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Ohne Mann bin ich wenigstens nicht einsam

Ohne Mann bin ich wenigstens nicht einsam

Titel: Ohne Mann bin ich wenigstens nicht einsam
Autoren: Nelly Arnold
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seufzend an. »Willst du mich denn ins Grab bringen, Kind? Manchmal denke ich, du legst es darauf an.«
    »Genau, Mutter. Mein Lebensinhalt besteht darin, dich so bald wie möglich ins Grab zu bringen.«
    Markus lachte kurz auf, dann war sie still.
    »Was studiert er denn?«, fragte sie nach einer Weile.
    »Psychologie.«
    »Oh, will er mal in einer Anstalt arbeiten? Das ist bestimmt schwer.«
    »Er will Therapeut werden.«
    »Aha.« Mehr sagte sie nicht dazu.
    Wir löffelten eine Weile stillschweigend weiter. Dann hielt ich es nicht mehr aus und fragte in den Raum hinein: »Und, wäre es schlimm für euch, wenn ich einen Partner hätte, der neuneinhalb Jahre jünger ist als ich?«
    Meine Mutter verzog ironisch den Mund. »Solange es keine zehn Jahre sind.« Dann rang sie nach den richtigen Worten. »Also, wie soll ich das denn der Familie erklären, dass du so kurz nach der Trennung von deinem Mann schon wieder einen neuen Freund hast?«
    Markus prustete in sich hinein. »Ja, besonders Onkel Manfred, der nach jeder seiner fünf Scheidungen schon nach einer Woche eine Neue hatte.«
    »Ich finde das nicht schlimm, wenn der Mann jünger ist«, meldete mein Vater sich unerwartet zu Wort, »aber dass er ein Pizzafahrer ist, also ich weiß nicht. Versteh mich nicht falsch, aber …«
    »Er studiert noch. Das habe ich doch erklärt. Und mal ganz ehrlich: Selbst wenn es nur ein Pizzafahrer wäre – tun wir doch nicht so, als ob wir Aristokraten wären.«
    »In dem Alter studiert er noch?« Meine Mutter dachte nicht daran, auf meinen letzten Satz einzugehen.
    Ich erzählte ihnen von seiner schweren Vergangenheit und wie er seinen Weg alleine gegangen war. »Hmm«, meinte meine Mutter nur.
    »Du hast ihn übrigens schon mal gesehen. Es ist der Bub, der freie Fahrt bekommen hat. «
    »Was?«
    »Ich habe mir doch Pizza bestellt, und da ist er nicht rausgekommen, weil das Gartentor …«
    »Ach so.« Jetzt fiel er ihr wieder ein. »Das war ja ein Kind!«, rief sie entrüstet.
    »Ich bitte dich! Er ist dreißig!«
    »Der sieht aus wie zwanzig.«
    Langsam versetzte sie mich in Wut. »Jetzt übertreib doch nicht immer so!«
    »Also, wenn du mit dem irgendwohin gehst, denken doch alle, der ist dein …«
    »Ich will’s nicht hören!«, rief ich entschlossen.
    Markus beugte sich zu mir und sagte: »Sie wollte doch nur sagen, dann denken alle, das ist dein junger Liebhaber.«
    »Wollte ich nicht!«
    Mein Vater seufzte. »Können wir das Thema wechseln?«
    Dieser Einwand war mir sehr willkommen. »Gerne«, bemerkte ich deshalb.
    »Heute habe ich die Frau Behrens beim Metzger getroffen«, plauderte meine Mutter plötzlich los. »Stellt euch vor, die Sieglinde bekommt eine Abfindung von mehreren Hunderttausend, weil ihr Exmann das Haus verkauft.«
    Ich ließ den Löffel in den Teller fallen und sprang auf. »Sieglinde!«
    »Was?«, rief meine Mutter.
    »Was ist denn los?« Markus sah mich erschrocken an. Er hatte Vanillespuren an seiner Oberlippe.
    »Scheiße! Wie spät ist es?« Ich blickte an die Wanduhr. »Zehn nach acht. Ich hab doch Sieglinde für heute eingeladen.«
    »Haaach, herrje!« Meine Mutter sprang aufgebracht auf.
    »Wieso tickst du da jetzt so aus?«, nahm ich mir noch die Zeit, sie zu fragen.
    »Wenn du die Lesbierin schon einladen musst, dann halt dich gefälligst an gewisse Umgangsformen! Wie soll ich denn der Frau Behrens jetzt unter die Augen treten?«
    Mein Vater fuhr mich nach Hause, weil es zu Fuß oder mit dem Bus zu lange gedauert hätte. Sieglinde war bestimmt schon da gewesen, hatte geklingelt, nach mir gefragt und war dann mit gesenktem Kopf wieder gegangen. Wie konnte ich nur so egoistisch sein und diese Verabredung einfach vergessen? Als mein Vater den Wagen anhielt, lief ich hinaus und sperrte die Tür auf.
    Im Wohnzimmer saßen Annett, Olivia – und Sieglinde. Ich war froh, dass sie nicht weg war und mich vielleicht noch nicht für ein Charakterschwein hielt. »Hallo, Sieglinde.«
    Die drei sahen mich lächelnd und offenbar gut gelaunt an.
    »Hallo.« Sieglinde schien nicht böse zu sein.
    »Es tut mir furchtbar leid.«
    »Das macht gar nichts«, winkte sie lapidar ab.
    »Und dann gibt es da noch dieses japanische Restaurant in Schwabing …«, griff Olivia das Gespräch wieder auf. Wie es aussah, unterhielten sie sich bestens, auch ohne mich. Eine Weile stand ich noch unbeholfen da, dann zog ich mir Mantel und Schuhe aus und holte mir aus der Küche ebenfalls eine Tasse Kaffee. Annett kam herein und
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