«, erklärte ich entschieden und ging los. Ich kam ungefähr fünfzig Meter weit. Dann war ich heilfroh, dass Jan mich auf den Rücken nahm. Das Abenteuer hatte tatsächlich alle meine Kraftreserven aufgebraucht.
    Nur Rüdiger lief noch auf eigenen Beinen. Selbst wenn sie sich zusammengetan hätten, so hätten die drei Carabinieri ihn nicht schleppen können. Außerdem wäre jeder von denen bestimmt lieber an Jans Stelle gewesen.
    Der Rückweg dauerte fast eine Stunde. Zwischendurch nickte ich mal ein, schreckte aber wieder hoch, als mein Gips auf Jans Schulterblatt traf.
    Rüdiger knickte immer mal wieder ein. Der Arme. Nicht einmal für ein paar Pupser hatte er noch Kraft.
    Auf halber Strecke kamen uns Papa und Marcello entgegen. Papa nahm mich auf seinen Rücken, Jan keuchte schon.
    »Was hast du bloß in letzter Zeit alles gegessen, Nele?«
    Ziemlich viel.
    Endlich erreichten wir den Parkplatz. Klara wurde gerade in einem der Autos zum Krankenhaus gefahren. Sie winkte mir noch kurz durch die Scheibe zu.
    Marcello ordnete an, dass alle anderen auf direktem Weg nach Hause fahren sollten.
    Kaum lag ich auf der hintersten Bank im Kleinbus, war ich auch schon tief und fest eingeschlafen.
    Ich wachte von lautem Stimmengewirr auf. Wir waren zu Hause.
    Rüdiger, der anscheinend auf der mittleren Bank zusammengebrochen war, reckte den Kopf über die Lehne und blinzelte mich an. Haben wir uns nicht ein bisschen Ruhe verdient?, schienen seine Kalbsaugen zu fragen.
    Richtig!
    Und Torte? Brioches? Tiramisu?
    Nein, mein Guter, das lieber nicht.
    Der Kopf sank zurück. Sissi und Jan stiegen vorn aus und halfen dann mir und Rüdiger. »Die anderen sind mit den Autos gefahren«, erklärte Sissi. »Ich wäre ja auch gern bei dem einen Carabiniere mit den sündhaft schwarzen Augen eingestiegen, aber mir gönnt hier ja keiner was.«
    »Was ist denn mit Federico?«, murmelte ich halb wach.
    Sissi grinste. »Die Chemie passte nicht. Imperatoren sind anscheinend eine Nummer zu groß für mich. Jan, du kommst hier allein klar, oder? Ich schaue mich mal um.«
    Jan trug mich wortlos in den Hof, wo bereits alles für ein großes Festmahl aufgebaut war. Occhipintis und Lüttjens’ standen um Marcello herum, lauschten seiner Schilderung der Ereignisse und gaben ihre Kommentare ab. Als sie mich erblickten, verfielen sie alle in Schweigen.
    Dann fing jemand an zu klatschen. Ich glaube, es war mein nonno . Ein paar andere folgten seinem Beispiel, und plötzlich brandete lauter Applaus auf.
    Vor Schreck fing Rüdiger an zu pupsen, und ich wäre fast von Jans Rücken gefallen.
    »Genieße es, Kröte«, sagte er. »Du bist die Heldin des Tages.«
    Na, ich weiß nicht. Ein bisschen peinlich, das Ganze, zumal meine Kleidung immer noch arg zu wünschen übrig ließ.
    Wenigstens würde niemand mehr bei meinem Anblick das Kreuzzeichen schlagen oder vor mir auf den Boden spucken.
    Ich erhaschte einen Blick auf Oma Grete.
    Boah! Die klatschte
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